FIFA-Dienst zum Schutz vor Anfeindungen in den sozialen Medien
Bekämpfung von Onlinebeleidigungen bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™
Der Bericht zum FIFA-Dienst zum Schutz vor Anfeindungen in den sozialen Medien gibt einen Überblick über alle Überwachungs- und Moderationsmassnahmen während der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Australien & Neuseeland 2023™. Er beinhaltet alle diesbezüglichen Aktivitäten auf allen grossen Plattformen, einschliesslich X (ehemals Twitter), Instagram, Facebook, TikTok und YouTube, und ergänzt die von der FIFA während des Turniers täglich veröffentlichten Berichte.
Dienst zum Schutz vor Anfeindungen in den sozialen Medien bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™
Posts/Kommentare analysiert
Kommentare ausgeblendet
Posts mithilfe künstlicher Intelligenz markiert und von Menschen überprüft
Posts/Kommentare für beleidigend befunden und den Plattformen gemeldet
einzelne Konten als Absender beleidigender Botschaften identifiziert
Konten für praktische Massnahmen identifiziert
Ausmaß von Beleidigungen
Bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Australien & Neuseeland 2023™ wurde für die folgenden Teilnehmer ein Schutzschirm eingerichtet:
697 Spielerinnen und Trainer mit 1805 aktiven Konten
29 Offizielle mit 37 aktiven Konten
32 Teams mit 202 aktiven Konten
35 ehemalige Spielerinnen/Medien mit 63 aktiven Konten
4 aktive Turnierkonten
Der Schutzschirm erstreckte sich auf die fünf grossen Social-Media-Plattformen Facebook, Instagram, TikTok, X (ehemals Twitter) und YouTube:
- X (ehemals Twitter)
- Tic Tok
- YouTube
Die Überwachungsfunktion des Dienstes scannte während des Turniers 5,1 Millionen Posts und Kommentare auf X (ehemals Twitter), Instagram, Facebook, TikTok und YouTube. Das System markierte 103 000 Posts/Kommentare aufgrund von Inhalten, die tatsächlich oder möglicherweise beleidigend waren. Dieser Datensatz wurde dann von einem Team von Fachanalysten in einem doppelten Triageverfahren überprüft, damit keine Posts fälschlicherweise gekennzeichnet und falsche positive Befunde ausgesondert wurden. So wurden vom Dienstleistungserbringer schliesslich 7085 Posts/Kommentare als beleidigend, diskriminierend oder einschüchternd bestätigt. Diese wurden daraufhin den jeweiligen Plattformen als Verstoss gegen deren Community-Richtlinien gemeldet. Dank der Meldung seitens der FIFA wurden die beleidigenden Posts von der jeweiligen sozialen Plattform oftmals entfernt.
Bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™ wurden missbräuchliche, diskriminierende oder drohende Inhalte gegen über 150 Spielerinnen festgestellt. Besonders betroffen waren zwei Teams: USA und Argentinien. Sexistische, sexuelle und homophobe Botschaften, die fast 50 % aller beim Turnier festgestellten Beleidigungen ausmachten, waren die häufigste Waffe gegen Spielerinnen. Erheblich mehr Beleidigungen wurden in Bezug auf politische Solidaritätsbekundungen oder Anteilnahmen verzeichnet. Die meisten politisch motivierten Beleidigungen kamen aus dem US-Markt, was bemerkenswert ist, weil die nächste FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ in dieser Region während des US-Midterm-Wahlkampfs ausgetragen wird.
- Allgemeine Beleidigungen
- Homophobie
- Sexuelle Beleidigungen
- Sexismus
- Rassismus
- Gewalt
- Angriffe gegen Familienangehörige
- Codierte Sprache
- Behindertenfeindlichkeit
- Islamophobie
- Xenophobie
- Transphobie
- Diskriminierung von Sinti, Roma und Fahrenden
- Politische Beleidigungen
- Antisemitismus
- Einwanderung
- Besondere Begriffe
- Innergemeinschaftliche Verunglimpfungen
Alle Inhalte, die ausdrückliche oder implizite Verweise auf einen oder mehrere der in Art. 4 der FIFA-Statuten genannten Gründe enthielten und deren Kontext vernünftigerweise als schädlich erachtet werden konnte, wurden moderiert, überwacht und gemeldet.
"Jegliche DISKRIMINIERUNG eines Landes, einer Einzelperson oder von Personengruppen aufgrund von ethnischer, nationaler oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Religion, politischer Meinung, Wohlstand, Geburt oder sexueller Neigung ist STRENG VERBOTEN." Artikel 4 der FIFA-Statuten
Sämtliche Inhalte, die Gewaltandrohungen gegen Personen oder deren Familienmitglieder aufwiesen, wurden automatisch für eine Beurteilung ausgesondert.
Diskriminierung ist eine Straftat. Mit diesem Tool identifizieren wir die Täter und melden sie den Behörden, damit sie für ihre Taten bestraft werden können. Unsere Haltung ist klar: Wir sagen Nein zu Diskriminierung.
Trends und Erkenntnisse
Es gab mehrere Brennpunkte während des Turniers. Die höchste Zahl an gezielten Beleidigungen wurde nach dem Ausscheiden der USA gegen Schweden im Elfmeterschiessen verzeichnet. Der zweithöchste Wert wurde rund um das Finale zwischen England und Spanien registriert, wobei auf beiden Seiten verschiedene Arten von Beleidigungen zu sehen waren.
Beleidigungen im Turnierverlauf
Incident | Date |
Merkliche und gemeldete Zunahme von Beleidigungen gegen die Spielerinnen der USA und von Argentinien | 19.–25. Juli |
Unentschieden der USA gegen Portugal zum Achtelfinaleinzug | 1. August |
WM-Aus Argentiniens gegen Schweden | 2. August |
WM-Aus der USA im Elfmeterschiessen gegen Schweden, woraufhin erheblich mehr Beleidigungen registriert wurden, auch auf mitfühlende Worte von Persönlichkeiten wie Staatspräsident Joe Biden | 8. August |
WM-Aus Frankreichs im Elfmeterschiessen gegen Australien | 12. August |
Englischer Nationalspieler Ziel von Beleidigungen nach Glückwünschen an die englische Frauenauswahl zum Finaleinzug | 18. August |
WM-Finale zwischen England und Spanien, verschiedene Arten von Beleidigungen auf beiden Seiten | 18. August |
Das Finale der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™ war eine enge Angelegenheit. Letztlich gewann Spanien gegen die amtierenden Europameisterinnen aus England mit 1:0.
VOR DEM FINALE
Vorfälle wurden vor dem Finale insbesondere rund um das englische Team registriert. Meldungen, wonach kein Mitglied der britischen Königsfamilie dem Spiel beiwohnen würde und der britische Premierminister dem Team viel Glück gewünscht habe, generierten Botschaften mit beleidigendem Inhalt (ein häufiger Trend gemäss dieser Studie).
WÄHREND DES FINALES
Die offiziellen Konten des englischen Teams, das in Rückstand lag, verzeichneten erste Beleidigungen, die sich insbesondere gegen einzelnen Spielerinnen richteten.
Die US-amerikanische Schiedsrichterin, die das Finale leitete, wurde nach ihrer Beteiligung an einer Strafstossentscheidung (auf VAR-Initiative) auf X (ehemals Twitter) beleidigt.
NACH DEM FINALE
Die spanischen Spielerinnen wurden gezielt angegriffen. Auslöser waren u. a. Glückwünsche von Politikern (ein weiterer häufiger Auslöser).
Im Nachgang des Finales sorgte der Vorfall rund um den spanischen Verbandspräsidenten Luis Rubiales und eine spanische Spielerin für erheblich mehr Posts/Kommentare.
Diese Vorfälle sorgten für die grösste Welle an beleidigenden, diskriminierenden und einschüchternden Inhalten des gesamten Turniers.
Am Tag des Finales der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™ und 24 Stunden später...
Posts/Kommentare analysiert
Posts mithilfe künstlicher Intelligenz markiert und von Menschen überprüft
Posts/Kommentare für beleidigend befunden und den Plattformen gemeldet*
vom Dienst zum Schutz vor Anfeindungen in den sozialen Medien ausgeblendete Kommentare (Konten von Spielerinnen, Trainern oder Teams)
*Gesamtzahl von Beleidigungen auf der Grundlage der gemeldeten Verstösse gegen die Community-Richtlinien der jeweiligen Plattform.
Die US-amerikanischen Spielerinnen wurden am häufigsten angegriffen, wobei zwei oder drei Schlüsselspielerinnen hauptsächlich Ziel von politisch motivierten Beleidigungen waren. Dahinter folgen die argentinischen Spielerinnen. Im Visier stand dabei vor allem eine Spielerin.
Die englischen und spanischen Spielerinnen liegen ebenfalls in den Top 5. Gründe dafür sind das Volumen der überprüften Vorfälle sowie der Finaleinzug der beiden Teams (die lange Teilnahme am Turnier war mit ein Faktor für das Volumen von Beleidigungen gegen diese Teams).
Die Spielerinnen bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™ hatten ein 29 % höheres Risiko, Ziel von Onlinebeleidigungen zu werden, als die Spieler bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™. Angesichts der gestiegenen Zuschauerzahlen für die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™ ist dies erheblich und deutet auf einen möglichen Trend in Bezug auf das Zuschauerwachstum im Fernsehen und auf Onlinekanälen hin. Erstaunlich wenig Unterschiede waren bei den festgestellten Arten von Beleidigungen festzustellen. Einzig Ausnahme waren homophobe Beleidigungen, die bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™ fast doppelt so hoch waren (in Prozent aller überprüften Beleidigungen).
Der Fussball muss die Spieler und andere betroffene Gruppen in ihrem Umfeld schützen. Die FIFPRO und die FIFA werden ihre Zusammenarbeit daher fortsetzen. Alleine können wir es aber nicht schaffen. Wir brauchen daher die Unterstützung aller.
Praktische Maßnahmen
Im Rahmen des Dienstes zum Schutz vor Anfeindungen in den sozialen Medien hatten die Teams und Spielerinnen beim Turnier Zugang zu einer Software, mit der beleidigende und ausfällige Kommentare auf Facebook, Instagram und YouTube mit Erlaubnis des Kontoinhabers sofort und automatisch ausgeblendet wurden. Dank diesem Moderationselement wurden 403 715 Kommentare vor der Öffentlichkeit verborgen, ehe die Zielperson oder ihre Follower den Inhalt sehen konnten.
Zur Unterstützung praktischer Massnahmen gegen die Absender von Onlinebeleidigungen an Teams und Spielerinnen des Turniers kategorisierte der Dienst zum Schutz vor Anfeindungen in den sozialen Medien mithilfe eines eigenen Systems die betreffenden Kommentare/Posts nach Schweregrad: 3. Kategorie: Zahl der identifizierten und überprüften Kontoinhaber, die Absender von Posts waren. 2. Kategorie: Zahl der Konten, die im Rahmen des Diensts zum Schutz vor Anfeindungen in den sozialen Medien kontrolliert wurden. Viele dieser Konten werden auch in den Monaten nach dem Turnier weiterhin überprüft. 1. Kategorie: Konten, die für eine vollständige Identifizierung wahrscheinlich ein unverhältnismässiges Mass an Ressourcen erfordern. Die Handlungsempfehlungen konzentrieren sich deshalb auf grün oder gelb markierte Konten. Während des Turniers wurden von 7085 Konten Beleidigungen oder Drohungen abgeschickt. 3570 dieser Konten wiesen Kommentare auf, die in die 1. Kategorie eingestuft wurden. 628 davon wurden vom Dienstleistungserbringer auf ihre Identität hin überprüft. Von 7085 Konten, von denen während des Turniers Beleidigungen verschickt werden, konnte die Herkunft ermittelt werden. 67 % stammten aus Nord- und Mittelamerika, 21 % aus Europa.
Die überprüften Daten der genannten 628 Konten wurden von der FIFA an die betreffenden Verbände und zuständigen Behörden weitergeleitet, damit gegen die Absender beleidigender, diskriminierender oder einschüchternder Kommentare an Teams und Spielerinnen während der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ konkrete Schritte eingeleitet werden konnten.
Hier klicken, um den gesamten Bericht zu lesen (auf englisch).