Freitag 28 Juni 2024, 12:30

"Große Verantwortung": Nadia Nadim erklärt, warum Fussball das Leben der Menschen verbessern kann

  • Nadia Nadim floh als Kind mit ihrer Familie aus Afghanistan

  • "Fussball kann Türen öffnen, die sonst verschlossen bleiben würden", so die dänische Nationalspielerin

  • Fussballer können einen "großen Einfluss" haben, wenn sie sich für soziale Belange einsetzen

Nadia Nadim, die als Kind mit ihrer Familie aus Afghanistan geflohen ist und in Dänemark zur erfolgreichen Fussball-Nationalspielerin wurde, ist der Meinung, dass Spieler/innen und Organisationen wie die FIFA dank der unglaublichen Popularität des Fussballs eine große Chance haben, einen positiven sozialen Wandel zu fördern.

"Ich denke, dass wir allein aufgrund unserer Position eine enorme Verantwortung haben", so Nadim, die über 100 Mal für Dänemark auf dem Platz stand und dabei 38 Tore erzielte. "Für mich hat die FIFA - und der Fussball im Allgemeinen - eine große Stimme und Plattform; sie hat eine enorme Macht, um zu sagen: 'Das ist es, was wir wollen', und sie kann es tun, weil es die FIFA ist." In einem Gespräch mit FIFA-Mitarbeitern im Home of FIFA erklärte sie, dass der Fussball Türen öffnen kann, die sonst fest verschlossen bleiben würden. "Der Grund, warum der Fussball Standpunkte ändern kann, ist, dass er uns so nahe ist. Jeder liebt den Sport, jeder liebt den Fussball, weil er die größte Sportart der Welt ist."

Die FIFA hat das Potenzial des Fussballs erkannt, positive Botschaften zu verbreiten, und das sechste strategische Ziel für den Weltfussball 2023-2027 besteht darin, sich auf die soziale Verantwortung zu konzentrieren.

"Ich weiß, dass die FIFA versucht, eine Menge zu tun. Ich weiß, dass es viele Nichtregierungsorganisationen gibt, die den Sport auf der ganzen Welt nutzen. Wenn ich Zeit habe, versuche ich, ähnliche Dinge zu tun, denn man kommt an Orte, an denen die Menschen sehr verschlossen sind. Sie würden nie mit dir reden, wenn du direkt mit der Idee kämst. Wie stellt man also die Verbindung her? Mit Sport. Man fängt an zu spielen, und schon führt eins zum anderen", erklärt sie. "Ich mache das gerne, weil ich weiß, welche Auswirkungen es haben wird, weil ich auf der anderen Seite gestanden habe. Ich weiß, dass kleine Dinge eine große Wirkung haben können."

Nadim ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie Frauen durch Sport und Bildung gestärkt werden können. Sie wuchs in einem Land auf, in dem Frauen das Haus nicht ohne einen männlichen Verwandten verlassen durften, verlor ihre Freiheit unter den Taliban und lebte dann in einem Flüchtlingslager in Dänemark in Armut, wurde aber dennoch Profifussballerin und ist heute eine qualifizierte Ärztin. "Wenn man in bestimmten Teilen der Welt ein Mädchen ist, ist der Spielraum sehr, sehr klein. Die Möglichkeiten, die man hat, sind begrenzt. Dein Leben ist vorgezeichnet - und mit 18 oder 19 bist du verheiratet", sagte sie. Aber sie erinnerte sich daran, wie dieselben Nachbarn, die ihr als Mädchen das Fussballspielen verweigerten, ihre Meinung änderten, nachdem sie ihr Debüt für Dänemark gegeben hatte.

"Dieselben Leute, die mir vor sechs Monaten noch gesagt hatten, ich solle aufhören, kamen zu mir und sagten: 'Wo soll meine Tochter anfangen zu spielen? Wohin können wir sie bringen? Denn sie könnte auch Nationalspielerin werden", führt Nadim weiter aus.

Nadia Nadim from Denmark in action followed by Sjoeke Nuesken from Germany

Nadim zeigte sich erfreut über die Entwicklung des Frauenfussballs in den letzten Jahren, die mit der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023 ihren Höhepunkt fand. "Ich bin sehr, sehr stolz darauf, ein Teil davon zu sein, und ich weiß, dass der Frauenfussball Höhen erreichen wird, die wir uns vorher nicht einmal vorstellen konnten. Das wird nicht über Nacht geschehen, sondern erfordert eine Menge Arbeit." Im Jahr 2021 unterstützte die FIFA die Evakuierung von rund 160 gefährdeten afghanischen Sportlern, Funktionären und Frauenrechtsaktivisten sowie deren nahen Familienangehörigen. Nadim selbst verfolgt noch immer die Ereignisse in ihrem Geburtsland. "Ich war wirklich nah dran an allem, was passiert ist. Meine jüngere Schwester Diana, die mit mir zusammen Fussball gespielt hat, war Torhüterin der afghanischen Nationalmannschaft. Sie war sehr, sehr gut, als wir jünger waren, wir spielten in denselben Mannschaften, und dann entschied sie sich für den Boxsport und wurde siebenfache dänische Meisterin", fügt sie abschließend hinzu.

The Game Changers - Dr. Nadia Nadim