Jitka Klimková ist seit September Trainerin des neuseeländischen Frauen-Nationalteams
Sie will dafür sorgen, dass die Football Ferns als Co-Gastgeber der WM unterhaltsamen und erfolgreichen Fussball spielen
Klimkovás Team trifft beim bevorstehenden SheBelieves Cup auf die USA, Island und ihr Heimatland, die Tschechische Republik
Jitka Klimková war ganz sicher nicht die Einzige, die während der Pandemie aus der Ferne arbeiten musste. Doch für die Nationaltrainerin Neuseelands bedeutete diese Abgeschiedenheit nicht nur, dass sie nicht ins Büro konnte, sondern nicht einmal ins Land.
Die strengen COVID-Regeln und Grenzkontrollen haben dazu geführt, dass Klimková seit ihrer Ernennung im September letzten Jahres noch keinen Fuß auf neuseeländischen Boden gesetzt hat. Doch die jüngste Lockerung dieser Beschränkungen und ihre flexible Herangehensweise an die anfänglichen Herausforderungen geben der tschechischen Trainerin Anlass zu Optimismus.
"Es gibt jetzt ein wenig Licht am Ende des Tunnels, wenn es darum geht, nach Neuseeland zu kommen", sagte Klimková, die bisher hauptsächlich in ihrer Heimat, der Tschechischen Republik, lebte – gut 18.000 Kilometer entfernt. "Ich kann es kaum erwarten, endlich nach Neuseeland zu reisen, ins Büro zu kommen und die Leute persönlich zu treffen, anstatt nur per Zoom mit ihnen zu sprechen. Aber ich habe während dieser Pandemie gelernt, anpassungsfähig zu sein, mich auf das zu konzentrieren, was ich kontrollieren kann, und bereit zu sein, meine Pläne immer wieder flexibel an die Gegebenheiten anzupassen.
Die Beschränkungen haben die Dinge definitiv unvorhersehbar gemacht, denn nicht nur ich konnte nicht nach Neuseeland einreisen, sondern es war auch sehr schwierig, Leute aus dem Land herauszubekommen. Als wir letztes Jahr gegen Kanada spielten, waren überhaupt keine Mitarbeiter aus Neuseeland vor Ort. Also mussten wir einen Stab von Leuten zusammenstellen, denen wir vertrauten.
Zum Glück lief es bei diesen Spielen wirklich gut. Und als wir im November für Freundschaftsspiele in die Republik Korea reisten, war es ebenso. Ich bin sehr froh, dass wir die Situation so akzeptiert haben und das Risiko eingegangen sind, diese Spiele trotz aller Probleme zu bestreiten, denn sonst würden wir erst jetzt mit der Vorbereitung beginnen und hätten keine Lehren aus diesen Spielen ziehen können."
Offensive Spielweise
Der wichtigste Aspekt bei den Spielen in Kanada und der Republik Korea war die veränderte Spielweise, die Klimková sehen will. Die 47-Jährige, die bereits die Jugend-Nationalteams der USA, Neuseelands und der Tschechischen Republik trainierte und die mit Canberra United den Titel in der A-League gewann, hat angekündigt, dass sie die Football Ferns mutiger und offensiver spielen sehen will. Doch die Abkehr von der langjährigen Grundeinstellung eines grundsoliden und defensivstarken Teams war nicht von heute auf morgen zu erwarten.
"Es geht darum, die Mentalität zu verändern und den Spielerinnen zu vermitteln, dass wir so viel Ballbesitz wie möglich haben wollen, um das Spiel kontrollieren zu können", erklärte sie. "Wir sind nicht naiv, und uns ist klar, dass wir gegen manche Gegner beim Ballbesitz auch mal weniger zum Zuge kommen werden. Dann müssen wir bereit sein, schnell umzuschalten und zu kontern, sobald wir den Ball haben.
Gleichzeitig müssen wir auch in der Verteidigung sehr kompakt stehen und im Eins-gegen-Eins stark sein. Aber die Spielerinnen sind hungrig darauf und wollen unbedingt vorne mitspielen, und ich denke, sie sind bereit, das erfolgreich zu tun.
Natürlich ist auf dem Weg dorthin noch einiges an Arbeit zu leisten. In unserem ersten Spiel gegen Kanada waren die Spielerinnen sehr aufgedreht und bereit, die neuen Vorgaben umzusetzen, doch als wir in Rückstand gerieten, war deutlich zu erkennen, wie sie wieder in ihre bekannte - die defensive - Spielweise verfielen. Von der angestrebten neuen Spielweise war dann nichts mehr zu sehen. Aber wir brauchten genau diese Lektion. Schon im nächsten Spiel (wieder gegen Kanada) konnte man sehen, dass es schon ganz anders war – und auch das Ergebnis (eine knappe 0:1-Niederlage, nachdem wir das erste Spiel mit 1:5 verloren hatten) spiegelte das wider.
Es war gut für die Spielerinnen, selbst zu erleben, was es für einen Unterschied macht, ob sie spielen, um nicht zu verlieren, oder spielen, um zu gewinnen. Sie müssen selbst erleben und daran glauben, dass wir grundsätzlich bessere Chancen haben, wenn wir auf Sieg spielen. Das kann eine Weile dauern, aber ich bin eine recht geduldige Trainerin und ich verspreche Ihnen eines: Ich werde nicht aufgeben. Gegen wen auch immer wir antreten, Neuseeland wird eine Mannschaft sein, die auf Sieg spielt."
Siegen war allerdings in den letzten Jahren kein häufiges Erlebnis für die Neuseeländerinnen. Der glatte 2:0-Sieg gegen die Republik Korea – Vizemeister beim AFC Asien-Pokal der Frauen – im letzten Spiel war somit mehr als nur das Ende einer Negativserie von acht Niederlagen in Folge. "Das war eine Belohnung für die Spielerinnen – für die Art und Weise, wie sie sich eingebracht haben und für ihr Engagement um unsere neue Spielweise", sagte Klimková.
Diese Spielerinnen und die neue taktische Ausrichtung der Trainerin stehen in der nächsten Woche beim SheBelieves Cup vor drei gewaltigen Herausforderungen. Die Neuseeländerinnen treten in ihrer Gruppe gegen die Tschechische Republik, die USA und Island an. Für Klimková sind zwei dieser Partien von besonderer persönlicher Bedeutung.
"Ich habe viele enge Verbindungen in die USA, und natürlich wird es für mich etwas ganz Besonderes sein, gegen mein Heimatland zu spielen", sagt sie. "Es ist nicht nur mein Land, sondern auch ein Team, für das ich selbst gespielt und das ich trainiert habe. Es wird ein tolles Erlebnis, mit Neuseeland bei einem so prestigeträchtigen Turnier gegen die Tschechische Republik anzutreten. Wir freuen uns sehr, dabei zu sein, und es ist der perfekte Test für uns, als Beginn der konkreten Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft."
Neuseelands Partien im SheBelieves Cup
gegen Island (18. Februar)
gegen USA (20. Februar)
gegen Tschechische Republik (23. Februar)
Ausblick auf 2023 – und darüber hinaus
Die WM-Endrunde im kommenden Jahr, die Neuseeland gemeinsam mit Australien ausrichten wird, ist für die Kiwis natürlich stets im Hinterkopf präsent. Doch bei all den Chancen und Möglichkeiten, die eine Heim-WM mit sich bringt, lastet auch ein besonderer Erfolgsdruck auf dem Team und der Trainerin. John Herdman bezeichnete ihn als echte Bürde, als Kanada 2015 Gastgeber des Turniers war, und Klimková weiß, wie wichtig es ist, dass sich ihre Spielerinnen nicht ähnlich belastet fühlen.
"Wir arbeiten intensiv an der Planung bis zur WM. Dabei ist einer der wichtigsten Aspekte der Druck, der auf uns als Heimmannschaft lastet", sagt sie. "Wir diskutieren intensiv darüber, wie wir positiv damit umgehen können, denn dieser Druck kann ein Vorteil sein, aber wir wissen auch, dass er die ganze gute Arbeit, die wir in der Vorbereitung leisten, zunichte machen kann. Wir müssen sicherstellen, dass der Heimvorteil die Spielerinnen inspiriert und motiviert, damit sie auf dem Spielfeld das umsetzen können, was nötig ist, um den Sprung aus unserer Gruppe zu schaffen."
Um tatsächlich den Sprung aus der Gruppe zu schaffen, müssten die Neuseeländerinnen allerdings etwas schaffen, was ihnen bei den letzten fünf FIFA Frauen-Weltmeisterschaften nicht gelungen ist: ein Spiel gewinnen. Und während die Spielerinnen die lange Wartezeit unbedingt beenden wollen, blickt man beim Fussballverband – bei allem Optimismus über die Aussichten der Ferns – bereits über das Jahr 2023 hinaus. Diese langfristige Vision und dieses Engagement spiegeln sich auch darin wider, dass Klimková einen Vertrag über volle sechs Jahre erhielt.
"Das bedeutet mir sehr viel", sagt sie. "Ich finde es großartig, dass man beim neuseeländischen Fussballverband so langfristig denkt. Wir konzentrieren uns im Moment sehr auf junge Spielerinnen, die uns hoffentlich auf diesem langen Weg begleiten werden. Wir stehen noch ganz am Anfang. Ich bin erst seit vier Monaten im Amt, aber wir wollen die Frauen-A-Nationalmannschaft Neuseelands und die Nachwuchsteams enger miteinander verzahnen und über das laufende Jahr und auch über 2023 hinaus planen.
Ich sehe ein riesiges Potenzial für den Frauenfussball in Neuseeland und bin sehr froh, dass ich diese Chance bekommen habe. Es ist natürlich eine große Herausforderung und eine große Verantwortung, wenn man bedenkt, dass wir Mitausrichter der nächsten FIFA Frauen-WM sind. Doch die größte Motivation für mich war das Potenzial, das ich schon 2013 und 2014 (als U-17-Nationaltrainerin der Frauen) bei der Arbeit mit den Spielerinnen und beim Beobachten der Ferns erkannt habe. Damals wie heute habe ich das Gefühl, dass Neuseeland viel erreichen kann. Es ist ein Privileg für mich, dabei helfen zu können."
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Photosport