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Freitag 02 Juni 2023, 10:00

Aufbau einer Community: Workshop des Trainerinnen-Mentorenprogramms in Lissabon

  • 39 Mentees und Mentoren aus aller Welt kamen in der Cidade do Futebol zusammen

  • Das Trainerinnen-Mentorenprogramm ist eines von acht Entwicklungsprogrammen der FIFA für Frauen

  • Mentee-Bewerberinnen müssen qualifizierte Trainerinnen mit "A-" oder "Pro"-Lizenz und/oder Nationaltrainerinnen sein, die eine aktive Funktion ausüben

"Sie müssen uns dorthin führen, wo wir nach Ihrer Überzeugung hinmüssen, und nicht dorthin, wo wir Sie hinbringen wollen." Belinda Wilson, die Leitende Technische Entwicklungsmanagerin für den Frauenfussball, hätte zur Eröffnung des viertägigen Workshops keine deutlichere Einladung aussprechen können.

39 Frauen und Männer aus aller Welt versammelten sich in dieser Woche im Trainingszentrum Cidade do Futebol des portugiesischen Fussballverbands FPF zum zweiten Workshop im Rahmen des 18-monatigen Trainerinnen-Mentorenprogramms der FIFA. Unter den Mentorinnen und Mentoren bei dieser zweiten Auflage sind zwei, die mit ihren Teams Weltmeister wurden und zwei, die ihre Teams zur olympischen Goldmedaille führten. Sie werden nun ihr Wissen und ihre Erfahrung mit einer neuen Trainerinnen-Generation teilen.

Am Eröffnungstag beschloss Wilson, den Titel des Programms umzuschreiben, um dem übergeordneten Thema des Workshops gerecht zu werden: 'Die Rolle von Nationaltrainerinnen beim Vorantreiben positiver Veränderungen.'

"Das Hauptziel dieser Woche besteht darin, eine stärkere Community zu schaffen. Früher haben wir das Wort 'Netzwerk' benutzt. Für mich bedeutete 'netzwerken' meist nur: 'Ich kann dir meine Visitenkarte geben oder meine LinkedIn-Seite, und dann bist du Teil meines Netzwerks', erklärte die erfahrene australische Trainerin.

"Aber eine Community ist viel mehr. Sie ist wie eine Familie, die dich unterstützt. Ich kann jederzeit zum Telefon greifen und ich weiß, dass es jemanden gibt, an den ich mich wenden kann. Wir versuchen, gute Teambedingungen zu schaffen; Bedingungen, die ein großartiges Team und ein hochleistungsfähiges, gut funktionierendes Team ausmachen. So etwas kann nicht nur in der Unternehmenswelt umgesetzt werden, sondern auch auf dem Spielfeld."

In den 18 Monaten Laufzeit des Programms besuchen sich Mentoren und Mentees gegenseitig in ihren jeweiligen Ländern und werden auch zu regelmäßigem Online-Kontakt ermutigt. Trainerin Kat Smith von den Western Sydney Wanderers reiste nach Lissabon, nachdem sie kürzlich eine ganze Woche mit ihrer Mentorin Iraia Iturregi in Bilbao verbracht hatte.

Karl Lines ist FIFA-Berater für Frauenfussball und leitet Sitzungen beim FIFA Trainerinnen-Mentorenprogramm und beim FIFA-Stipendienprogramm für die Trainerausbildung. Zur Verdeutlichung der Bedeutung des Aufbaus eines starken Gemeinschaftsgefühls zitierte er Robert Waldinger, den Leiter einer bekannten Studie, die Aufschluss über ein gesundes und glückliches Leben geben soll.

Kat Smith visits Iraia Iturregi in Bilbao as part of FIFA Coach Mentorship Programme

"Es gibt die überraschende Erkenntnis, dass unsere Beziehungen und wie zufrieden und glücklich wir in unseren Beziehungen sind, einen deutlichen Einfluss auf unsere Gesundheit haben", stellte er fest. Auf seinen Körper zu achten ist natürlich sehr wichtig, aber auch die Pflege von Beziehungen ist eine Form der Selbstfürsorge. Ich denke, das ist eine echte Offenbarung."

Während sich die Mentoren (vor dem Eintreffen der Mentees am Ende des Eröffnungstages) weiterhin mit verschiedenen Themen beschäftigten, um die Entwicklung ihrer Beziehungen zu unterstützen, gab der Organisationspsychologe und Bestsellerautor Adam Grant mit seinen Worten ebenfalls interessante Denkanstöße.

"Wirklich gute Mentoren sind nicht nur Lehrer, sondern auch Lernende. Viele Untersuchungen zeigen, dass Mentoren, die Einblicke von unten zu schätzen wissen, engagierter und effektiver sind, und dass auch ihre Mentees erfolgreicher sind. Mentoring ist also nicht einfach der Wissenstransfer von einer Person zu einer anderen. Es ist eine Beziehung, in der zwei Menschen zusammenwachsen."

FIFA Coach Mentorship programme workshop, Lisbon

Eine Teilnehmerin, die diese Philosophie bestätigen kann, ist Monica Vergara. Die ehemalige mexikanische Nationalspielerin hat seit dem Ende ihrer aktiven Karriere Teams in allen Altersklassen als Trainerin betreut und El Tri bei der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft 2018 auf den zweiten Platz geführt.

Bei der ersten Auflage des Programms hatte Vergara ein Paar mit der früheren US-Nationaltrainerin Jill Ellis gebildet. Zwischen zwei Sitzungen sagte sie in Lissabon: "Jill Ellis ist ein wahres Vorbild für mich. Dass ich die Chance hatte, ihre Arbeit kennen zu lernen und sie als Mentorin zu haben, war wie ein Weihnachtsgeschenk für mich.

Ich hatte die Gelegenheit, sie in Mexiko zu begrüßen. Sie beobachtete mein Training und gab mir wertvolles Feedback. Das hat mir in meiner damaligen Situation ungemein geholfen. Es war eine echte Bereicherung für mich."

Dieses Mal ist Vergara auf der anderen Seite aktiv und fungiert als Mentorin für Laura del Rio Garcia. Die ehemalige spanische Nationalstürmerin arbeitet jetzt an ihrer Karriere als Trainerin. Die gemeinsame Erfahrung des Übergangs von einer Spielerin zu einer Trainerin hat die beiden sofort verbunden.

"Ich habe mich in Mexiko mit Laura getroffen und sie vor der U-20-Frauen-WM 2022 gesehen. Später hatte ich auch die Gelegenheit, sie bei Wettkämpfen zu beobachten und zu sehen, wie sie arbeitet. Ich habe gesehen, wie sie mit der U-20-Auswahl Weltmeisterin wurde, und auch mit der U-17-Auswahl in Indien.

Ich bin sehr zufrieden und glücklich, dass wir beide den gleichen Entwicklungsweg nehmen. Es ist viel einfacher, eine Beziehung aufzubauen und sie wachsen zu lassen, wenn man eine Person trifft, die mit der gleichen Leidenschaft und Liebe arbeitet, die man in seine eigene Arbeit steckt."

Im Verlauf der vier Tage hörten die Mentoren und Mentees Reden von FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura, dem Präsidenten des portugiesischen Fussballverbands (FPF) Fernando Gomes, der FPF-Generalsekretärin Teresa Romao sowie FIFA-Frauenfussballdirektorin Sarai Bareman. Am Mittwochabend gab es eine ganz besondere Sitzung, als die Mentoren und Mentees die letzte Etappe der globalen Trophy Tour zur FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ besuchten.

Even Pellerud war 1995 Nationaltrainer, als Norwegen das WM-Finale gegen Deutschland gewann. Acht Jahre später führte Tina Theune Deutschland ins WM-Finale, das die DFB-Auswahl durch ein Golden Goal gewann. Der große Respekt aller Teilnehmer für die beiden überaus erfahrenen Persönlichkeiten war deutlich spürbar. Als sie die Trophäe wiedersahen und in den Händen hielten, erstrahlte ein breites Lächeln auf ihren Gesichtern und der Jubel der Kollegen erfüllte den Raum.

Tina Theune and Even Pellerud with the FIFA Women's World Cup trophy at a Trophy Tour event in Lisbon

Die farbenfroheste Sitzung war indes die der früheren deutschen Nationalspielerin Josephine Henning. Henning beendete ihre Karriere 2018. Sie tauschte die Fussballstiefel gegen Pinsel und Farbe und ist seitdem als Künstlerin, TV-Kommentatorin und Expertin tätig.

Als sich Mentoren und Mentees in einer Umkleidekabine im Cidade do Futebol-Komplex versammelt hatten, erhielt jeder von ihnen ein leeres Blatt Papier und einen Buntstift. Und warum?

"In dieser Sitzung geht es um Gefühle. Es geht darum, mutig zu sein. Es geht darum, durch Kunst auszudrücken, was man empfindet", erläuterte Henning. "Bei einem Programm wie diesem haben Sie die Möglichkeit, sich sozusagen neu zu kalibrieren. Meine Sitzung zielt darauf ab, Menschen, die sehr an den Umgang mit fest gefügten Strukturen gewöhnt sind, herauszufordern, auf eine andere Art zu denken.

FIFA Coach Mentorship programme workshop, Lisbon

Für mich als Künstlerin geht es immer das 'Visuelle'. Wenn ich etwas sehe, das mich inspiriert, dann muss es nicht explizit ausgesprochen werden. Wenn es um Beziehungen geht, kann man sich neben jemanden stellen, jemandem ein Lächeln schenken und jemandem Freiheit geben.

Die Frage lautet: Wie kann ich eine Verbindung herstellen? Das ist eines der schwierigsten, aber auch eines der erstaunlichsten Dinge, die wir als Menschen tun können."

Die Mentees im aktuellen Trainerinnen-Mentorenprogramm erreichen ihren Abschluss im November/Dezember 2023.

FIFA Coach Mentorship programme  Objectives

Wichtige Ziele

Die FIFA verfolgt ihre Ziele mit fünf strategischen Pfeilern:

Womens Football Strategy - Girls in field
1. Entwicklung und Wachstum

Im Zentrum steht die Förderung des Frauenfussballs auf und neben dem Platz sowie auf allen Stufen. Die FIFA unterstützt ihre Mitgliedsverbände bei der lokalen Fussballförderung, um die Beteiligung der Frauen zu sichern und zu steigern und dafür zu sorgen, dass Mädchen und Frauen klar definierte Angebote haben, um zu spielen sowie ihren Sport zu organisieren und zu regeln.

AUCKLAND, NEW ZEALAND - JULY 20: Hannah Wilkinsonvof New Zealand applauds fans after the team's 1-0 victory in the FIFA Women's World Cup Australia & New Zealand 2023 Group A match between New Zealand and Norway at Eden Park on July 20, 2023 in Auckland / Tāmaki Makaurau, New Zealand. (Photo by Hannah Peters - FIFA/FIFA via Getty Images)
2. Aufwertung des Frauenfussballs

Im Rahmen ihres generellen Engagements für die beste FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ und die damit einhergehende weitere Förderung des Frauenfussballs optimiert die FIFA ihre Wettbewerbe, um die besten Spielerinnen und Teams ins Rampenlicht zu rücken.

Colombia's forward #18 Linda Caicedo (R) celebrates scoring her team's first goal during the Australia and New Zealand 2023 Women's World Cup Group H football match between Germany and Colombia at Sydney Football Stadium in Sydney on July 30, 2023. (Photo by FRANCK FIFE / AFP) (Photo by FRANCK FIFE/AFP via Getty Images)
3. Kommunikation und Vermarktung

Die FIFA wird die Präsenz und den Geschäftswert des Frauenfussballs steigern.Um den Frauenfussball stärker in den Blickpunkt zu rücken und sein Potenzial auf allen Stufen auszuschöpfen, unterstützt die FIFA zum einen ihre Mitgliedsverbände und maximiert zum anderen die Vermarktung ihrer eigenen Wettbewerbe.

BANGKOK, THAILAND - MAY 15: A general view during the Leadership Forum: Executive Women in Football at The Athenee Hotel on May 15, 2024 in Bangkok, Thailand.  (Photo by Apinya Rittipo - FIFA/FIFA via Getty Images)
4. Verwaltung und Führung

Die FIFA will mehr Möglichkeiten schaffen, um alle, die im Frauenfussball auf und neben dem Platz tätig sind, weiterzubilden und zu stärken.

PERTH, AUSTRALIA - AUGUST 03: Fatima Gharbi and Nouhaila Benzina of Morocco celebrate advancing to the knock out stage after the 1-0 victory in the FIFA Women's World Cup Australia & New Zealand 2023 Group H match between Morocco and Colombia at Perth Rectangular Stadium on August 03, 2023 in Perth, Australia. (Photo by Alex Grimm - FIFA/FIFA via Getty Images)
5. Schulung und Förderung

Mithilfe des Frauenfussballs und seiner Wettbewerbe zeigt die FIFA, in welchem Masse der Sport auf der ganzen Welt positive soziale Veränderungen für Mädchen und Frauen bewirkt.