Dienstag 15 August 2023, 00:00

Spanien dank Veränderungen auf Erfolgskurs

  • Historische Halbfinalqualifikation nach diversen Veränderungen im Frauennationalteam

  • Einigung zwischen der RFEF und den Kapitäninnen betreffend Vereinbarkeit von Sport und Familie im Mai

  • Erstmals bei einer Frauen-WM ein Psychologe und ein Ernährungsberater im spanischen Betreuerstab

Mit der Halbfinalqualifikation bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Australien & Neuseeland 2023™ erlebt der spanische Frauenfussball einen historischen Moment. Die Leistungen beim Turnier in Australien und Aotearoa Neuseeland sind gleichzeitig aber auch Belohnung für die Arbeit der letzten Jahre.

Seit Spaniens Debüt bei einer FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ 2015 in Kanada sind zwei Trainer und viele Spielerinnen gegangen. Die wichtigsten Veränderungen fanden jedoch rund um das Nationalteam statt – immer mit dem Ziel, den Frauenfussball weiter zu professionalisieren.

Im Mai dieses Jahres einigte sich der spanische Fussballverband (RFEF) mit den Kapitäninnen des Nationalteams auf ein Konzept zur Vereinbarkeit von Sport und Familie, das während der Frauen-WM in Australien und Aotearoa Neuseeland bereits umgesetzt wird. Die RFEF stellte finanzielle Mittel für die Reise der unmittelbaren Familienangehörigen zur Verfügung und setzte Massnahmen um, damit die Spielerinnen Zeit mit ihren Kindern verbringen können.

Dieser fast schon zwingende Schritt stiess nicht nur weitere Veränderungen an, sondern hatte auch wesentliche Folgen für den Alltag der Fussballerinnen.

"Ich muss bei meinem Sohn sein können - und er bei mir", erklärte Irene Paredes bei ihrer Ankunft in Neuseeland. Sie ist eine von vier Spielerinnen, die bei allen drei WM-Teilnahmen dem spanischen Kader angehörte.

Spain v Netherlands: Quarter Final - FIFA Women's World Cup Australia & New Zealand 2023

"Die RFEF hat sich sehr bemüht, dass unsere Familien mitreisen können. In meinem Fall kann mein Sohn Mateo, der noch keine zwei Jahre alt ist, mit mir im Hotel wohnen", so Paredes weiter, die ihre Freizeit wie Kapitänin Ivana Andrés mit ihrem Sohn und ihrer Partnerin im spanischen Teamquartier in Palmerston North verbringen kann.

"Dass Familienmitglieder hier sein können, ist gut und erfreulich", betonte Eva Navarro vor einigen Tagen bei einer Pressekonferenz, während Irene Guerrero, eine weitere Kapitänin, hinzufügte: "Es ist ein Privileg, meine Familie hier bei mir zu haben. Ich bin sehr dankbar, dass die RFEF uns dies ermöglicht hat. Das werde ich nie vergessen."

Spain v Netherlands: Quarter Final - FIFA Women's World Cup Australia & New Zealand 2023

Von der erstmaligen Qualifikation für Kanada 2015 bis hin zu den jüngsten Veränderungen ist sehr viel passiert. "Unser Team unterscheidet sich enorm von jenem von vor acht Jahren. Wir verfügen über viel mehr Ressourcen und Werkzeuge, die es uns ermöglichen, bessere Leistungen zu erbringen. Die Spielerinnen haben bessere Bedingungen, etwa durch die historische Vereinbarung zur Vereinbarkeit von Sport und Familie, dank der die Familien in unserer Nähe sein können. Das war eine grossartige Entscheidung", erklärte Nationaltrainer Jorge Vilda kürzlich.

"Wir haben uns in der Weltrangliste deutlich verbessert und haben jetzt Führungsspielerinnen, die in Spanien aktiv sind", so der Auswahlcoach weiter, der auch als Mentor beim aktuellen FIFA-Trainerinnenmentoringprogramm mitwirkt.

Besonders begrüssten die Spielerinnen und Trainer, dass das Physiotherapieteam vergrössert wurde, damit die Akteurinnen besser regenerieren können. Ebenfalls positiv aufgenommen wurde, dass dem Betreuerstab erstmals bei einer Frauen-WM ein Psychologe und ein Ernährungsberater angehören. Damit arbeitet nun ein komplettes Team rund um und für die Spielerinnen. Die anfänglichen Zweifel wurden schnell ausgeräumt.

"Unseren Psychologen Javier López Vallejo bei uns zu haben, ist ein Privileg. Er leistet ausgezeichnete Arbeit. Anfangs hatte ich Zweifel, aber er hat sich den Respekt der Spielerinnen verdient, die ihn schon von den Jugendauswahlteams kennen. Ich bin sehr dankbar, dass er hier ist", sagte Jorge Vilda vor einigen Tagen.

Diese Umstände und die Entwicklungen der letzten Jahre führten nach der Partie gegen die Niederlande zu einem denkwürdigen Moment zwischen Jenni Hermoso und Alexia Putellas: Die beiden Spielerinnen, die neben Paredes und Andrés ebenfalls alle drei WM-Endrunden mit Spanien bestritten haben, umarmten sich auf der Bank und weinten dabei vor Freude.

"Als ich mit Alexia auf der Bank sass, besannen wir uns darauf, was wir in all den Jahren durchgemacht haben. Wir dachten an all die Opfer, die wir erbringen mussten. Wenn du realisierst, dass du in einem WM-Halbfinale stehst, fällt dir wieder ein, was alles dahintersteckt", sagte Hermoso. Das Ziel ist nun, den 2015 begonnen Traum zum Frauenfussball zu verwirklichen und dabei weitere Hindernisse zu überwinden.