Mittwoch 01 Juni 2022, 22:00

Murat Yakin: "Als verschworene Einheit zur WM"

  • Murat Yakin übernahm im letzten Sommer das Traineramt der Nati und machte die WM-Qualifikation perfekt

  • In Katar trifft die Schweiz in Gruppe G auf Brasilien, Serbien und Kamerun

  • Die anstehenden Nations League Spiele sieht Yakin als gute Möglichkeit, eine Bestandsaufnahme zu machen

Murat Yakin hat nach der erfolgreichen WM Qualifkation mit der Nati große Ziele: „Wir wollen in jedem Turnier so weit wie möglich kommen. Wir spielen in einer schwierigen Gruppe. Wenn alle Spieler fit und dabei sind, können wir sicherlich einiges erreichen“, so der 47-Jährige auf Nachfrage von FIFA+.

Unter Yakin konnte sich die Schweiz in der europäischen WM-Qualifikation letzten November über das direkte Ticket für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ freuen und verwies Europameister Italien auf Platz 2 in Gruppe C. 

Nun treffen sie in Katar – wie schon bei der WM in Russland 2018 – auf Brasilien und Serbien, und müssen außerdem in Gruppe G Kamerun schlagen. Aber bevor es im November zur WM geht, stehen in der UEFA Nations League noch wichtige Spiele an: In Gruppe A2 trifft die Mannschaft rund um Kapitän Granit Xhaka auf die Tschechische Republik, Portugal und Spanien. Europäische Fußballschwergewichte erwarten also die Nati – aber Trainer Yakin freut sich auf diese Aufgabe: „Wir spielen in der Gruppe A der UEFA Nations League und messen uns mit den Besten Europas. Jedes Spiel ist eine große Herausforderung und zugleich auch eine gute Gelegenheit für uns zu sehen, wo wir stehen. Wir spielen unter Wettbewerbsbedingungen und können dabei wichtige Schlüsse ziehen in diesem WM-Jahr“.


In den vergangenen 21 Länderspielen blieb die Schweiz 19-mal ungeschlagen und gewann elf Partien. Einzig bei der UEFA EURO 2020 gegen Italien und beim Testspiel im März dieses Jahres gegen England mussten die Schweizer sich geschlagen geben.


Trainer Yakin hat selbst 49 Länderspiele für die Schweizer Nationalmannschaft bestritten und dabei 4 Tore erzielt. Aber welche Aufgabe gefällt ihm besser? „Ich war leidenschaftlich gerne Spieler. Der Trainerjob ist wie eine Art Fortführung dieser Arbeit. Und er erfüllt mich genauso sehr mit großer Freude.“ 

Der Schweizer Abwehrspieler Murat Yakin während des EM-Spiels zwischen der Schweiz und Kroatien am 13. Juni 2004 im Estadio Dr. Magalhaes Pessoa in Leiria (Portugal).

Der größte Erfolg des ehemaligen Innenverteidigers im Dress des SFV war die Teilnahme an der Europameisterschaft 2004 in Portugal. Als Trainer hat er die Nati im August 2021 von Vladimir Petković übernommen und sie von Platz 2 in Gruppe C der europäischen WM-Qualifikation zum direkten Ticket nach Katar geführt. Deswegen stehen seit Anfang des Jahres alle Zeichen auf WM-Vorbereitung – denn dort geht es gegen Brasilien, Serbien und Kamerun. „Wir spielen in einer sehr starken Gruppe, in der Brasilien favorisiert ist. Brasilien hat ein riesiges Reservoir an sehr guten Spielern. Für sie ist ein Weiterkommen fast schon Pflicht.“ Bereits bei der WM 2018 in Russland traf die Schweiz auf Brasilien und Serbien – damals luchsten sie den favorisierten Brasilianern mit einem 1:1 einen Punkt ab und schlugen Serbien mit 2:1. Die Schweiz zog damals ins Achtelfinale gegen Schweden ein, musste sich dort aber trotz ihrer dominierenden Spielweise geschlagen geben. Angesprochen auf die Frage, was die Spieler aus den Partien gegen die bekannten Gruppengegner von 2018 lernen können, sagt Yakin: „Das Team hat damals sehr viel Energie wegen Nebenschauplätzen verloren. Deshalb ist es entscheidend den Fokus auf das Sportliche halten zu können. Ich denke, diese Erfahrung können die Spieler aus der WM 2018 in dieses Turnier mitnehmen."

Den Mannschaftsgeist stärken

Aber wo liegen die Schwächen im Team? Was sind die Punkte, die es vor der WM noch zu verbessern gilt? „Wir arbeiten sehr hart an uns und feilen an spielerischen und taktischen Elementen. In den Nationalmannschaftszusammenzügen gibt es nur wenige Möglichkeiten intensiv und oft zu trainieren. Umso präziser müssen diese wenigen Einheiten geplant sein und auch umgesetzt werden.“ In Vorbereitung auf die anstehenden Nations Leage Spiele kam die Mannschaft so beispielsweise im Kurort Bad Ragaz zusammen – und anscheinend ist neben den spielerischen und taktischen Elementen auch das Mannschaftsgefüge eine wichtige Komponente für den 47-Jährigen: „Wir haben seit Beginn dieses Jahres ein besonderes Augenmerk auf den Zusammenhalt und Teamspirit gelegt. Entsprechend haben wir die Zusammenzüge geplant und organisiert. Im März haben wir im Trainingscamp in Marbella neben den Trainingseinheiten Mannschaftsabende und am Tag gemeinsame Aktivitäten organisiert. Nun ein Wochenende mit Familien. Wir haben eine tolle Stimmung in der Nati und wir wollen im November als verschworene Einheit zur WM fahren.“


13 Spieler, die bei der WM 2018 in Russland im Schweizer Kader standen, stehen aktuell auch im 26er-Kader für die Nations League und haben damit gute Chancen, in Katar wieder dabei zu sein.


Dass für Murat Yakin die Mannschaft im Vordergrund steht und nicht individuelle Leistungsträger priorisiert werden, zeigt sich einmal mehr auf die Frage, welche Spieler neben Xhaka und Shaqiri eine entscheidende Funktion in der Mannschaft einnehmen werden: „Ich verlange nicht nur von Granit und Xherdan, dass sie eine Schlüsselrolle einnehmen, sondern von jedem Spieler, dass er auf dem Platz und auf seiner Position Verantwortung übernimmt. Im modernen, dynamischen Fußball reicht es nicht mehr, wenn nur ein oder zwei Spieler eine Schlüsselrolle einnehmen. Jeder muss sich in der Defensive und in der Offensive aktiv einbringen, damit unser dynamisch flexibles System erfolgreich funktioniert.“

WM-Titelfavorit?

Aber wer ist für Murat Yakin der Favorit auf den WM-Titel? „Es gibt einige Mannschaften, welche aufgrund ihres großen Potentials favorisiert werden könnten. Aber in einem Turnier muss immer alles stimmen, bis man es gewinnt. Da kommen Faktoren hinzu, die man nicht im Vornherein antizipieren kann.“

Dass die Schweiz die ganz Großen schlagen kann, haben sie bereits letztes Jahr beim EM-Achtelfinale mit ihrem sensationellen Sieg gegen Weltmeister Frankreich unter Beweis gestellt. Und vielleicht macht ja der von Yakin angesprochene entscheidende Faktor "verschworene Einheit" am Ende den Unterschied.