Mittwoch 30 November 2022, 15:00

Die Erinnerungen der Geschichtenerzähler

  • Fast 80 Journalisten wurden in Doha geehrt

  • Wir sprachen mit drei Preisträgern

  • "Der Fussball schreibt tolle Geschichten"

In Anerkennung der Rolle, die die Medien dabei spielen, den Fussball zur beliebtesten Sportart der Welt zu machen, würdigte die FIFA am Dienstag die Unverwüstlichkeit und das Engagement derjenigen Journalisten, die bereits von acht oder mehr FIFA WM-Endrunden berichtet haben. Zusammen mit dem Sportjournalistenverband AIPS (Association Internationale de la Presse Sportive) wurde eine besondere Zeremonie für die fast 80 Journalisten abgehalten, die diesen besonderen Meilenstein erreicht haben und die mit ihrem Engagement, ihrem Wissen und ihren Erkenntnissen sowohl ihren Beruf als auch den Fussball bereichern und den Fans rund um die Welt die Emotionen des wichtigsten Turniers vermitteln. Da die FIFA Fussball-WM 2022 vollständig in Doha und der näheren Umgebung ausgetragen wird, ergab sich eine einmalige Gelegenheit, die Medienvertreter zusammenzubringen. Somit konnten alle Journalisten an der Feier teilnehmen und ihren Preis entgegennehmen, eine kleine Replik des FIFA WM-Pokals. Die Trophäen wurden vom zweimaligen brasilianischen Weltmeister Ronaldo überreicht.

Jesús Vélez, 52 Jahre und unzählige Geschichten

Dem Honduraner Jesús Vélez fällt es nicht schwer, die Weltmeisterschaft zu benennen, die ihm am meisten am Herzen liegt, nämlich Mexiko 1970. Das liegt nicht etwa daran, dass die damalige WM-Auflage der Beginn einer beruflichen Reise war, die ihn zu 14 Auflagen der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ führen sollte, sondern daran, dass es ein Traumstart war, mit vielen Stars und Geschichten, die noch heute immer wieder erzählt werden. "Wir hatten die Möglichkeit, die größte Anzahl hervorragender Einzelspieler aller Zeiten zu sehen. Wir haben wirklich gute Spieler wie [Franz] Beckenbauer, Pelé oder [Ramón] Mifflin gesehen. Diese Spieler haben den Fussball auf ein anderes Niveau katapultiert", meint er rückblickend und erinnert sich an diese WM, als sei es gestern gewesen. Mit einigen dieser Idole, die er damals von der Medientribüne aus verfolgt hat, durfte er dank seines großen Talents später sogar zusammenarbeiten. "Ich habe Tostão 1970 in Mexiko spielen sehen, und später, 1994 in den USA und 2002 in Korea/Japan waren wir Arbeitskollegen, weil wir beide als Kommentatoren tätig waren. Ich kommentierte auf Spanisch, er auf Portugiesisch. Das war eine schöne Geschichte. Wenn der Fussball Menschen glücklich machen kann, dann gehöre ich auf jeden Fall dazu, denn ich konnte einen Star auf dem Spielfeld sehen und später saß er dann als Journalist neben mir", meint er abschließend.

AIPS / FIFA Journalist on the Podium ceremony  - FIFA World Cup Qatar 2022

Die großen Herausforderungen von Juan Carlos Scelza

Der Uruguayer Juan Carlos Scelza denkt hingegen besonders gern an die WM 2010 in Südafrika zurück, bei der die Charrúas zu glänzen wussten. "Wir Journalisten sagen immer, auch wenn wir nicht spielen, keine Paraden abliefern und keine Tore schießen, erreicht unsere Arbeit ein viel höheres Niveau, wenn unser Land eine gute Leistung abliefert. In Südafrika spielte Uruguay ein sehr gutes Turnier und belegte 40 Jahre nach der WM 1970 in Mexiko wieder den vierten Platz." Also war er weiterhin auf höchstem Niveau dabei. "Schließlich ist es das, wofür wir heute ausgezeichnet werden – nicht für die Qualität, sondern für die Kontinuität. Seit ich weiß, dass ich diese Auszeichnung erhalte, denke ich immer an all die Journalisten auf der ganzen Welt, die gern bei einer Weltmeisterschaft dabei wären. Sie ist das größte Fest." Und so steht Scala alle vier Jahre vor den gleichen Herausforderungen, denn Uruguay hat zwar nur gut dreieinhalb Millionen Einwohner, bringt aber stets gute Spieler hervor, die ihr Nationalteam immer wieder ins Rampenlicht rücken. "Die Leute sagen, wir sind wie eine unerschöpfliche Jugendakademie. Als würde die Hand Gottes die Erde über Uruguay gießen, damit weiterhin Spieler wie Pilze aus dem Boden sprießen können. Es gibt keine Erklärung dafür. In Uruguay leben wir den Fussball, der Fussball schreibt tolle Geschichten."

AIPS / FIFA Journalist on the Podium ceremony  - FIFA World Cup Qatar 2022

Javier Goñi und emotionale Fragen

Sein Landsmann Goñi erklärt die Fussballleidenschaft in Uruguay mithilfe einer Anekdote. "Ich war in den USA und gleich sollte eine Übertragung beginnen. Da kam ein chilenischer Kollege auf mich zu und sagte: 'Entschuldige, ich habe eine Frage.' Ich antwortete: 'Welche Frage?' Ich war ein bisschen kurz angebunden, weil ich gleich anfangen musste zu arbeiten. 'Weißt du, was der Unterschied zwischen uns und den Uruguayern ist?' Ich fragte: 'Was?' und er sagte: 'Wir mögen den Fussball, die Uruguayer leben den Fussball.'" Genau deshalb weiß er nur zu gut, welche Rolle er alle vier Jahre spielen muss, um einer Fangemeinde Geschichten zu erzählen, die sich mit Herz und Seele dem Fussball verschrieben hat. "Das ist eine enorme Herausforderung. Die WM ist in Uruguay die Veranstaltung, die die größte Aufmerksamkeit bekommt, noch mehr als die Olympischen Spiele, die sehr bedeutend sind. Wir leben den Fussball, sind ein kleines Land, wenige Menschen, eine schwierige Bevölkerungsdichte." Auch nach vielen Jahren und vielen Spielen sind die Emotionen noch immer die gleichen. "Mein Land definiert sich nicht nur über den Fussball, dass da keine Missverständnisse aufkommen. Mein Land steht für Bildung, Gesundheit, nationale Souveränität und andere Dinge. Der Fussball ist das Lebensgefühl der Uruguayer. Ich gebe aber auch zu, dass ich im Laufe der Jahre vor jedem Spiel beim Singen der Nationalhymne Gänsehaut bekommen habe. Es gibt kein Spiel, bei dem ich mein Land nicht tief im Inneren spüre. Für mich ist klar, dass das zwei unterschiedliche Dinge sind, aber trotzdem sind das sehr wichtige, bewegende Momente."

AIPS / FIFA Journalist on the Podium ceremony  - FIFA World Cup Qatar 2022