Mittwoch 27 Juni 2018, 22:21

Sommer hält die "Nati" weiter im Rennen

Von Alan Schweingruber, Teamreporter Schweiz


Seit Jahrzehnten sehnen sich die Schweizer nach mehr als der WM-Gruppenphase oder dem Achtelfinale. Ist ja auch schon lange her, seit die "Nati" etwas gerissen hat an einem großen Turnier. Der letzte Viertelfinaleinzug war 1954 bei der Heim-WM. Und jetzt also scheint endlich wieder mehr drin zu liegen. Petkovics Team steht im Achtelfinale und trifft dort am Dienstag auf Schweden.

Eine Frage allerdings drängt sich nach den drei Spielen auf: Wo stünde die Schweiz ohne Yann Sommer? Wäre sie noch im Turnier? Der Torwart hat gegen Costa Rica erneut - wie schon gegen Brasilien und Serbien – grandios pariert. Gefühlte hundert Mal. Auf der Linie, beim Rückwärtslaufen, mit den Fingerspitzen. "Dafür bin ich doch da", sagt er. "Ich helfe der Mannschaft, wenn's mal nicht läuft. Ja, gegen Costa Rica hat manches nicht gestimmt." Tatsächlich musste er zweimal hinter sich greifen, der 2:2-Ausgleich in der Nachspielzeit wird als Eigentor Sommers in der Statistik stehen.

Aber "jetzt werden wir uns zusammensetzen und nach Lösungen suchen. Ich freue mich sehr auf Schweden".

Das klingt immer so bescheiden, wenn Sommer redet. Und es sieht auch immer so einfach aus, wenn Sommer nach den Bällen greift. Dabei muss er sich um einiges länger strecken als andere. Der Torhüter von Borussia Mönchengladbach misst 1,83 m. Es gibt Klubs, die laden einen Keeper unter 1,90 m nicht einmal zum Probetraining ein. Zum Vergleich: Lovre Kalinic von Kroatien misst 2,01 m. Thibaut Courtois von Belgien 1,99 m.

"Ist man etwas kleiner, muss man sich halt andere Vorteile verschaffen. Ich habe in meiner Karriere sehr früh angefangen, mich auf die Beinarbeit zu konzentrieren. Das ist heute meine Stärke. Ich habe die kleinen Schritte trainiert. Keylor Navas von Costa Rica ist übrigens gleich groß. Die Größe sollte keine Rolle spielen bei der Entscheidung, ob man Torhüter wird oder nicht."

Dinge zu hinterfragen oder einfach mal ein bisschen anders anzugehen, auch das ist Sommer. Für ihn gibt's mehr als nur den Fussball. Er kocht leidenschaftlich gern, geht dafür zu Hause dreimal die Woche auf den Markt und betreibt einen Kochblog. Er spielt Klavier und Gitarre und nimmt sogar Gesangsunterricht.

Wie man das alles unter einen Hut bekommt? Mit einem privaten Mentaltrainer wahrscheinlich, der Sommer schon seit über zehn Jahren coacht. "Ich kann doch nicht nur den Fussball im Kopf haben", sagt er. "Nach dem Spiel den Schalter zu kippen, ist wichtig. Ohne geistige Erholung funktioniere ich nicht."