Donnerstag 24 März 2016, 09:36

Neulinge sorgen bei Kanada für Optimismus

Kanadas Fussballgeschichte ist nicht eben mit großen Erfolgen gespickt. Bei der bis heute einzigen WM-Endrundenteilnahme 1986 in Mexiko schied das Team nach der Gruppenphase aus. Als einziger internationaler Titel steht der völlig überraschende Gewinn des CONCACAF Gold Cups vor 16 Jahren in den Annalen des Verbandes verzeichnet. Doch im Gegensatz zu dieser eher unbedeutenden Vergangenheit könnte die Zukunft für Kanada sehr viel strahlender aussehen.

In den vergangenen zwei Spielzeiten der nordamerikanischen Profiliga MLS ging die Auszeichnung für den besten Neuling des Jahres an kanadische Spieler: 2014 wurde der damals 23-jährige Tesho Akindele vom FC Dallas ausgezeichnet. In der letzten Saison ging die Auszeichnung an den 20-jährigen Cyle Larin von Orlando City.

"Das sagt doch Einiges darüber, was derzeit im kanadischen Fussball passiert", so 1,85-Meter-Mann Akindele, ein beweglicher Stürmer, der auch im offensiven Mittelfeld eingesetzt werden kann, im Gespräch mit FIFA.com. "Man erkennt daran, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen." Dem stimmt auch der talentierte Stürmer Larin voll und ganz zu: "Das ist schon eine große Sache für mich, für uns beide, und für Kanada."

Kaká und Floro als Lehrmeister Beide Spieler kommen aus dem U.S.-amerikanischen Universitätsfussball. Akindele besuchte die Colorado School of Mines und betrieb neben dem Fussball ein anspruchsvolles Studium. Der Stürmer machte seinen Abschluss in Elektrotechnik, während Larin seine Schulausbildung abbrach, um als Vollprofi von einem echten Meister auf dem Platz zu lernen.

"Kaká ist einfach ein ganz besonderer Spieler", so der fast schüchtern wirkende Larin über seinen Lehrmeister in Florida. "Man kann als junger Fussballer enorm viel von ihm lernen. Beim Training habe ich immer ein Auge auf ihn und schaue mir genau an, was er macht. Er war ja schließlich Weltmeister und ein Star bei den größten Klubs der Welt. Er hat viele wichtige Spiele bestritten. Er hat mir schon früh beigebracht, mich stets bereit zu halten und auf alles gefasst zu sein."

Zudem haben die beiden Kanadier noch einen weiteren Lehrmeister, dessen Erfahrung und Kenntnis des Fussballs außer Frage stehen, nämlich Kanadas Nationaltrainer Benito Floro. Der Spanier, der unter anderem auch Real Madrid trainierte, übernahm 2013 bei den Canucks und arbeitet seitdem daran, die recht rustikale Spielweise früherer Jahre durch einen stärker auf Ballbesitz ausgerichteten Fussball zu ersetzen. "Er legt Wert auf die kleinen Details, die eben nur ein Mann seines Formats kennt", so Akindele über seinen Nationaltrainer. "Wir sind ja alle Profis und wissen durchaus, wie man Fussball spielt. Wir alle können schießen und Pässe spielen und in Zweikämpfe gehen. Doch letztlich kommt es eben auch auf die vielen kleinen Details an, die den Ausschlag geben können."

"Er will, dass wir den Ball über das ganze Feld laufen lassen und ihn immer in Bewegung halten", so Larin über die von Floro propagierte Spielweise. Der Spanier hatte ihn 2014 erstmals ins Team berufen und als zentralen Akteur in seine Planungen integriert. "Für Kanada ist das ein ganz neuer Ansatz. Die Spieler werden erst allmählich damit warm."

Betrachtet man ein Spiel der aktuellen kanadischen Mannschaft, so wird der Einfluss Floros sofort deutlich. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Kanadier zuallererst von ihrem Kampfgeist lebten. Heute spielen die Männer mit dem Ahornblatt auf der Brust einen modernen Fussball, aufbauend auf zentralen Elementen wie Pressing, Ballbesitz und Geduld.

Ein wichtiges Element haben die Nordamerikaner allerdings bisher in ihrer neuen Gleichung noch nicht genügend umgesetzt, nämlich Tore. Erst kürzlich waren sie fast 900 Minuten ohne einen einzigen Torerfolg geblieben. So erzielten sie auch beim CONCACAF Gold Cup im vergangenen Sommer keinen einzigen Treffer, obgleich sie viele Chancen herausspielten und auch insgesamt durchaus überzeugen konnten. Die Verantwortung dafür liegt natürlich zum Teil bei den Stürmern Larin und Akindele, die für das sprichwörtliche Salz in der Suppe zu sorgen haben. Beide scheinen allerdings angesichts ihrer Verantwortung und dieser Herausforderung kein bisschen nervös.

"Wenn man sich die Aufnahmen vom Gold Cup ansieht, dann wird schnell klar, dass wir einfach nur ziemliches Pech vor dem gegnerischen Tor hatten", so Akindele, der auch für die USA oder Nigeria hätte spielen können. "Normalerweise würden wir bei fünf solcher Chancen vier Tore machen. Und genau das gelingt uns jetzt auch. Die Klasse dazu haben wir!"

Reichlich Tore auf dem Weg nach Russland Die aktuellen Zahlen scheinen Akindele Recht zu geben. In der WM-Qualifikation für Russland 2018 haben es die Kanadier bisher auf ein Gesamt-Torverhältnis von 11:1 gebracht. "Jetzt schießen wir Tore", so Larin, der drei der bisherigen Treffer beitrug und auf Reisen nicht selten das Zimmer mit seinem Sturmpartner teilt. "Es geht definitiv in die richtige Richtung."

In den bevorstehenden zwei Partien werden die Kanadier wieder all ihren Kampfgeist benötigen – und natürlich auch so viele Tore wie möglich. Schließlich wollen sie endlich wieder den Sprung auf die größte Bühne des Weltfussballs schaffen. Am Freitag haben sie den amtierenden CONCACAF-Meister Mexiko zu Gast und vier Tage später müssen sie dann im berühmt-berüchtigten Aztekenstadion antreten.

"Mexiko ist natürlich eine Hausnummer in unserer Konföderation", so Akindele über das CONCACAF-Spitzenteam. Doch Kanada blickt trotzdem optimistisch in die Zukunft, nicht zuletzt wegen der beiden starken Angreifer im Team. Larin, der um drei Jahre jüngere der beiden Akteure, beendet denn auch das Interview mit dem für einen jungen Wilden so typischen Optimismus: "Wenn wir unsere neue Spielweise durchziehen können, dann können wir durchaus alle Punkte holen!"