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Montag 15 August 2016, 08:27

Arce: "Die zweite Chance nutzen"

Der Paraguayer Francisco Arce wusste insgeheim, dass er eines Tages ans Ruder der Nationalmannschaft seines Landes zurückkehren würde. Vielleicht hatte er jetzt noch nicht damit gerechnet – gerade einmal vier Jahre nach dem recht abrupten Ende seiner ersten Amtszeit und mitten in der Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™. Doch er wusste, dass er irgendwann Gelegenheit zur Revanche bekommen würde, oder?

"Ich mag diesen Ausdruck nicht", erklärt Arce in seinem ersten Interview nach der erneuten Amtsübernahme gegenüber FIFA.com. "Revanche, das klingt nach einer Retourkutsche, nach einem negativen Überbleibsel oder nach Vergeltung. Doch auch wenn wir damals das Gefühl hatten, dass wir vorzeitig gehen mussten, hegen wir keine solchen Gefühle", fügt der 45-jährige Trainer hinzu.

"Daher spreche ich lieber von einer zweiten Chance", so El Chiqui weiter, der seinen Posten im Juni 2012 nach einer Niederlage in einem Qualifikationsspiel für die WM 2014 gegen Bolivien in La Paz räumen musste. Dabei hatte er das Amt erst 13 Monate und zwölf Spiele zuvor mit einhelliger Unterstützung angetreten.

"Wir sind zufrieden und bereit einen Weg fortzusetzen, der gut angefangen hat, der aber nicht mit einer größeren Punkteausbeute abgeschlossen werden konnte", so Arce mit Bezug auf die vier Punkte, die das Team in der Qualifikation für die letzte WM auf dem Konto hatte, als er seinen Posten räumen musste. Das Ende der Geschichte ist allgemein bekannt: Paraguays Serie von vier WM-Teilnehmen in Folge, die mit der Auflage von 1998 in Frankreich begonnen hatte, war zu Ende.

"Es ist unbestreitbar, dass wir dafür mitverantwortlich sind, wenn wir bei fünf Qualifikationsspielen zuständig waren... Und natürlich habe ich mich schuldig gefühlt", räumt der Trainer unumwunden ein. "Doch das hat uns nicht davon abgehalten, uns die WM anzuschauen. Wir sind Profis und das ist unsere Aufgabe. Außerdem haben wir auch nach unserem Abschied die Entwicklung aller paraguayischen Fussballer verfolgt."

Arce möchte nicht näher auf die Rolle eingehen, die er selbst als Spieler im WM-Kader Paraguays von 1998 gespielt hat, vielleicht, um beide Karrieren sauber zu trennen. Dennoch hat er aus dieser Zeit positive Erinnerungen an die Nationalmannschaft, die ihm die Rückkehr zusätzlich versüßen. "Ich war Nationalspieler, aber auch die Mitglieder des Trainerstabs, auf die das nicht zutrifft, fühlen sich eng mit unserer Flagge, unserem Land und dem Nationaltrikot verbunden. Daher ist es schön, diese Aufgabe erneut zu übernehmen."

Selbstkritik und Neustart Doch seine Freude über den Neustart hält ihn keinesfalls davon ab, Fehler der Vergangenheit aufzuzeigen. "Beispielsweise sind wir nicht gut mit einigen Aspekten der zwischenmenschlichen Beziehungen umgegangen", so Arce. "Und zwar nicht innerhalb der Mannschaft, sondern im Rahmen des Tauziehens zwischen der Presse, der Öffentlichkeit und einem so heiklen Posten wie diesem. Wir sind jetzt geduldiger geworden und besser in der Lage, die Dinge zu verarbeiten, um Entschlüsse zu fassen oder angemessen zu reagieren."

Erklärend fügt er hinzu: "Wir wissen, dass wir bestimmte Dinge falsch gemacht haben, von denen einige gut gemeint waren und wir bei anderen noch nicht einmal die Zeit hatten, sie umzusetzen. Allerdings gab es auch Dinge mit denen wir die gewünschten Ziele erreicht haben", stellt er klar.

Nach einem Beispiel gefragt, antwortet Arce ohne zu zögern: "Die wöchentlichen Trainingseinheiten mit im Inland aktiven Spielern. Hier konnten Spieler ihre Fähigkeiten bestätigen, die mittlerweile regelmäßig in die Nationalmannschaft berufen werden, beispielsweise Víctor Ayala, Richard Ortiz, Pablo Aguilar, Federico Santander, Bruno Valdez oder Miguel Samudio. Und auch Spieler, die unter uns ihr Debüt gegeben haben, wie Derlis González, Miguel Almirón, El Conejo Benítez..."

Auf die Frage, warum die Verantwortlichen vom paraguayischen Fussballverband nun seiner Meinung nach erneut ihr Vertrauen in ihn setzen, bringt Arce einen wichtigen Aspekt zur Sprache: "Wir sind hier in Paraguay wieder auf die Beine gekommen und haben es nicht für notwendig befunden, das Land mit fliegenden Fahnen zu verlassen, als seien wir vor etwas auf der Flucht."

"Wir sind nach Hause zurückgekehrt, zu Rubio Ñú, und die Arbeit, die wir dort geleistet haben, hat uns das Vertrauen großer Klubs wie Cerro Porteño und Olimpia eingebracht, bei denen das Traineramt kein leichtes ist. Wir haben mit beiden Titel gewonnen, und den Sportkreisen des Landes ist bewusst geworden, dass unser Konzept tragfähig ist. Deshalb bekommen wir nun diese zweite Chance, was im Fussball nach so kurzer Zeit alles andere als selbstverständlich ist, vor allem auf Nationalmannschaftsebene."

Analyse und Ziele** **Wir möchten wissen, inwiefern sich Arce und sein Trainerstab in den letzten vier Jahren verändert haben. "Wir sind reifer geworden und haben mehr Erfahrung, aber unsere Überzeugungen sind gleich geblieben, von unserer Vorliebe für attraktiven Fussball, bis hin zu der Notwendigkeit den Fokus auf den Ball zu legen, nicht auf den Raum. Wir müssen intelligent spielen und das Ergebnis in den Vordergrund stellen, gleichzeitig jedoch schönen Fussball zeigen, wann immer dies möglich ist."

Im Fussball seines Landes hat es durchaus einige Veränderungen gegeben. "Es gibt mehr Mannschaften, die versuchen, guten Fussball zu spielen, und sie alle haben Trainer aus Paraguay. Das ist positiv für unser Konzept", so Arce, der nach dem Rücktritt des Argentiniers Ramón Díaz für den Posten ausgewählt wurde, für den auch der Kolumbianer Reinaldo Rueda im Gespräch war.

Arce findet auch Zeit, sich lobend über Díaz zu äußern, der dem Nationalteam "die Fähigkeit wiedergegeben hat, gute Ergebnisse zu erzielen". Positiv erwähnt er auch, dass sein Vorgänger Víctor Ayala mit der Ausführung ruhender Bälle beauftragt hat. "Daran werden wir viel arbeiten. Wir haben wieder gute Standardspezialisten und Spieler, die in beiden Strafräumen mit ihrer Kopfballstärke überzeugen. Das ist ein weiteres Mittel, durch das vorherige Generationen bereits die Grundlage für die WM-Qualifikation legen konnten."

Arce wird seinen Einstand im September anlässlich der Qualifikation für Russland 2018 geben, in der Paraguay auf dem siebten Platz rangiert, allerdings nur mit einem Punkt Rückstand auf einen direkten Qualifikationsplatz oder den Playoff-Platz. Bis dahin bleibt nicht viel Zeit, doch darüber macht El Chiqui sich keine Sorgen. "Ich kenne die Spieler und sie kennen uns. Das ist wie die Fortsetzung einer Sache, die wir vor vier Jahren begonnen haben."

Zunächst einmal empfängt das Team Chile, das 2015 und 2016 zwei Mal in Folge die Copa Amércia gewann, im Anschluss steht ein Auswärtsspiel gegen Uruguay an, derzeit gemeinsam mit Ecuador Spitzenreiter. "Das werden harte aber schöne Spiele werden, von der Art, wie wir sie schon immer gemocht haben und bei denen es um viel geht."

Im Hinblick auf die Qualifikation wird es laut Arce entscheidend sein, die Heimspiele zu gewinnen. "Natürlich müssen wir auch auswärts den einen oder anderen Punkt holen, aber vor allem müssen wir uns im Estadio Defensores del Chaco wieder den Respekt verschaffen, den wir dort immer genossen haben. Unsere Priorität liegt darauf, die Unterstützung der heimischen Fans zu nutzen."

Doch werden diese Fans nach dem ersten fehlgeschlagenen Experiment die erforderliche Geduld aufbringen? "Ich habe diese erste Erfahrung abgehakt und fange wieder bei null an. Ich glaube, dasselbe gilt für die Fans. Wir wissen, was wir können und wie wir es erreichen wollen. Jetzt ist es an uns und den Spielern, die Skeptiker wieder mit ins Boot zu holen."