Rumänien spielte bei der ersten FIFA-Weltmeisterschaft
Das erste Spiel absolvierte das Team am 14. Juli 1930 (3:1 gegen Peru)
Dies ist die außergewöhnliche Geschichte von König Carol II.
Was tut ein König als erstes, nachdem er den Thron bestiegen hat? In den 1930er Jahren gab es in Rumänien einen König, dessen Antwort auf diese Frage ziemlich ungeheuerlich war. Carol II. erklärte nämlich, seine oberste Priorität läge darin, die Teilnahme seines Landes an der nächsten FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ sicherzustellen!
Da gab es jedoch ein Problem, das schier unüberwindbar zu sein schien: Carol II. kam nämlich erst 35 Tage vor dem Start der ersten Turnierauflage an die Macht. Doch der 37-jährige extrovertierte Herrscher ließ sich weder von diesem Zeitmangel noch von der Tatsache beeindrucken, dass Rumänien erst acht Jahre zuvor sein erstes Länderspiel bestritten hatte.
Irgendwie schaffte es König Carol II. nach beträchtlichen Anstrengungen, Rumänien einen Startplatz bei der WM 1930 in Uruguay zu sichern. Drei Tage vor Ablauf der von der FIFA festgelegten Meldefrist machte er die Teilnahme perfekt. Der Monarch gewährte sofort allen Spielern eine Amnestie, die wegen Vergehen im Zusammenhang mit dem Fussball gesperrt waren. Und dann vertraute König Carol II. bei der Zusammenstellung des Kaders nicht etwa auf Trainer Costel Radulescu, nein, er wählte die Spieler selbst aus!
16 Tage auf See
Dennoch stieß rumänische Herrscher auf Schwierigkeiten. Die meisten seiner besten Spieler arbeiteten für ein englisches Öl-Unternehmen, das sich weigerte, ihnen die drei Monate bezahlten Urlaub zu gewähren, die für die Teilnahme am Turnier erforderlich waren. Außerdem erklärten die Verantwortlichen, dass jeder, der nach Uruguay reisen würde, im Anschluss ohne Job dastünde. König Carol der II. intervenierte. Er ließ seine Muskeln spielen, rief den Firmenchef an und erklärte ihm, er würde das Unternehmen schließen, wenn die Führung nicht nachgäbe. Und natürlich gab sie nach.
So gingen die Rumänen am 21. Juni 1930 in Genua an Bord der Conte Verde. Beim nächsten Stopp in Villefranche-sur-Mer stiegen die französische Nationalmannschaft und FIFA-Präsident Jules Rimet zu, der die Trophäe in seinem Koffer hatte. Anschließend gingen in Barcelona noch die Belgier an Bord, bevor der italienische Luxusliner das brasilianische Team in Rio de Janeiro einsammelte.
Während der 16-tägigen Atlantik-Überfahrt ließ Radulescu seine 19 Spieler auf einem der weitläufigen Decks des Ozeanriesen Fitnesstraining machen. Wenn Ballarbeit auf dem Trainingsplan stand, musste sich der rumänische Trainer jedoch um 20 Schützlinge kümmern, denn König Carol II. konnte einem kleinen Kick nicht widerstehen.
Ein Sieg und eine Niederlage
Rumänien landete in der drei Teams umfassenden Gruppe drei, aus der nur der Gruppensieger ins Halbfinale einziehen würde. Im Auftaktspiel gegen Peru brauchte der 22-jährige Adalbert Desu gerade einmal 50 Sekunden, um sein Team in Führung zu bringen (nur acht Spieler haben in den bisher 19 Auflagen der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ ein schnelleres Tor geschossen, nämlich Hakan Sükür, Vaclav Masek, Ernst Lehner, Bryan Robson, Bernard Lacombe, Emile Veinante und Arne Nyberg).
Die Südamerikaner erzielten 15 Minuten vor Schluss den Ausgleichstreffer, aber die Rumänen ließen sich nicht unterkriegen. Von den Strapazen der langen Reise war ihnen nichts anzumerken, und sie markierten in Gestalt von Constantin Stanciu und Nicolae Kovacs zwei weitere Treffer und sicherten sich damit einen 3:1-Erfolg.
Als nächstes stand für Rumänien das Duell mit Uruguay auf dem Programm, das mit Spielergrößen wie José Andrade, José Nasazzi, Pedro Cea und Héctor Scarone aufwarten konnte. Die 0:4-Niederlage gegen den späteren Weltmeister war sicherlich nichts, wofür sich die Südosteuropäer schämen mussten.
Lang lebe die Legende
Der Fussball erfreute sich in Rumänien plötzlich ungeheurer Beliebtheit. Die Sportart machte in der Folge eine sehr positive Entwicklung durch und wurde zu einer Art nationaler Obsession. "Die Rumänen sind absolut fussballverrückt", sollte Gheorghe Hagi, der wohl berühmteste Sportler des Landes, später erklären. "Ihre Leidenschaft ist unbeschreiblich."
Carol II. dankte 1940 ab und verstarb 13 Jahre später in Portugal. Der Mann, dessen Vater aus Deutschland und dessen Mutter aus England stammte, ist jedoch in die Annalen der rumänischen Fussballgeschichte eingegangen. Er war die treibende Kraft, die in Rumänien die Begeisterung für das schönste aller Spieler entfachte.
Lang lebe die Legende dieses fussballverrückten Königs!