"Rote Teufel" erwachen zu neuem Leben

Bei der Glanzleistung Belgiens im zweiten Spiel in Gruppe E bei der UEFA EURO 2016 gegen Republik Irland (3:0) gehörte Thomas Meunier zu den großen Entdeckungen des Abends. Romelu Lukaku, der zwei Tore erzielte, und der zum Man of the Match gewählte Axel Witsel mögen besonders im Scheinwerferlicht gestanden haben, nachdem sie eine ihrem Status würdige Leistung gezeigt hatten. Meunier hingegen hatte erst sein sechstes Länderspiel bestritten und war zum ersten Mal in einem internationalen Turnier in der Startformation gestanden. Er ist außerdem der einzige noch in Belgien tätige Profi, der in Frankreich Einsatzzeit bekommen hat.

Dies hinderte den 24-jährigen Rechtsverteidiger nicht daran, Witsel eine Torvorlage aufzulegen und später Eden Hazard in Szene zu setzen, der daraufhin Lukaku den dritten Treffer der Partie servierte. "Ich habe mein Bestes gegeben, um in der Defensive unnachgiebig zu sein, und konnte etwas zum Angriff beitragen, wie ich das in Brügge gewöhnt bin", sagte Meunier bei der Pressekonferenz am Tag darauf.

In Belgien ist der ehemalige Stürmer dafür bekannt, sich gerne in die Offensive einzuschalten. Aber auch für seinen untypischen Werdegang im Vergleich zu den meisten anderen* Akteuren *dieser goldenen Generation, die in den besten europäischen Klubs brillieren. "Während die Anderen im Alter von 16 Jahren bei den Profis trainierten, hatte ich drei Mal pro Woche Training bei einem Provinzklub und ging zur Schule", erklärt der Akteur, der noch vor fünf Jahren in der dritten Liga spielte.

"Für mich war das ein guter Hintergrund. Was ich bei dieser Ausbildung der jungen Talente schade finde, ist, dass sie rund um die Uhr für den Fussball arbeiten. Die meisten Spieler, von denen es hieß, dass sie superstark seien, konnten sich nicht entfalten, weil es meiner Meinung nach zu viel für sie war. Ich konnte diese Fabrik vermeiden und es hat mir wirklich etwas gebracht", fährt Meunier fort.

Zweifel und Ehrgeiz Obgleich er also etwas länger warten musste als die anderen, um seine Chance in der Nationalelf zu bekommen, fühlt er sich keineswegs unwohl inmitten der vielen belgischen Stars. Sie sind ganz im Gegenteil voller Bewunderung für seinen ungewöhnlichen Aufstieg. "Sie wissen, dass es ein guter Werdegang war, weil ich in der dritten Liga angefangen habe und es zu Brügge und in die Nationalelf geschafft habe. Ich bin weder der erste noch der letzte, dem das gelungen ist. Auch Spieler wie Jamie Vardy, Hans Vanaken oder Timmy Simons kommen aus unterklassigen Vereinen und haben den Durchbruch geschafft. Ich bin stolz auf die Arbeit, die ich geleistet habe, und auf meine Anpassung an den Profifussball."

Dennoch räumt Meunier ein, dass ihn vor dem Debüt gegen Irland der Zweifel packte. "Ich hatte vor der Begegnung den Kopf voller Fragen. Ich habe mich gefragt, wie es ablaufen wird. Ich spiele nicht in Chelsea oder bei Manchester City und bin es nicht gewöhnt, solche Partien zu bestreiten. Doch als ich beim Aufwärmen auf dem Platz stand, habe ich mich super gut gefühlt. Ich war selbstbewusst und das Team hat alles dafür getan, damit ich mich wohlfühle."

Meunier hat einen langen Weg hinter sich und nun nicht vor, von diesem abzukommen. "Mein Ziel hier in der Nationalmannschaft ist, dem Auswahltrainer die Entscheidung so schwer wie möglich zu machen", erklärt der Verteidiger, der darauf hofft, dass ihm Marc Wilmots gegen Schweden erneut das Vertrauen ausspricht. "Wenn der Coach von meiner Leistung nicht überzeugt war, dann weiß ich auch nicht. Ich hoffe, am Mittwoch in der Mannschaft zu stehen. Er sieht, dass ich Selbstvertrauen habe und bestens in Form bin. Er weiß, welchen Beitrag ich leisten kann, deshalb erwarte ich gegen Schweden einen zweiten Einsatz in der Startelf. Falls es nicht so kommt, werde ich weiter arbeiten und abwarten, was die Zukunft bringt."

Und für die Zukunft richtet Meunier seinen Blick weiter nach oben. "Ich hätte in der breiten Öffentlichkeit und beim Trainer einen viel größeren Kredit, wenn ich bei einem großen europäischen Klub spielen würde anstatt in Brügge zu bleiben. Selbst wenn ich keinen europäischen Wettbewerb bestreiten würde, wäre das Niveau höher. Und allein schon für meine persönliche Entwicklung sollte ich diese Erfahrung wagen."