Kapitänin Erceg weist "Kiwis" den Weg

Abby Erceg hat es sich zur Gewohnheit gemacht, voranzugehen. 2014 erreichte die Spielführerin der neuseeländischen Nationalmannschaft als erster Fussballer - männlich oder weiblich - die Marke von 100 Länderspielen. Der Innenverteidigerin wird bald die Ehre zuteil, ihr Land als Kapitänin zu den Olympischen Spielen zu führen. Zum Auftakt von Rio 2016 spielen die Football Ferns in Belo Horizonte gegen den amtierenden Olympiasieger aus den USA.

Rio 2016 ist für Erceg das sechste weltweite Turnier mit dem A-Nationalteam, seit sie vor neun Jahren an der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2007 teilnahm. Doch vor all diesen Leistungen stand ein Auftritt bei der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft 2006. In Russland gelang Erceg natürlich ebenfalls eine historische Tat, als sie das erste Tor Neuseelands in dieser Alterskategorie erzielte.

Für Erceg, die maorische und kroatische Wurzeln hat, spielte dieser Wettbewrb eine entscheidende Rolle für ihre Entwicklung, die bis heute nachwirkt. "Das U-20-Erlebnis war riesig für mich", sagt Erceg im Gespräch mit FIFA.com. "Du erhältst das Rüstzeug, um dich als Spielerin zu entwickeln und im Erwachsenenbereich auf internationalem Niveau zu spielen. Außerdem genießt du sehr viel individuelles Training. Das hilft dir, dich technisch zu verbessern, wovon du deine ganze Karriere lang profitierst. Vieles von dem, was ich damals gelernt habe, mache ich heute noch so und habe es meine ganze Karriere lang getan."

Die Verteidigerin, die ebenso ruhig und besonnen spricht, wie sie auf dem Platz agiert, ist sogar der Meinung, dass die U-20-Frauen-WM für angehende A-Nationalspielerinnen ein entscheidender Schritt in ihrer Entwicklung ist. "Bei der U-20 habe ich wahnsinnig viel gelernt", sagt Erceg. "Ich hatte vorher noch nie auf internationaler Ebene gespielt. Als ich mit 16 erstmals zur A-Nationalmannschaft eingeladen wurde, dachte ich: 'Ich werde es nie auf dieses Niveau schaffen, das ist zu schwer.' Der Abstand zwischen der U-20 und dem A-Nationalteam war riesig. Aber ich glaube, dass dieser Graben mit der Entwicklung des Frauenfussballs weltweit ein wenig kleiner geworden ist."

Der neueste U-20-Jahrgang der Kiwis wird nun die seltene Gelegenheit haben, in seiner Heimatregion auf der weltweiten Bühne zu glänzen, denn Ende des Jahres richtet Papua-Neuguinea erstmals in seiner Geschichte ein FIFA-Turnier aus. Es wird der Abschluss eines ereignisreichen Jahres für den neuseeländischen Frauenfussball sein, denn zuvor finden die Olympischen Spiele in Rio und die FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft in Jordanien statt.

Olympia-Träume Als erstes steht nun das Olympische Fussballturnier auf dem Programm, in dem es die Neuseeländerinnen in eine ungemein starke Gruppe mit den USA, Frankreich und Kolumbien verschlagen hat. Vier Jahre zuvor war den Football Ferns in London 2012 mit dem Einzug ins Viertelfinale eine historische Leistung gelungen.

Die derzeit bei Western New York Flash in der U.S.-amerikanischen NWSL unter Vertrag stehende Erceg macht keinen Hehl daraus, dass die Olympischen Spiele derzeit ihre Gedanken bestimmen. "Es ist immer im Hinterkopf", räumt sie ein. "Ich denke an das, was ich verbessern oder tun kann, um meinem Team in Rio so gut wie möglich zu helfen. Es steht sehr stark im Fokus."

"Jedes Team verbessert sich ständig, das ist Fakt", sagt Erceg auf die Frage nach dem zunehmend höheren Status, den Neuseeland derzeit weltweit genießt. "Wir haben einige gute Ergebnisse erzielt, aber das hat jedes Team. Wir haben zwei der drei besten Mannschaften weltweit in der Gruppe, also werden wir eine bessere Leistung als je zuvor zeigen müssen."

An Erfahrung mangelt es Neuseeland gewiss nicht. Die Akteurinnen der Startformation beim letzten Länderspiel gegen Australien brachten es zusammen auf rund 900 Länderspiele. Eine beeindruckende Zahl für eine Nationalmannschaft. Erceg sagt, dass die besondere Herausforderung darin liege, aus dieser geballten Kompetenz das Beste herauszuholen.

"In früheren Turnieren fehlte uns die Erfahrung. Wir waren ein Team, dass sich die Lunge aus dem Leib gerannt hat, ohne gute Ergebnisse zu erzielen", sagt Erceg. "Nun gehören wir zu den erfahrensten Mannschaften. Das ist eine starke Waffe, die wir hoffentlich zu unserem Vorteil nutzen können. Wir verfügen über sehr große Erfahrung und viele Spielerinnen wissen, wie wir diesen Teams wehtun können."