Ein einziges Spiel trennt die nunmehr vier verbliebenen Teams vom Finale der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft Jordanien 2016. Zur Erholung bleibt kaum noch Zeit: Die Konzentration steigt, die Gegner müssen studiert und die taktischen Pläne erarbeitet werden, bevor die Spielerinnen auf den Platz marschieren.
Drei Spiele in der ersten Runde und ein Viertelfinale reichen aus, um die besonderen Merkmale der vier Halbfinalteilnehmer zu skizzieren. FIFA.com präsentiert die wichtigsten Statistiken und Fakten, die erahnen lassen, was uns im Halbfinale erwartet.
Offensivstärke und defensive Stabilität
Seit der Auslosung wurde vermutet, dass es zu einer Neuauflage des Finales von Costa Rica 2014 zwischen Japan und Spanien kommen könnte. Nun aber treffen die beiden Teams schon eine Runde früher aufeinander. Es wird allgemein ein hochklassiges Spiel erwartet, in dem die offensive Durchschlagskraft der Japanerinnen auf die solide Verteidigung der Spanierinnen trifft.
Japan stellt mit 16 Toren in vier Partien den besten Angriff des Turniers. Der spanischen Nationaltrainerin wird insbesondere die Tatsache schlaflose Nächte bereiten, dass die Gefahr gegen Japan von allen Seiten droht. Sieben verschiedene Spielerinnen haben sich bisher in die Torschützenliste eingetragen. Die erfolgreichste Akteurin mit vier Treffern ist Riko Ueki, die zugleich drei Mal als beste Spielerin des Spiels ausgezeichnet wurde. Sie stellt zweifellos eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar, ist aber bei Weitem nicht die einzige Bedrohung.
Nach dem Sieg gegen England sagte Trainer Kusunose: "Unsere Spielweise bezeichne ich als japanische Methode. Die Mädchen zeichnen sich durch ihre Technik, Schnelligkeit und mannschaftliche Geschlossenheit aus." Die im Viertelfinale zweifache Torschützin Ueki teilt seine Ansicht: "Ich habe nicht an das dritte Tor gedacht, als ich alleine vor der Torhüterin stand. Ich spiele den Ball lieber an meine Kollegin ab. Wir arbeiten stets daran, uns kollektiv zu verbessern."
Dank permanentem Angriffs- und Ballbesitzfussball kassieren die Japanerinnen sehr wenige Gegentore. Mit Pressing halten sie die Gefahr vom eigenen Kasten fern, so dass sie lediglich im letzten Gruppenspiel gegen die USA zwei Gegentreffer hinnehmen mussten. Aber die Torhüterin Momoko Tanaka und ihre Vorderleute wissen, dass ihnen die schwerste Prüfung erst noch bevorsteht. Gegen La Rojita werden sie besonders konzentriert sein müssen.
Die Spanierinnen verfügen einerseits über eine sichere Defensive mit robusten Akteurinnen und taktischer Disziplin, angeführt von der Torhüterin Noelia Ramos. Die Keeperin zeigte vor allem im Viertelfinale gegen Deutschland ihre ganze Klasse, wie die Nationaltrainerin Toña Is im Gespräch mit FIFA.com betonte: "Noelia war fantastisch, aus diesem Grund ist sie unsere Nummer eins bei diesem Turnier."
Das bedeutet indes nicht, dass Spanien eine abwartende Spielweise bevorzugt. Toña Is arbeitet schon an einer Taktik, um die Japanerinnen zu überraschen. Sie kann auf eine Offensive bauen, die bereits elf Tore erzielt und 98 Torschüsse abgefeuert hat, von denen 34 in Richtung Ziel flogen. Was die Offensivstärke betrifft, sind die beiden Teams praktisch ebenbürtig. Die Spanierinnen werden aber darauf hoffen müssen, dass Lorena Navarro nach ihren fünf Toren in der Auftaktpartie wieder zu alter Treffsicherheit findet, denn in den restlichen Spielen überließ sie es vier ihrer Teamkameradinnen, die Tore zu schießen.
Schnelligkeit versus Technik
Die zweite Begegnung zwischen Korea DVR und Venezuela könnte auf ein Duell zwischen Schnelligkeit und Technik hinauslaufen. Die Nordkoreanerinnen nutzen ihre blitzschnellen Vorstöße, um die gegnerischen Abwehrreihen zu durchbrechen und Überzahlsituationen herzustellen. Das erklärt, warum sie mit elf Toren und 76 Torschüssen den fünftbesten Angriff stellen.
Nach der Auftaktpartie gegen England hob Sung Hyang Sim, die mit einem Tor und zwei Vorlagen als Spielerin des Spiels ausgezeichnet wurde, zudem die kollektive Stärke des Teams hervor: "Ich will der Mannschaft dienen. Man muss den Ball derjenigen Spielerin geben, die in der besten Schussposition ist. Was zählt, ist der Sieg." Ri Hae Yon, die vier Tore und eine Vorlage auf dem Konto hat, pflichtet ihr bei: "Wenn ich die Wahl hätte, würde ich lieber keine Tore schießen und dafür den Pokal holen. Das ist das Ziel von uns allen."
Das Team aus Venezuela kann diese hohe Hürde aber möglicherweise dank seiner technischen Fähigkeiten meistern. Nachdem Deyna Castellanos in Costa Rica 2014 mit dem goldenen Schuh ausgezeichnet wurde, erwarteten die Fans gespannt ihren Auftritt in Jordanien 2016. Doch im verlorenen Auftaktspiel gegen Deutschland blieb sie ohne Treffer und überraschend blass. Doch sie erholte sich schnell und erzielte gegen Kamerun zwei Tore - eines von der Mittellinie aus -, einen spektakulären Treffer gegen Kanada und zwei weitere Traumtore gegen Mexiko. Castellanos liegt mit fünf Treffern an der Spitze der Torjägerliste der aktuellen Auflage und ist insgesamt die erfolgreichste Schützin in der Geschichte des Wettbewerbs.
Nach dem Viertelfinalsieg erklärte die bescheidene Angreiferin: "Nein, mein Fuß ist nicht aus Gold. Es ist das Ergebnis der langen Vorbereitung auf dem Platz mit meinen Teamkameradinnen. Ich widme meine Tore all denjenigen, die mich unterstützen, unsere Familien und dem venezolanischen Volk. Wir wollen unseren Lauf fortsetzen."
Die jordanischen Fans können sich auf zwei spannende Halbfinalpartien freuen, die mit Sicherheit in die Geschichte eingehen werden.