Die Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ befindet sich auf der Zielgeraden: Kurz vor der Auslosung der Gruppen in Doha am 1. April stehen in allen Konföderationen vom 17. bis zum 31. März entscheidende Partien an. Und wenn uns die Geschichte eins gelehrt hat, dann, dass die WM-Qualifikation immer für eine Überraschung gut ist. Wider Erwarten von vielen Fussballexperten steht am 24. März nämlich nicht die Schweiz, sondern Italien im Halbfinale der Playoffs. Der amtierende Europameister verspielte sich nämlich an den letzten beiden Spieltagen mit zwei Unentschieden gegen die Schweiz und Nordirland die Tabellenführung und damit auch das direkte WM-Ticket nach Katar. Die Nati hingegen konnte nach dem 4:0-Triumph am letzten Spieltag gegen Bulgarien die fünfte WM-Qualifikation in Folge feiern.

Und nun kann ganz Italien in Schockstarre versetzt werden, wenn es Nordmazedonien gelingt, die Azzurri am kommenden Donnerstag in den Playoffs zu besiegen. Deswegen blicken wir heute auf sechs historische Duelle in der WM-Qualifikation zurück, deren Ausgang durch die beteiligten Mannschaften so nicht vorherzusehen war.

Mit dieser Qualifikation hatte wohl kaum jemand gerechnet. Am 11. Oktober 2017 stand fest: Die Canaleros würden 2018 in Russland das erste Mal überhaupt an einer Weltmeisterschaft teilnehmen. Und diesen Traum verwirklichten sie unter dramatischen Bedingungen: Nachdem sie nur ein paar Tage zuvor 0:4 in den USA verloren hatten, lagen sie in der entscheidenden Partie gegen Costa Rica mit 0:1 zurück. In der zweiten Halbzeit gelang den Panamaern der Ausgleich und Román Torres wurde zwei Minuten vor Schluss zum Helden der Partie, nein, zum Helden einer ganzen Nation. Der Innenverteidiger verwandelte mit einem wunderschönen Volley und versetzte Panama in pure Ekstase. Der Präsident rief nach dem Sieg einen Nationalfeiertag im Land aus und alle Beschäftigten des privaten und öffentlichen Sektors sowie die Schulkinder bekamen frei, um diesen historischen Erfolg feiern zu können. Aber ganz nach dem Motto “Des einen Freud, des anderen Leid” mussten die USA verkraften, dass sie das erste Mal nach 32 Jahren nicht an einer Endrunde teilnehmen würden – eine historische Überraschung der WM-Qualifikation in der Concacaf-Zone.  

Als die Qualifikation für Südafrika 2010 lief, konnte Saudiarabien bereits vier Teilnahmen an der Endrunde des prestigeträchtigsten Turniers der Welt zählen – da sollte es doch ein Leichtes sein, sich gegen das unerfahrene Team der Korea DVR durchzusetzen. Die Grünen Falken benötigten drei Punkte aus dem letzten Spiel der Gruppe C, das am 17. Juni 2009 in Riad stattfand, während dem Gegner nach dem Hinspiel-Erfolg ein Unentschieden ausreichte.

Angeführt von den Stars Yasser Al Qahtani und Nayef Hazazi gingen die Gastgeber in die Offensive und hatten auch zahlreiche Chancen, aber der nordkoreanische Torhüter Ri Myong Guk wehrte einen Ball nach dem anderen ab. Eine Minute vor Schluss wurde die nordkoreanische Elf dann noch auf die letzte harte Probe gestellt: Kim Yong Jun erhielt die Rote Karte, aber die nordkoreanische Abwehr knickte nicht ein. Mit dem Unentschieden qualifizierte sich Korea DVR zum ersten Mal seit 44 Jahren für eine FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™.

Eine weitere handfeste Überraschung erlebte die Fussballwelt im Oktober 2005: Durch den Sieg gegen Kongo stand fest, dass Togo das erste Mal überhaupt an einer FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ teilnehmen würde – und das, obwohl das Team gegen eine senegalesische Auswahl antrat, die es bei der WM 2002 bis ins Viertelfinale geschafft hatte. Diesen Erfolg hatten die Togolesen dem direkten Aufeinandertreffen zwischen den Teams zu verdanken:  Im togolesischen Lomé setzten sie sich mit 3:1 durch, in Dakar erspielten sie ein Remis. Und hier kann man wirklich von Sechspunktespiel sprechen: Mit 23 Punkten und zwei Punkten Vorsprung vor Senegal belegten sie den ersten Platz in ihrer Qualifikationsgruppe und fuhren zur WM 2006 in Deutschland. 

In Europa erlebten die Three Lions wohl ihren größten Schock überhaupt bei der Qualifikation für die FIFA-Fussball Weltmeisterschaft Deutschland 1974™. Nachdem sie noch 1966 im eigenen Land mit  Trainer Sir Alf Ramsey den Pokal in die Höhe reißen konnten, mussten sie am 17. Oktober 1973 der Wahrheit ins Auge blicken, dass sie nicht zur Endrunde nach Deutschland fahren würden. Aber was war geschehen? Für die Engländer musste im Heimspiel gegen Polen unbedingt ein Sieg her und trotz des wackelnden Stuhls von Sir Alf Ramsey waren sich die Engländer sicher: Das schaffen wir! Vor dem Spiel bezeichnete Englands Trainerlegende Brian Clough den polnischen Torhüter, der mit gelbem Trikot, roter Hose und weißen Stutzen spielte, als "Zirkusclown mit Handschuhen"– aber da Hochmut bekanntlich vor dem Fall kommt, blühte genau das den Engländern. Denn der „Zirkusclown“ Jan Tomaszewski wahrte trotz englischer Dauerbelagerung eine weiße Weste. Und dann ging Polen in der 55. Minute dank des Treffers von Jan Domarski in Führung. Ein Elfmeter für England brachte den Anschlusstreffer, aber über ein Unentschieden kamen sie nicht h. Die Statistik zählte danach 35 Torschüsse auf Seiten der Engländer und zwei auf Seiten der Polen – der "Zirkusclown" wurde zum Star des Abends.

Die südamerikanische Qualifikation für die FIFA Fussball Weltmeisterschaft Mexiko 1970™, die damals in insgesamt drei Gruppen ausgetragen wurde, ging ebenfalls in die Geschichtsbücher ein: Es war die erste und einzige Weltmeisterschaft, für die Argentinien sich nicht qualifizieren konnte. In Gruppe 1 trafen sie auf Bolivien und Peru und hatten gewissermaßen eine Favoritenrolle. Die Argentinier hatten ihre 6. WM-Teilnahme in Aussicht, während Bolivien erst zweimal bei der Endrunde dabei war und die Peruaner sogar nur einmal. Aber für die Argentinier lief es überhaupt nicht nach Plan: aus drei Spielen konnten sie nur einen Sieg mitnehmen – im letzten Spiel gegen den direkten Konkurrenten Peru im Kampf um das WM-Ticket musste ein Sieg her! Die Blanquirroja rund um den offensiven Mittelfeldspieler Teófilo Cubillas hatte bereits zweimal gewonnen und es reichte ein Unentschieden. Am 31. August 1969 kam es dann zum Showdown, aber für die Argentinier reichte es nicht: Mit dem 2:2 Remis und dem Punkt qualifizierten sich die Peruaner für Mexiko 1970 – und spielten sich mit ihrem Star Cubillas für immer in die Herzen der Nation. 

Wir sind gespannt, welche Geschichten bei den entscheidenden Partien noch dazu kommen werden.