FIFA U-17-Frauen-WM: Hoffnung für Flüchtlinge

Sie sind vor dem Krieg in Syrien geflohen und wurden in Jordanien aufgenommen. Nun leben sie in den Flüchtlingslagern der Region Al Mafraq. Sie hofften auf eine schnelle Rückkehr in ihr Land und dass der Krieg nicht lange andauern würde. Doch aus Wochen wurden Monate und aus Monaten Jahre und aus Syrern wurden Flüchtlinge.

Bekannt ist das Flüchtlingslager Al Zaatari. Zehntausende Syrer leben dort dichtgedrängt in behelfsmäßigen Behausungen. Sie werden mit dem Nötigsten versorgt und ihre Situation hat sich verbessert, ansonsten aber sind die Aussichten für Jung und Alt eher trist. Wenn man durch die Straßen des Lagers geht, stellt man rasch fest, dass jeder freie Platz zum Stadion wird. Auf einem davon sind dreihundert syrische Mädchen im Alter zwischen sechs und vierzehn Jahren versammelt. Sie wurden zu einem besonderen Ereignis eingeladen. Aus allen Ecken und Enden des Lagers sind sie zusammengeströmt, haben sich in Reih und Glied aufgestellt und sich gefragt, was sich an diesem Tag wohl Großes ereignen wird.

Wenige Augenblicke später wissen sie es: Sie dürfen die Trophäe der U-17-Frauen-Weltmeisterschaft bewundern. Prompt sind alle Augen auf den wertvollen Pokal gerichtet. Fotos werden gemacht. Danach werden Trikots, Bälle und Taschen verteilt, die die FIFA ins Flüchtlingslager mitgebracht hat, damit die Mädchen in ihrer neuen Umgebung Fussball spielen können.

FIFA-Vertreterin Honey Thaljieh erklärt dazu: "Wir sind ins Flüchtlingslager Al Zaatari gekommen, um mittels Fussball eine Botschaft zu verkünden, die ausnahmslos für die ganze Welt gilt. Natürlich ist der Fussball keine Lösung für bewaffnete Konflikte und natürlich kann der Fussball keinen Krieg beenden, aber er kann Flüchtlingen Hoffnung geben, die vor dem Krieg geflohen sind. Jeder, der unter solchen Umständen seine Heimat verlassen muss, sollte menschenwürdig leben können. Heute zeigen die jungen Syrerinnen hier, dass sie ein menschenwürdiges Leben verdienen und dass sie sich in andere Gesellschaften integrieren können. Sie sind jung, aber sie haben große Träume und das ist die Botschaft, die wir ihnen mit auf den Weg geben wollen: traut euch zu träumen. Der Fussball und die Trophäe der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft haben diesen Mädchen das Lächeln zurückgegeben."

Die Veranstaltung war Teil der Besuche, die das Lokale Organisationskomitee der U-17-Frauen-WM in Zusammenarbeit mit dem Team des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), dem Jordanischen Fussballverband und den jordanischen Behörden geplant hat. Alle Kinder und ihre Trainer sind Teil eines langfristig angelegten Projekts, welches das Asian Football Development Project (AFDP) im Lager mit Partnern wie der UEFA Foundation for Children und dem Norwegischen Fussballverband (NFF) umgesetzt hat. Der Pokal reist durch das ganze Land, um die Bevölkerung Jordaniens auf das Turnier aufmerksam zu machen – das bisher größte Sportereignis im Königreich.

Wachsende Hoffnungen "Der Fussball gibt mir Selbstvertrauen und entspricht meinen Vorstellungen", sagt die 13-jährige Syrerin Shayma Al-Natour, die mit ihrer Familie aus der Stadt Daraa geflohen ist. Dann fügt sie hinzu: "Ich habe mit zehn Jahren angefangen, Fussball zu spielen, auf der Straße, mit den Jungs. Der Sport hat mir gefallen und ich habe auf allen Positionen gespielt, bis ich mich entschieden habe, Torhüterin zu werden. Ich finde nämlich, dass die Torhüterin das Fundament der Mannschaft ist und verhindern kann, dass man verliert."

"Ich möchte sagen, dass alle geflohenen Syrer, auch wir hier im Flüchtlingslager, es verdienen zu leben", so Shayma weiter. "Für mich ist der Fussball ein wichtiger Teil des Lebens, weil man sich darin ausdrücken und seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann. Für ein paar Stunden am Tag kann man all das Unglück vergessen."

Im Anschluss an die Veranstaltung bestreiten die Mädchen einige Spiele in Siebenerteams. Eine Spielerin fällt dabei durch besonders gute Technik und Schussstärke auf. Gegentore hingegen kann sie offensichtlich überhaupt nicht leiden, denn nach jedem einzelnen schimpft sie lautstark mit ihren Mitspielerinnen. Ihr Name ist Anfal Al-Jalam, und sie ist 14 Jahre alt. Nach dem Abpfiff fragen wir sie, was sie mit dem Fussball verbindet. "Für mich gibt es im Moment nichts Wichtigeres", erklärt sie uns daraufhin. "In diesem Flüchtlingslager gibt mir der Fussball Hoffnung für das Leben. Ich trainiere zwei Stunden am Tag, in denen ich glücklich bin. Ich werde es einfach nicht leid, dem Ball hinterherzujagen und aufs Tor zu schießen."

"Seit zwei Jahren spiele ich in der Mannschaft der finnischen Organisation und nehme an allen Veranstaltungen hier teil. Vor ein paar Wochen habe ich mit dem deutschen Star Mesut Özil zusammengespielt, der das Lager besucht hat. Heute ist der Traum dank der Trophäe der U-17-Frauen-Weltmeisterschaft noch etwas größer geworden. Als ich sie gesehen habe, war ich ganz euphorisch. Deshalb war ich auch so sauer auf meine Mitspielerin, als sie den Ball ins Tor gelassen hat." Anfal und ihre Mannschaftskameradinnen lachen. "Die WM-Spiele finden hier statt, in Jordanien!", freut sich Anfal dann. "Es wäre toll, wenn ich in Zarka live dabei sein könnte. Das ist nicht weit von hier entfernt. Wer weiß, vielleicht stehe ich eines Tages selbst bei einem großen Turnier auf dem Platz."

Schließlich geht ein schöner Tag im Stadion des Flüchtlingslagers Al Zaatari zu Ende. Die Mädchen packen ihre Sachen und verabschieden sich vom Pokal. Bei einem Mädchen leuchten die Augen besonders, als es zusieht, wie die Trophäe wieder in ihrer Kiste verstaut wird. Wir fragen nach dem Grund und erhalten blitzschnell die Antwort: "Ich habe mir vorgestellt, dass ich diesen Pokal gewonnen habe und in Händen halte", sagt die 13-jährige Khitam Ali und lächelt. Sie stammt aus einem Vorort von Damaskus und spielt seit drei Jahren aktiv Fussball.

Wir fragen sie, was sie dazu animiert hat. "Mein Vater liebt Fussball und sieht sich alle Spiele an", erwidert Khitam. "Wenn der saudische Klub Al Ahli spielt, sitzt er gebannt vor dem Fernseher. Ich habe ihn nach dem Grund gefragt und er sagte: 'Omar Al Somah' . Da bekam ich Lust, auch einmal gegen den Ball zu treten. Ich spiele mit den Mädchen im Lager und verfolge die Spiele mit meinem Vater. Fussball gehört inzwischen zu den wichtigsten Dingen in meinem Leben."

Für die Mädchen im Flüchtlingslager war es also ein schönes Erlebnis, die Trophäe der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft bewundern zu können. Sie haben dadurch viel Hoffnung für die Zukunft geschöpft, in der der Fussball hoffentlich helfen kann, den Schmerz der Flüchtlinge etwas zu lindern.