Meskerem Goshime und Emma Evans waren als Beobachterinnen zum Seminar des FIFA Trainerinnen-Mentorenprogramm in Lissabon eingeladen
Beide Konföderationen konzentrieren sich trotz zahlreicher geografischer und kultureller Unterschiede auf die Verbesserung von Chancen für Trainerinnen
Die FIFA Frauen-WM in diesem Jahr wird für eine deutlich höhere Nachfrage nach Teilhabe sorgen und es gibt verschiedene Pläne, diese Situation bestmöglich zu nutzen
Zwischen Auckland und Lissabon liegen 20.000 Kilometer, doch weder die riesige Distanz noch der unvermeidliche Jetlag konnten Emma Evans davon abhalten, beim FIFA Trainerinnen-Mentorenprogramm in Portugals Hauptstadt dabei zu sein, als vor einem Monat der zweite Workshop stattfand.
Evans arbeitet seit viereinhalb Jahren für die Ozeanische Fussball-Konföderation (OFC) und ist dort Leiterin der Abteilung Frauenfussball. Dass sie und Meskerem Goshime, ihr Gegenstück aus Afrika, Ende Mai in Lissabon dabei waren, ist der leitenden technischen Entwicklungsmanagerin für den Frauenfussball, Belinda Wilson zu verdanken.
"Dies ist die zweite Auflage des Programms. Bisher waren allerdings Trainerinnen aus Afrika und Ozeanien unterrepräsentiert", so Wilson. "Mit der Einladung für Emma und Meskerem teilen wir unsere Methodik und suchen den Kontakt zu mehr Trainerinnen, damit auch sie die Möglichkeit bekommen, vom Trainerinnen-Mentorenprogramm zu profitieren."
Die OFC hat ihren Sitz zwar im neuseeländischen Auckland, doch die elf Mitgliedsverbände sind über einen großen Teil des Pazifiks verstreut.
"Die geografische Ausdehnung unserer Region ist riesig", so Evans. "Wir haben zwar einige Länder mit ziemlich geringer Bevölkerung, doch einige bestehen aus hunderten kleinen Inseln. Auf manchen davon leben vielleicht nur ein paar hundert Menschen. Es geht darum, Bildung für alle zugänglich zu machen.
In einigen Ländern gibt es auch immer wieder Probleme mit der Online-Verbindung, so dass wir flexibel sein müssen. Genau an dieser Stelle setzt das FIFA Trainerinnen-Mentorenprogramm an, denn es handelt sich nicht nur um einen einmaligen Kurs, sondern vielmehr um eine persönliche Betreuung und Unterstützung. Für uns ist es von großem Nutzen zu sehen, wie es auf globaler Ebene gemacht wird. Wir wollen versuchen, so etwas in unserer Region zu wiederholen."
Meskerem Ghoshime ist vom Sitz der afrikanischen Fussballkonföderation CAF in Kairo nach Lissabon gereist. Sie steht oft vor ganz ähnlichen Herausforderungen wie Evans.
"Wir machen in Afrika große Fortschritte im Frauenfussball - die amtierenden CAF-Afrikameisterinnen werden von einer Frau trainiert -, aber wir wissen auch, dass wir noch viel tun können, um uns zu verbessern. Wir haben Mitgliedsverbände, die sich sehr auf die Trainerausbildung konzentrieren und bereits viele Trainer ausgebildet haben, während andere Mitgliedsverbände nicht über diese Art von Kapazitäten verfügen und die Zahl der Frauentrainerinnen gering ist", so die aus Äthiopien stammende Leiterin der CAF-Abteilung Frauenfussball.
"Es gibt bei uns Mitgliedsverbände, die sich stark auf die Ausbildung von Trainerinnen konzentrieren und schon eine beträchtliche Anzahl hervorgebracht haben, während andere Mitgliedsverbände nicht die entsprechenden Möglichkeiten haben und dort die Anzahl der Trainerinnen noch sehr gering ist.
Wir arbeiten daran, mehr Trainerkurse für Frauen zu organisieren. Diese Art des Trainerinnen-Mentorenprogramm kann sich als wichtiger Weg erweisen, um dies zu erreichen."
Der Frauenfussball entwickelt sich derzeit global mit atemberaubenden Tempo. Um mithalten zu können, sind nach Wilsons Überzeugung verbesserte Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten für Trainerinnen absolut unverzichtbar.
"Ich hatte schon zahlreiche Positionen im Fussball inne, vom Breitensport bis hin zu Nationalteams, und nun auch bei der FIFA. Der Frauenfussball entwickelt sich in einem enormen Tempo, und das gefällt mir sehr. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass wir ein starkes Fundament aufbauen müssen", sagte Wilson mit Nachdruck.
Traditionell gab es für Trainerinnen bislang eigentlich nur einen vorgezeichneten Weg. Beginnend bei einem Nachwuchs-Nationalteam versuchten sie, sich bis zur Assistenztrainerin oder Cheftrainerin des A-Nationalteams hinaufzuarbeiten. Die fortschreitende Professionalisierung im Frauenfussball und in den Ligen sorgt nun für eine bessere Zugänglichkeit und lässt neue Karrierewege entstehen.
"Ich denke, man muss bei den Nationalteams verstehen, was im Klub-Bereich vor sich geht, und umgekehrt. Ich halte das für ein wichtiges Thema, über das in den nächsten Jahren ständig diskutiert werden muss", so Wilson weiter.
"Bei der Trainerausbildung geht es ja nicht nur darum, einen Kurs zu besuchen und eine Lizenz zu erwerben. Es geht darum, das Wissen in die Praxis umzusetzen. Wir haben Mitgliedsverbände, in denen es konsistente Wege gibt, und das ist prima. Doch es gibt auch Lücken. Wenn man davon träumt, Trainerin im Seniorenbereich zu werden, ist es sehr wichtig, dass Möglichkeiten zur Weiterbildung in die bestehenden Wege integriert werden."
Am 20. Juli beginnt die neunte Auflage der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ mit 32 Teams, dem größten Teilnehmerfeld aller Zeiten. Wenn die besten Spielerinnen der Welt um die Trophäe kämpfen, wird der Frauenfussball weltweit wieder im Mittelpunkt stehen. Dieser Moment wird für die Australierin Wilson sicher "überaus emotional."
Für Evans und Goshime steht fest, dass dieses Turnier eine unglaubliche Gelegenheit bietet, die Teilhabe weiter zu steigern.
"In der OFC haben wir eine Strategie für den Frauenfussball namens All In. Damit wollen wir versuchen, den Schwung und die Begeisterung zu nutzen, die durch die FIFA Frauen-WM in unserer Region erzeugt werden.
Wir versuchen, die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ überall im Pazifikraum zu zeigen. Wir wollen, dass sie überall sichtbar ist. Wir wollen Barrieren überwinden, damit alle bestmöglich mitfiebern können. Daher richten wir zahlreiche Fanzonen und -zentren ein.
Hoffentlich inspiriert dies nicht nur möglichst viele junge Mädchen und Jungen, selbst zu spielen, sondern überzeugt auch die Eltern, dass Frauenfussball ein möglicher Karriereweg für ihre Töchter und für ihre Enkelinnen ist und dass es sich lohnt, dies zu unterstützen. Wir verfolgen hier einen ganzheitlichen Ansatz und sorgen dafür, dass die Infrastruktur und die Entwicklungswege vorhanden sind, wenn die Mädchen die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ sehen."
Auch in Afrika hat sich die Entwicklung des Frauenfussballs enorm beschleunigt, so sehr, dass es selbst eine langjährige überzeugte Anhängerin wie Goshime überrascht.
"Die Qualifikation für den CAF Afrikanischen Nationen-Pokal hat uns die enormen Fortschritte im Frauenfussball in verschiedenen Mitgliedsverbänden eindrucksvoll vor Augen geführt. Dass Mädchen in rekordverdächtiger Anzahl in die Stadien kamen, um Frauenfussball zu sehen, war für uns neu und ist ein echter Wendepunkt."
Bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ treten neben Nigeria und Südafrika mit Sambia und Marokko zwei afrikanische Debütanten an. Das Interesse in den neuen Gebieten wird enorm sein. Südafrikas Cheftrainerin Desiree Ellis, die im Rahmen des Trainerinnen-Mentorenprogramm als Mentorin tätig ist, und zwei der Mentees in Lissabon, nämlich Maggie Chombo (Trainerin der U-20-Auswahl Malawis) und Shilene Boysen, sind fest als Unterstützerinnen für die CAF eingeplant.
"Desiree, Maggie und Shilene arbeiten für uns als Instruktorinnen. Im September haben wir einen Instruktorenkurs für Frauenfussball geplant. Wir arbeiten zudem bei der Entwicklung eines eigenen Mentor-Mentee-Programms für Trainerinnen sehr eng mit der FIFA zusammen und setzen darauf, dass die drei Frauen ihre Erfahrungen mit anderen Instruktorinnen teilen werden", so Meskerem Goshime.
Die FIFA verfolgt ihre Ziele mit fünf strategischen Pfeilern:
1. Entwicklung und Wachstum
Im Zentrum steht die Förderung des Frauenfussballs auf und neben dem Platz sowie auf allen Stufen. Die FIFA unterstützt ihre Mitgliedsverbände bei der lokalen Fussballförderung, um die Beteiligung der Frauen zu sichern und zu steigern und dafür zu sorgen, dass Mädchen und Frauen klar definierte Angebote haben, um zu spielen sowie ihren Sport zu organisieren und zu regeln.
3. Kommunikation und Vermarktung
Die FIFA wird die Präsenz und den Geschäftswert des Frauenfussballs steigern.Um den Frauenfussball stärker in den Blickpunkt zu rücken und sein Potenzial auf allen Stufen auszuschöpfen, unterstützt die FIFA zum einen ihre Mitgliedsverbände und maximiert zum anderen die Vermarktung ihrer eigenen Wettbewerbe.