Gemeinsames Engagement der FIFA und der ozeanischen Fussballkonföderation (OFC) zur technischen Entwicklung der Region
70 % der Mädchen und Frauen in der Region zu wenig aktiv
Momentum und Begeisterung der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™ als Triebfedern für die OFC-Frauenfussballstrategie „All In“
Die Entscheidung bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Australien & Neuseeland 2023™ rückt immer näher. Dank zahlreichen Superlativen auf und neben dem Platz wird dieses historische Turnier zweifellos noch lange über das Finale am 20. August im Australia-Stadion hinaus in Erinnerung bleiben. In Ozeanien wird viel unternommen, damit das Momentum weit über das einmonatige Eliteturnier hinausreicht. So werden analog zu anderen Ländern Grundlagen gelegt und ausgebaut, wie das FIFA-Seminar zum Wissensaustausch Ende Juli in der neuseeländischen Hauptstadt beweist.
April Heinrichs, die als Hochleistungsspezialistin für die FIFA-Technikdivision tätig ist, vergleicht den Status quo der ozeanischen FIFA-Mitgliedsverbände mit einer schriftlichen Strategie für die langfristige Entwicklung von Spielerinnen. Jeder Verband musste mit einer SWOT-Analyse seine Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken ermitteln. Als positive Punkte wurden u. a. die steigende Zahl der Wettbewerbe und das Renditepotenzial erwähnt. Demgegenüber stehen in einigen Ländern der Mangel an Investitionen, der dazu führt, dass viele Mädchen und Frauen weder auf noch neben dem Spielfeld die gleichen Chancen im Fussball haben wie Männer.
Emma Evans unterstützt als OFC-Frauenfussballmanagerin die weitere Förderung des Frauenfussballs in einer Region, die nur 0,4 % der bewohnbaren Fläche der Erde ausmacht. Evans spielte selbst Fussball, musste wegen verschiedener Knieverletzungen ihre Spielerkarriere aber frühzeitig beenden und wechselte daher mit Mitte 20 in den Trainer‑ und Förderbereich.
Die Chancen und die Herausforderungen in der Region sind gross, wie ihre Präsentation vor den versammelten technischen Direktoren und Generalsekretären zeigte. Obwohl 97 % der Mädchen im Pazifikraum angeben, dass Sport sie glücklich mache, gelten 70 % der Mädchen und Frauen in der Region als zu wenig aktiv.
Das Fehlen regelmässiger Wettkämpfe ist in einigen Ländern und auf einigen Inseln Hauptgrund dafür. Anderswo verhindern Familienstrukturen, der Einfluss der Kirche oder das bei Athletinnen fehlende Sicherheitsgefühl eine stärkere Beteiligung. In Fidschi und Samoa haben 25 % der Rugby‑Spielerinnen emotionale, körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren und gemäss Studien aus diesem Grund mit dem Sport aufgehört.
Bei einem Seminar zum FIFA-Trainermentoringprogramm Ende Mai betonte Evans, dass die OFC mit ihrer Frauenfussballstrategie „All In“ alles daran setze, das Momentum und die Begeisterung der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ in der Region zu nutzen.
„Wir haben viel unternommen, damit die Frauen-Weltmeisterschaft im Pazifikraum sichtbar ist. Wir wollen Hemmschwellen abbauen, damit die Menschen Zugang zu erstklassigen Fussballangeboten haben. Zu diesem Zweck haben wir Fanzonen und ‑zentren eingerichtet.“
„Ich hoffe, dass so nicht nur junge Mädchen und Jungen zum Spielen animiert werden, sondern auch die Erwachsenen sehen, dass der Frauenfussball für ihre Töchter und Enkelinnen eine gute Sache ist, die sie unterstützen können. Wir denken ganzheitlich, indem wir darauf achten, dass die Infrastruktur und Angebote rund um den Fussball bereit sind, wenn die Mädchen die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft sehen.“
Ein für den Frauenfussball zentraler Leitsatz lautet: „Man kann nur sein, was man sieht.“ Dafür braucht es Präsenz und Vorbilder. Derzeit sind im Pazifikraum weniger als 10 % der registrierten Trainer Frauen. Gleichzeitig betonten 88 % der befragten Trainerinnen, wie sehr ein weibliches Vorbild sie bei ihrer Arbeit motivieren würde. Der Fussball allein kann soziale und kulturelle Normen nicht ändern. Gemäss einem Bericht von UN Women glauben 75 % der männlichen Jugendlichen, dass es in Ordnung ist, seine Frau zu schlagen. Die Mädchen in der Pazifikregion werden diskriminiert, ausgegrenzt und bei der Bildung, Entscheidungsprozessen und der Gesundheitsversorgung benachteiligt. Die Corona-Pandemie hat diese Ungleichgewichte noch verstärkt. Während der Lockdowns stieg sowohl die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt als auch die Belastung für Mädchen und Frauen – dies auf Kosten der Fortschritte, die bei der Vertretung und Beteiligung von Frauen auf Führungsebene erreicht wurden.
Die Situation mag hoffnungslos erscheinen, aber nach Ansicht von Evans können gerade der Fussball und der Sport Veränderungen anstossen und vorantreiben. „Der Fussball spielt als Vorbild eine wichtige Rolle und kann die Beziehungen in vielen Gemeinschaften der Pazifikregion fördern“, erklärte sie. „Gut gestaltete und effektiv umgesetzte Programme können einen sicheren Raum bieten, damit Frauen und Mädchen eingebunden und gefördert werden können. Im Bestreben, Geschlechterstereotypen zu durchbrechen, Führungskompetenzen aufzubauen und für einen Mentalitätswandel zu sorgen, können sie ausserdem die Interaktion mit Männern und Jungen erleichtern.“ „Der Fussball kann dabei helfen, Athletinnen und Frauen in Führungspositionen als Vorbilder für die nächste Generation zu fördern. Gemeinsam mit der FIFA und anderen Akteuren möchte ich die Verbände auf diesem Weg unterstützen.“