Italiens Fussballverband FIGC hat eine eigene Liga für paralympischen und experimentellen Fussball gestartet
Es ist der erste Verband der Welt, der diesen Schritt geht
Der FIGC-Generalsekretär sprach mit FIFA.com über die Umsetzung
Warum sollten Menschen mit Behinderungen nicht ebenso frei wie alle anderen Fussball spielen können?
Der italienische Fussballverband (FIGC) unter Präsident Gabriele Gravina will in bewundernswerter Weise gegen die bestehenden Hindernisse angehen. In Zusammenarbeit mit dem italienischen paralympischen Komitee (CIP) hat der Verband kürzlich als erster weltweit eine Liga für paralympischen und experimentellen Fussball gestartet.
"Wir haben immer wieder festgestellt, dass Menschen mit Behinderungen nicht die gleichen Möglichkeiten haben, völlig frei Fussball zu spielen", so FIGC-Generalsekretär Marco Brunelli gegenüber FIFA.com. "Aber alle Mädchen und Jungen sollten sich ihren Wunsch erfüllen können, Fussball in einem organisierten und strukturierten Umfeld zu spielen.
"2016 haben wir in Zusammenarbeit mit der Lega Serie A und dem Centro Sportivo Italiano, einer Organisation, deren inspirierendes Leitmotiv 'Sport für alle' lautet, ein erstes experimentelles Projekt unter der Bezeichnung 'Vierte Kategorie' gegründet. Das Projekt richtete sich an Menschen mit kognitiven Einschränkungen. Zahlreiche Amateur- und Profiklubs waren direkt involviert.
Begonnen haben wir mit neun Pionierteams, zusammen mit neun Profiklubs, die sportliche Unterstützung und Identität sichergestellt haben. Das Projekt fand große Beachtung. Anfänglich waren 120 Spieler dabei.
Heute haben wir nicht weniger als 116 Klubs und fast 3.000 Spieler. Gerade erst haben wir erstmals einen Pokalwettbewerb nach Art der Coppa Italia durchgeführt und erstmals wurde auch ein Spiel im Fernsehen live mit entsprechendem Kommentar übertragen.
Diese schnelle und außerordentliche Entwicklung hat uns überzeugt, dem Behindertenfussball feste Strukturen zu geben, nämlich in Form der neu gebildeten Liga für paralympischen und experimentellen Fussball.
Das italienische paralympische Komitee bot sich aufgrund seiner Geschichte, Erfahrung und Kompetenz sofort als natürliche Schnittstelle an, um dieser Entwicklung mehr Substanz zu verleihen. Unser großer Dank gilt dem CIP-Präsidenten Luca Pancalli, der von Anfang an an uns glaubte. Nun kann jeder, der Fussball spielen möchte – ohne Ausnahme – dies auch tun.
Die Reaktionen sind mehr als positiv. Institutionen und Organisationen aus der Welt des Sports, aber auch weit darüber hinaus und natürlich in erster Linie die Menschen selbst, die nun die Möglichkeit haben, Fussballs zu spielen, sowie deren Familien. Genau das ist uns am allerwichtigsten und erfüllt uns mit großer Zufriedenheit."
Ehemalige Fussballer, Klubs und Organisationen engagieren sich für die Initiative.
"In der vergangenen Saison haben wir einen Tag zur Präsentation der Meisterschaft durchgeführt", so Brunelli. "Javier Zanetti, Franco Baresi und Gianluca Pessotto – drei absolute Topstars im italienischen Fussball – vertraten Inter Mailand, AC Mailand und Juventus Turin. Tatsächlich war jeder Klub aus Serie A bis C mit einem Fussballbotschafter vertreten.
Das war überaus motivierend. Zudem hat diese neue Facette des italienischen Fussballs es geschafft, alle Komponenten unserer Familie zusammenzubringen. Von der Vereinsführung der Klubs wird sehr großes Interesse signalisiert. Gemeinsam senden wir eine starke Botschaft aus."
Diese Botschaft findet auch außerhalb der Grenzen Italiens Gehör.
"Im vergangenen Juni hatten wir unsere spanischen Freunde von der Organisation Nastic de Tarragona zu Gast, um uns mit deren Projekt Liga Genuine vertraut zu machen, die für Menschen mit geistigen Behinderungen organisiert wird", so Brunelli. "Mit dabei waren auch Teams von Ajax Amsterdam und Paris Saint-Germain.
Kürzlich bekamen wir einen großartigen Beweis der Anerkennung vom portugiesischen Fussballverband (FPF). Auch sie möchten sich gern mit uns treffen um den Grundstein zu einem sehr ähnlichen Projekt wie unserem zu legen. Dies erfüllt uns mit großem Stolz und unterstreicht die Bedeutung der Arbeit, die wir leisten, um den Fussball offen für alle zu gestalten.
Wir freuen uns sehr darauf, unser Projekt mit anderen Verbänden zu teilen und träumen schon davon, vielleicht sogar eine große internationale Meisterschaft für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Das wäre eine enorm wichtige kulturelle Entwicklung. Und für den Fussball wäre es eine wahre Revolution."