"Fussball ist kein Frauensport." Diese oder ähnliche Aussagen hört man immer wieder. Dabei sind sie genauso chauvinistisch wie falsch. Denn auch Frauen wissen mit dem Ball umzugehen. Und das sogar äußerst gut. Als Beispiel sei nur die aktuelle spanische Nationalmannschaft genannt, die sich erstmals für eine FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ qualifizieren konnte.
Das Turnier findet vom 6. Juni bis 5. Juli 2015 in Kanada statt. "In diesem Zeitraum werden wir sicher alle mit großen Erwartungen auf die spanischen Fussballfrauen schauen", meinte Vicente del Bosque gegenüber FIFA.com.
Der spanische Nationaltrainer nahm im vergangenen Monat anlässlich der "Live Your Goals"-Tournee des Weltpokals an einer Veranstaltung in Madrid teil. Auf ihrer Reise durch die 24 teilnehmenden Länder machte die Trophäe in der spanischen Hauptstadt ihren ersten Zwischenstopp.
Der Frauenfussball hat in Spanien schnell an Bedeutung gewonnen, wovon die erneute Teilnahme an einer EM (2013) und die Qualifikation für die WM zeugen: "Die Entwicklung ist vergleichbar mit dem Männerfussball. Der Erfolg ist das Ergebnis der guten Arbeit in den unteren Kategorien", so Del Bosque.
Die Verbesserungen, die sich infolge der harten Arbeit eingestellt haben, werden nun durch die Erfahrung, an einem großen Turnier teilnehmen zu dürfen, noch intensiviert. "Die WM wird ihnen einen enormen Schub geben", so der erfahrene Trainer weiter. Hinzu kommt die verstärkte Medienaufmerksamkeit, die sicher dazu beitragen wird, dass sich viele junge Frauen ein Beispiel nehmen und für diesen Sport begeistern.
"Von den sportlichen Erfolgen und der Berichterstattung im Fernsehen wird es abhängen, ob die Jugend das Team als Vorbild wahrnimmt", betont Del Bosque. "Unbekannte sind die Nationalspielerinnen aber keine mehr. 15 Frauen spielen bereits im Ausland, und das wird bei den jungen Menschen in Spanien nach und nach ankommen", ist er überzeugt.
Trotz der Erfahrung, die spanische Nationalmannschaft bei zwei Weltmeisterschaften - wenn auch mit unterschiedlichem Ausgang - betreut zu haben, fällt es Del Bosque schwer, seinem Kollegen Ignacio Quereda für das Turnier in Kanada Tipps mit auf den Weg zu geben. Um die eigenen Nerven vor der Premiere in den Griff zu bekommen, lautet seine Empfehlung für die Umkleide indes: "Etwas Angst kann nicht schaden, solange man sie im Griff hat. Der Fussball ist ein emotionaler Sport. Und genauso muss man ihn fühlen und leben. Das ist entscheidend", schließt er ab.
Und wer wäre nicht etwas angespannt, wenn er bei einer WM gegen Brasilien spielen müsste? Die Spanierinnen treffen in der zweiten Begegnung der Gruppe E ausgerechnet auf Brasilien und Marta, die schon fünf Mal zur FIFA Weltfussballerin gewählt wurde und auch dieses Jahr wieder unter den Finalistinnen ist.
Zum Auftakt wartet mit Costa Rica ein weiterer Debütant, und in der letzten Begegnung der Vorrunde heißt der Gegner schließlich Korea Republik. Im Grunde eine machbare Aufgabe. "Wir sagen natürlich immer: 'Wir wollen es genießen'. Das stimmt natürlich, schließlich ist es auch ein Spiel. Es kann jedoch auch nicht schaden, einen gewissen Druck zu verspüren, der einen antreibt." Worte eines Weltmeister-Trainers.