Der dreimalige Weltmeister lässt seine WM-Auftritte Revue passieren
Seine Anfänge als Teenager 1958 bis zu seinem dritten WM-Titel 1970
Pelé über die Einflüsse seines Vaters auf seine Karriere
Als man Edson Arantes do Nascimento im zarten Kindesalter den Spitznamen Pelé gab, ahnte er noch nicht, dass diese beiden Silben eines Tages zum Synonym für den Welterfolg werden sollten. Ganz im Gegenteil. Er wollte sich monatelang nicht damit abfinden und vergoss sogar murrend Tränen.
"Mein Vater hatte mir nach dem großen Erfinder Thomas Edison den Namen Edson gegeben, und ich war sehr stolz darauf! Von Pelé wollte ich nichts wissen", meint er rückblickend und lacht. Doch der Brasilianer münzte seine anfängliche Wut in Tore und Dribblings um und entwickelte sich schließlich zu einem der berühmtesten Fussballer des Planeten.
Jahrzehnte später, mit drei Weltmeistertiteln in der Tasche, hat O Rei eine andere Einstellung zu seinem Spitznamen gefunden ("er ist kurz, alle haben ihn sich schnell eingeprägt") und denkt mit einer gewissen Wehmut an seine Erfolge auf dem Spielfeld zurück.
Pelé mag zwar nicht mehr so schnell sein wie zu seinen Zeiten als Star, von seiner Klarheit und Herzlichkeit hat er jedoch nichts eingebüßt. O Rei spricht mit uns über seine Anfänge und Herausforderungen in der Seleção sowie einige seiner spektakulärsten Tore.
Sie sind noch immer ein Sinnbild der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™. Was hat dieses Turnier für Ihr Leben bedeutet? Es stimmt, ich habe bei der WM sehr viele Geschichten erlebt! Das ist ein Turnier, aus dem wir als Sieger hervorgegangen sind, auch wenn wir immer mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. 1958 war ein Traum: Ich war noch ein Kind, und niemand glaubte, dass wir es schaffen würden. Vicente Feola wurde immer wieder gefragt, wie er die WM in Schweden mit einem 17-Jährigen im Team gewinnen wollte. Und wir haben sie gewonnen! 1962, als Brasilien dann besser dastand, hatte ich eine Verletzung. Die WM haben wir trotzdem gewonnen. In England hatte ich einen Meniskusriss und wir haben es nicht geschafft, aber 1970 stand ich dann bei allen Spielen auf dem Platz. Ich habe einen perfekten Zyklus hingelegt: Ich habe als Weltmeister angefangen und auch als Weltmeister aufgehört.
Im Finale von 1958 gegen Schweden haben Sie ein wahres Traumtor erzielt, inklusive eines Hebers im Strafraum. In welchem Moment haben sie beschlossen, diese Aktion auszuführen? Ich würde lügen, wenn ich jetzt behaupten würde, die gesamte Aktion geplant zu haben [lacht]. Das war eine spontane Reaktion. Gott sei Dank zählte das Improvisieren zu meinen Stärken als Spieler. Ich konnte mich spontan umentscheiden. In diesem Augenblick musste ich schnell reagieren, und es ist mir gelungen, den Ball mit der Brust anzunehmen. Doch da der Verteidiger mich mit hohem Bein unter Druck setzte, musste ich diesen Heber spielen. Gott hat mir diese Stärke gegeben. Ich hatte keine Zeit nachzudenken!
Der Kopfballtreffer gegen Italien im Finale der WM 1970 in Mexiko war hingegen eines klassischen Torjägers würdig. Dieser Spielzug war einstudiert. Natürlich nicht die gesamte Aktion, aber das Positionsspiel. Das Tor fiel nach einem Einwurf, und für uns war klar, dass wir uns auf der anderen Seite positionieren und warten würden – statt dem Ball zu folgen wie viele andere Spieler. Bei einer Aktion von links lauerte ich etwas zurückgezogen auf der rechten Seite. So machte ich es auch mit Rivelino. Letztendlich war es auch Zufall, aber wir hatten so etwas ziemlich häufig im Training geübt.
Können Sie sich noch gut an den Kopfball erinnern? Ja, natürlich. Das lag bei uns in der Familie. Mein Papa, der ebenfalls Fussballer war, hat viele Kopfballtore erzielt. Ich wollte ihm immer nacheifern. Ich bin nie besonders hoch gestiegen, aber ich hatte immer recht viel Kraft in den Beinen. Mein Vater pflegte zu sagen: "Die meisten Spieler schließen beim Kopfball die Augen. Wenn der Ball kommt, reiß die Augen auf und schau, wo du den Ball hin haben möchtest." Ich habe das sehr häufig trainiert. Daher konnte ich mehrere solcher Tore erzielen. Man muss die Augen öffnen und nach unten köpfen!
Immer klappt das aber nicht, oder? Alle können sich noch lebhaft an die Parade von Gorden Banks erinnern! Ja, das war ähnlich.
Die Brasilianer haben in den 50er- und 70er Jahren hervorragende Mannschaften auf die Beine gestellt. Fühlten sie sich den anderen überlegen? Brasilien befand sich mit jungen Spielern wie Garrincha, Didi, Zito in einer optimalen Phase und hatte eine Mannschaft, die für die damalige Zeit sehr gut organisiert war. Ich weiß noch, dass Vicente Feola zu uns sagte: "Ich darf das sagen: Ich bin älter als ihr, ich bin Trainer. Ihr seid zweifellos die beste Mannschaft der Welt. Aber ihr müsst Respekt vor allen Gegnern haben. Glaubt nicht, dass ihr nur das Spielfeld betreten braucht, und das Spiel ist gewonnen. Ihr müsst euch den Respekt eurer Gegner verdienen." Noch heute erinnere ich mich an seine Worte. Er war unser großer Lehrmeister.