Dienstag 04 Oktober 2016, 08:47

Hans Backe: Island als Inspiration für Finnland

Wenn die finnische Fussball-Nationalmannschaft am Donnerstag gegen Island antritt, trifft sie auf einen Gegner, der den Finnen als Vorbild dienen kann. Das zumindest wünscht sich Hans Backe von seinen Spielern.

Wie der Rest der Fussballwelt zeigt sich auch Hans Backe, der seit August 2016 auf der finnischen Trainerbank sitzt, vom rasanten Aufstieg der Isländer begeistert. Trotz des spektakulären Auftretens der Wikinger bei der diesjährigen UEFA EURO 2016 weiß der erfahrene Schwede allerdings auch, dass Island vor nicht allzu langer Zeit in punkto internationale Erfolge ein ähnlich unbeschriebenes Blatt wie seine eigene Mannschaft war. Aus diesem Grund möchte der Coach der finnischen Nationalmannschaft, dass seine Spieler aus den jüngsten Errungenschaften ihrer nordischen Rivalen den Optimismus schöpfen, auch selbst derartig Großes vollbringen zu können.

"Island war nicht nur für die Finnen, sondern für ganz Skandinavien eine wahre Inspiration – auch für die viel größeren Nationen Dänemark, Schweden und Norwegen", sagt Backe im Interview mit FIFA.com. "Sie haben gezeigt, dass man etwas ganz Besonderes erreichen kann, wenn man die Sache richtig angeht und als Mannschaft harmoniert. Wir können daraus nur lernen und uns an diesem Vorbild orientieren."

Gruppe ohne echte Favoriten Um Heimir Hallgrimssons Erfolgsmannschaft nacheifern zu können, müssten die Mannen von Hans Backe ihren Gegner idealerweise bezwingen. Der finnische Nationaltrainer weiß jedoch, dass dies alles andere als einfach wird, insbesondere in Reykjavik, wo die Isländer seit über drei Jahren kein Pflichtspiel mehr verloren haben.

"Sie verfügen aktuell über eine ausgezeichnete Spielergeneration mit einem etablierten Spielstil. Und nach ihren Erfolgen bei der Europameisterschaft strotzen sie vor Selbstvertrauen. Island ist unheimlich schwer zu schlagen, vor allem vor heimischer Kulisse. Da sind sie bärenstark. Die Mannschaft gehört für mich ohne Zweifel zu den Favoriten in unserer Gruppe."

Finnland hingegen steht bereits unter Druck. Dabei hatte Backe für die Auftaktbegegnung der Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ gegen Kosovo ein "äußerst schweres und unvorhersehbares Spiel" prognostiziert. Dies sollte sich am Ende bewahrheiten. Während die Debütanten vom Balkan auf den Punktgewinn in Turku sehr stolz waren, empfanden die Finnen das Remis eher als Rückschlag. Doch ihrem schwedischen Coach zufolge ist die Qualifikationsgruppe derart ausgeglichen, dass sich das Unentschieden keinesfalls als fatal erweisen muss.

"Bei uns sind weder Deutschland noch Spanien vertreten. Daher kann man im Vorfeld auch nicht sagen, wie die einzelnen Partien enden werden", so Backe über die Gruppe, in der auch Kroatien, die Türkei und die Ukraine spielen. "Für mich gibt es keinen echten Favoriten – jeder kann jeden schlagen. Für uns ist es entscheidend, dass wir optimal vorbereitet in jede einzelne Begegnung gehen. Und wir müssen darauf achten, dass unsere Schlüsselspieler von Verletzungen und Sperren verschont bleiben. Wenn wir das schaffen, können wir meiner Meinung nach für eine Überraschung sorgen."

Eine letzte Herausforderung Finnland könnte sich wohl kaum einen erfahreneren Trainer als Hans Backe wünschen, der in den vergangenen 34 Jahren bei zahlreichen Klubs in Schweden, Norwegen, Dänemark, England, Griechenland, Mexiko und den USA an der Seitenlinie stand. Sein bis dato einziges Engagement in einer Nationalmannschaft erlebte er als Assistent von Sven-Göran Eriksson bei dessen kurzem Gastspiel als mexikanischer Nationalcoach zwischen 2008 und 2009. Und obwohl das schwedische Duo aufgrund ausbleibender Erfolge nach gerade einmal neun Monaten entlassen wurde, schaut Backe weder mit Groll noch mit Bedauern auf die Zeit bei El Tri zurück.

"Man kann diese Erfahrung nur schwer mit anderen Etappen meiner Laufbahn vergleichen, da ein Assistent weitaus weniger unter Druck steht als der Cheftrainer. Ich habe diese Aufgabe in vielerlei Hinsicht genossen und für mich war die Zeit mit Eriksson bei der mexikanischen Nationalmannschaft und bei Manchester City ein herausragendes Erlebnis. Bevor ich jedoch mit ihm zusammengearbeitet habe, war ich immer als Cheftrainer tätig. Deshalb war die Rückkehr in diese Position ein logischer Schritt."

"Ich muss jedoch gestehen, dass ich nach meinem Weggang von den New York Red Bulls dachte, meine Karriere sei vorüber. Ich bin wirklich davon ausgegangen, dies sei mein letzter Job. Als dann aber die Verantwortlichen vom finnischen Verband an mich herangetreten sind und mich fragten, ob ich das Team durch die WM-Qualifikation führen würde, konnte ich das Angebot nicht ausschlagen. Ich dachte einfach, ich muss zurück an die Seitenlinie."

"Ich bin jedoch ziemlich sicher, dass die Aufgabe in Finnland mein letzter Trainerjob sein wird. Man soll zwar niemals nie sagen, und ich kann auch nicht ausschließen, danach noch etwas anderes zu machen, aber so wie ich die Sache aktuell sehe, werde ich nach Beendigung meiner Tätigkeit in Finnland höchstwahrscheinlich in den Ruhestand gehen."

Finnland scheint nun also das Finale einer Karriere zu sein, die sich über drei Jahrzehnte erstreckt. Und während Backe in dieser Zeit so manchen Erfolg sammeln konnte, ist die Teilnahme an einer FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ etwas, dass ihm auf seiner Ruhmesliste noch fehlt. Ob er dieses Ziel also noch erreichen und mit Finnland die große Überraschung schaffen kann?

"Finnland zur Weltmeisterschaft zu führen, wäre sensationell. Das wäre der mit Abstand größte Erfolg meiner Karriere. Es wird nicht einfach, aber ich werde es mit Sicherheit versuchen."