Honduras kämpft gegen die Republik Korea um den Einzug ins Viertelfinale
Luis Palma spielte gegen Neuseeland eine entscheidende Rolle
Exklusiv-Interview mit dem Leistungsträger der Bicolor
Wer sah, wie die Spieler die Interview-Zone hastig durchquerten, mit zusammengebissenen Zähnen und starrem Blick, teilweise den Tränen nah, der begriff wie frustriert die Honduraner über die Niederlage gegen Rumänien waren, die durch ein Eigentor von Elvin Oliva zustande gekommen war (0:1).
Gegen Neuseeland schien sich das Schicksal zunächst erneut gegen Honduras zu wenden, als Liberator Cacace aus dem Nichts einen Treffer erzielte, obwohl die Bicolor in der Anfangsphase die spielbestimmende Mannschaft gewesen war. Kurz vor der Halbzeitpause fasste sich der junge Luis Palma ein Herz, nahm den Ball im gegnerischen Strafraum aus der Drehung an und zog ab. Doch der Torwart der Kiwis hielt.
"Es stimmt schon, dass ich den Ball gut unter Kontrolle gebracht habe", so der 21-jährige Stürmer lächelnd am Mikrofon von FIFA.com. "Dann ist mir mein Chip etwas misslungen, aber es gibt im Spiel immer eine zweite Chance, und glücklicherweise konnte ich später noch einen Treffer erzielen", erklärt Palma, der etwas später nach einem Eckball per Kopf den Ausgleich erzielte. Der Treffer kurz vor der Pause gab dem Team wieder Auftrieb. Zwar brachte Chris Wood die Neuseeländer nach dem Wiederanpfiff erneut in Führung, doch die Mittelamerikaner ließen sich nicht aus dem Konzept bringen. Das gesamte Team zog weiterhin an einem Strang, auch die Einwechselspieler, von denen Juan Obregón für den Ausgleichstreffer und Rigoberto Rivas drei Minuten vor Schluss für das Siegtor verantwortlich zeichnete.
Der Uruguayer Miguel Falero, der dieses Jahr das Traineramt bei der Olympiaauswahl übernahm, äußert sich lobend über seine Nummer 17. "Luis ist einer unserer stärksten Techniker und hilft uns auf dem Spielfeld ungemein. Er hat genau die Qualitäten, die ich für unser Team gesucht habe", so der uruguayische Stratege nach dem Sieg gegen die Kiwis. Palma hat in seinem Heimatland eine starke Saison in den Reihen von CDS Vida hinter sich, dem Klub, bei dem er ausgebildet wurde, sich als Stammspieler etablierte und 13 Tore erzielte. Er zählt zu den großen Hoffnungsträgern des honduranischen Fussballs und wurde mittlerweile vom portugiesischen Klub Sporting Braga verpflichtet, der diese Saison in der Europa League antreten wird. Im Augenblick konzentriert sich der Nachwuchsstar allerdings lieber auf seine Ziele in Japan. "Der erste Schritt ist getan, und wir haben noch ein Gruppenspiel gegen Korea. Im Moment beschäftigen mich nur die Olympischen Spiele, den Rest blende ich erst einmal aus." Der letzte Spieltag der Gruppe B verspricht viel Spannung, denn alle vier Teams haben drei Punkte auf dem Konto. Honduras muss gegen die Republik Korea gewinnen, die nach einem 4:0-Kantersieg gegen Rumänien mit breiter Brust in die Partie geht. Die Messlatte liegt hoch, aber die Honduraner kennen sich mit olympischen Erfolgen aus und Palma ist ein echter Kämpfer. Das hat er bereits mit zwölf Jahren gezeigt, als er bei einem Unfall fast ein Auge verlor und Gemüse und Hähnchen im Laden seiner Familie verkaufte. Von seinem ersten Lohn kaufte er sich ein Paar Fussballschuhe und schickte sich an, den Traum seines Vaters zu verwirklichen. Der wollte nämlich, dass sein Sohn einmal Fussballer wird.
"Meine Familie ist meine wichtigste Motivationsquelle und erfüllt mich mit Stolz. Für sie gebe ich alles", meint er lächelnd. Am linken Handgelenk trägt er eine blaue Bandage, auf der die Mitglieder seiner Familie unterschrieben haben. Auf Palma und der Bicolor lastet eine große Verantwortung, denn die fussballbegeisterten Menschen in Honduras träumen davon, an den Erfolg von Rio 2016 anzuknüpfen. Damals endete das Fussballmärchen, das alle in Ekstase versetzte, abrupt im Halbfinale mit einer 0:6-Niederlage gegen Brasilien, gefolgt von einem 2:3 gegen Nigeria im Spiel um die Bronzemedaille. Fünf Jahre später möchte diese neue Generation sich nur allzu gern von den Heldentaten des damaligen Teams inspirieren lassen und selbst Geschichte schreiben. Dieses Ziel möchte man mit einer technisch versierteren, weniger rauen Spielweise erreichen, die Palma perfekt verkörpert. "Wir wollen eine Medaille holen. Ob es Bronze, Silber oder Gold wird, ist nicht so wichtig", meint er abschließend.