Vietnam hat beide Seiten der Medaille kennengelernt

Ein überraschender Sieg zum Auftakt und eine hohe Niederlage in der zweiten Partie. So lautet die bisherige Bilanz Vietnams bei der FIFA Futsal-Weltmeisterschaft Kolumbien 2016 bei der ersten Teilnahme des Landes an der Endrunde eines FIFA-Turniers.

Richtig, es ist die erste Teilnahme. Dies erklärt wohl auch das emotionale Auf und Ab, das die jungen Vietnamesen durchmachen müssen, die zudem mit einem der jüngsten Kader nach Kolumbien gereist sind. Dennoch haben sie noch Chancen auf das Erreichen des Achtelfinales.

Die Rechnung ist nicht sehr kompliziert: Gelingt ihnen gegen Italien, europäisches Spitzenteam und Titelkandidat, ein Sieg oder ein Unentschieden, gehören sie zu den besten 16. Eine große Herausforderung, dessen ist sich auch der spanische Trainer Bruno Garcia bewusst. Aus diesem Grund betont er im Gespräch mit FIFA.com den größeren Zusammenhang, in dem er dieses Abenteuer sehen will. "Wenn all dies vorbei ist, wie auch immer es ausgeht, wird der Futsal in Vietnam sehr gestärkt daraus hervorgehen. Davon bin ich überzeugt."

Erstaunliche Reife Garcia wird zweifellos Recht behalten. Als Beispiel kann der Pivot Minh Tri Nguyen dienen, der gerade 16 Jahre alt war, als er die Futsal-WM in Thailand im Fernsehen verfolgte. Er schwor sich, eines Tages ebenfalls dabei zu sein. Es gelang ihm nicht nur, sich diesen Wunsch zu erfüllen, sondern außerdem in der ersten WM-Partie seines Lebens gleich drei Treffer zu erzielen!

Kaum jemand wäre besser geeignet, um den jungen Spielern einen Rat zu geben, die ihn seit dieser Leistung bewundern. "Was ich ihnen sagen würde? Dass sie hart arbeiten und versuchen sollen, ihr Bestes zu geben. Eines Tages werden auch sie eine WM bestreiten können", sagt Tri, der im Alter von zehn Jahren ein Angebot eines spanischen Fussballvereins ausschlug, um weiter Futsal zu spielen.

"Ich würde ihnen sagen, dass sie träumen und diesen Traum verfolgen sollen", ergänzt sein Teamkamerad Van Vu Tran, der gegen Paraguay den Ehrentreffer erzielte und als einziger Vietnamese in beiden Spielen erfolgreich war.

Der 26-Jährige blickt sogar weit über die eigene Disziplin hinaus. "Unsere Teilnahme hier ist sehr wichtig für den Futsal bei uns, aber auch für den Fussball Vietnams. Hoffentlich dient es auch als Ansporn für andere Sportarten, damit sich diese weiterentwickeln", sagt der Spieler, der Bank- und Finanzmanagement studiert.

Beide legen eine für ihr Alter bewundernswerte Reife an den Tag. Ein Charakterzug, der Garcia in der gesamten Mannschaft verblüfft. "Ich hatte meine Zweifel, wie sie reagieren würden. Nicht auf dem Platz, sondern wegen des ganzen Drumherums", erklärt er.

"Nach dem Asien-Cup hat sich das Land auf diesen Sport gestürzt, der zuvor nicht so populär war, und die Jungs sind sehr bekannt geworden", fährt der Trainer fort. "Es ist nicht leicht, mit dem Erfolg zurechtzukommen. Dass sie all das ausblenden und das gleiche Spiel wie immer abrufen konnten, hat mich überrascht."

Ständiger Lernprozess In diesem Zusammenhang erscheint auch die schwere 1:7-Schlappe gegen Paraguay am zweiten Spieltag als ein weiterer Schritt im Lernprozess Vietnams. "Wir waren zuversichtlich, ein gutes Spiel machen zu können. Eine Niederlage wäre verständlich gewesen, aber niemand hätte sie sich in dieser Höhe vorgestellt", räumt der Kapitän Bao Quan Nguyen im Gespräch mit FIFA.com ein.

Hat er eine Erklärung? "Wir haben zu viele Fehler begangen, die uns einige Gegentreffer der Paraguayer einbrachten. Wir hingegen konnten keinen ihrer Fehler nutzen", erklärt der 33-jährige Flügelspieler. Als Routinier des Teams sieht er aber lieber die positiven Dinge: "Wichtig ist nun, dass wir daraus lernen. Wir müssen mehr Konzentration und Engagement an den Tag legen. Beides hat uns gefehlt."

Auch Quan, der bereits seit einem Jahrzehnt Futsal spielt, ist sich der Schwere der Aufgabe bewusst. Er weiß, dass die Chancen auf einen Sieg gegen einen Gegner dieser Größenordnung gering sind, aber Vietnam hat nichts zu verlieren. "Das Turnier ist noch nicht beendet. Futsal ist unvorhersehbar. Vielleicht sind dieses Mal wir dran."