Dienstag 05 Februar 2019, 10:00

Sundhage und Bernhard wollen viel voneinander lernen

Das, was Pia Sundhage und Anouschka Bernhard machen, ist ein wenig Neuland. Sie gehören zur ersten Gruppe der Teilnehmer am neuen Trainerinnen-Mentorenprogramms der FIFA - ein wichtiger Schritt bei der Förderung des Frauenfussballs.

DATEN UND FAKTEN ZUM FIFA TRAINERINNEN-MENTORENPROGRAMM

  • Gestartet im Oktober 2018

  • Partnerschaft zwischen 17 erfahrenen Trainerinnen und Trainern und 21 aufstrebenden jungen Trainerinnen im Frauenfussball

  • Betreut durch die FIFA-Abteilung für die Entwicklung des Frauenfussballs

  • Persönliche Treffen und Gespräche über zwölf Monate

  • Ende: November 2019

Die 58-jährige Sundhage verfügt als ehemalige Trainerin der schwedischen sowie US-amerikanischen Nationalmannschaft natürlich über einiges an Erfahrung und so ist es kein Wunder, dass die zehn Jahre jüngere Bernhard früh erklärte, dass Sundhage ihre erste Wahl als Mentorin sei: "Ich habe überlegt, was ich für mich aus diesem Programm mitnehmen will. Ich habe so viel darüber gehört, wie Pia mit Spielerinnen arbeitet, das ist außergewöhnlich. Ich möchte mich diesbezüglich verbessern und da kann sie mir am meisten helfen. Da ist sie einfach eine der Besten."

Was natürlich auch passt ist die Tatsache, dass beide zurzeit für die U-16-Nationalteams ihrer jeweiligen Länder verantwortlich sind. "Das ist perfekt, denn wir reden über dieselben Probleme", so Sundhage, ehe Bernhard zustimmt: "Die sind für 15-jährige Mädchen in Deutschland ähnlich wie in Schweden."

Nach dem Kennenlern-Workshop im Oktober in Zürich ist nun die Zeit der persönlichen Besuche angebrochen. Zuerst beobachtet Sundhage Bernhard in ihrem Umfeld, wie letzte Woche beim Lehrgang der deutschen U-16-Juniorinnen in Kaiserau. Später im Jahr ist ein Besuch von Bernhard bei der Trainerkollegin in Schweden angedacht, zwischendrin bleibt man per Skype oder Whatsapp in Kontakt, eventuell folgen weitere Treffen. "Es liegt an uns, wie wir das leben, wie oft wir uns austauschen", erklärt die Deutsche.

rim2uc3bfugcjg5sfkab.jpg

Pia Sundhage

  • Cheftrainerin Schweden U-15- bis U-17-Juniorinnen

  • Zwei Mal Olympia-Gold als Trainerin der USA (2008, 2012)

  • Vize-Weltmeisterin als Trainerin der USA (2011)

  • Olympia-Silber als Trainerin Schwedens (2016)

  • FIFA-Welttrainerin - Frauen (2012)

  • Ehemalige Nationalspielerin Schwedens

Anouschka Bernhard

  • Cheftrainerin Deutschland U-16-Juniorinnen

  • U-17-Europameisterin als Trainerin Deutschlands (2012, 2014, 2016, 2017)

  • Europameisterin als Spielerin mit Deutschland (1995)

  • Vize-Weltmeisterin als Spielerin mit Deutschland (1995)

mhjkkhdwar6xiy1tlg2a.jpg

Wer die beiden Frauen in Kaiserau im Gespräch miteinander beobachtet merkt schnell, dass die Chemie hier stimmt. Die erste Begegnung überhaupt hatten die zwei 1995 auf dem Feld, als man sich im Endspiel der Europameisterschaft gegenüberstand (Sundhage: "Deutschland hat gewonnen") und so ist es kein Wunder, dass man erst einmal ins Fachsimpeln über die Entwicklungen im Frauenfussball versinkt.

"Bei der ersten WM 1991 ging es nur um die Offensive, Ergebnisse wie 5:0, 6:0 waren die Norm. Heute gibt es das bei großen Turnieren nicht mehr, alle Teams sind gut organisiert", erinnert sich die Schwedin. So sieht es auch Bernhard: "Der Frauenfussball ist schneller, technisch und taktisch besser, in den letzten 15 Jahren gab es riesige Schritte nach vorne."

Was die Zusammenarbeit der zwei Frauen so besonders macht ist auch die Tatsache, dass sie sich später dieses Jahr beim jährlich stattfindenden Nordic Cup für U-16-Juniorinnen als Gegnerinnen gegenüberstehen werden. "Darüber haben wir natürlich auch gesprochen, inwiefern man sich mit einer baldigen Gegnerin austauschen kann. Aber das spielt bei unserem Austausch keine Rolle, gestern zum Beispiel haben wir über unsere Taktik gesprochen", berichtet Bernhard über die offene Atmosphäre. Sundhage stimmt zu: "Es wird interessant, wie wir im Nachhinein unsere Spiele analysieren werden. Bei Taktik geht es ja weniger um richtig oder falsch als vielmehr um Präferenzen."

rmdo5gw1u88sdhoisii2.jpg

Die ehemalige Nationaltrainerin Schwedens und der USA hat schon öfters eine Mentorinnen-Rolle angenommen, aber nicht nur gute Erfahrungen gemacht. "Es klappt nicht, wenn man keine Verbindung findet, wenn man sich nicht öffnet, wenn man sich nicht mitteilt. Hier merke ich, dass wir beide das wollen. Ich begrüße es, dass ich meine Erfahrungen weitergegeben kann und dass mir die FIFA dabei behilflich ist."

"Pia kennt nicht nur ihre Stärken, sondern auch ihre Schwächen und richtet ihren Trainerstab daran aus - für sie ist das nichts Negatives. Das regt mich an, darüber nachzudenken, wie ich mit meinen Stärken und Schwächen am besten mit meinem Team zusammenarbeiten kann", antwortet Bernhard auf die Frage, ob sie schon Anregungen erhalten habe.

"Es wäre arrogant zu sagen, dass ich bei diesem Programm als Mentorin nur gebe. Ich nehmen auch etwas mit", sagt Sundhage. "Ich bin keine Expertin im Umgang mit jungen Spielerinnen und freue mich, dass ich über die Entwicklung von Spielerinnen noch dazulernen kann. Ich glaube, dass wir in einem Jahr eine Menge voneinander gelernt haben."

Das Fundament für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist also gelegt. Und Sundhage lud Bernhard auch gleich zum Länderspiel Anfang April in Solna ein, wenn sich Schweden und Deutschland in einem Testspiel auf die FIFA Frauen-WM Frankreich 2019 vorbereiten.