Australien und die VR China haben sich mit beeindruckenden Leistungen für das Olympische Fussballturnier der Frauen 2016 in Rio qualifiziert und damit Geschichte geschrieben. Ob die AFC-Qualifikation für Rio 2016 später als bahnbrechender Augenblick des asiatischen Frauenfussballs gelten wird, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass seit Athen 2004 zum ersten Mal andere Länder als Japan und die DVR Korea den asiatischen Kontinent bei der Olympiade repräsentieren werden. Das Ausscheiden Japans am vorletzten Spieltag des Turniers machte weltweit Schlagzeilen, insbesondere weil das Land 2012 in London noch die Silbermedaille gewonnen hatte.
Australien und China boten von Beginn an starke Leistungen und hielten das Niveau bis zum letzten Spieltag des in Osaka ausgetragenen Turniers aufrecht. Der Wettbewerb ging am Mittwoch zu Ende. Angesichts des kompakten Turnierformats von fünf Spieltagen innerhalb von zehn Tagen wurden nicht nur die spielerischen Fähigkeiten auf die Probe gestellt, sondern auch die Kondition. Die Republik Korea und Vietnam waren bei dem sechs Mannschaften umfassenden Turnier ebenfalls vertreten und beide Teams demonstrierten in mehrfacher Hinsicht, dass die Konkurrenz in Asien stärker denn je ist.
Neue Gesichter beim Gipfeltreffen des Kontinents Australien gab mit einem beeindruckenden 3:1-Auftakt gegen Japan den Ton an. Damit endete eine Negativserie von sechs sieglosen Spielen der Matildas gegen die Nadeshiko. Gleichzeitig gelang so zumindest eine kleine Revanche für das Viertelfinal-Aus gegen denselben Gegner bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015™. Für die Australierinnen war der Grund zur Freude noch größer, da dies ihr erster Sieg gegen einen ehemaligen Weltmeister bei einem wichtigen Turnier war.
Anschließend landeten die Matildas einen 9:0-Kantersieg gegen Vietnam und zwei hart erkämpfte Erfolge gegen die Republik Korea (2:0) und die DVR Korea (2:1). Am letzten Spieltag kam es dann zum Showdown zwischen den beiden für Rio qualifizierten Teams. Die Partie endete mit einem 1:1-Unentschieden, und die Australierinnen blieben mit zwei Punkten Vorsprung Spitzenreiter. Das junge Team der Matildas gewinnt Jahr für Jahr an Reife, wobei das Mittelfeldtrio mit Elise Kellond-Knight, Emily Van Egmond und Katrina Gorry besonders zu beeindrucken weiß. Auch im Angriff verfügt die Auswahl über das gewisse Etwas. Stürmerin Kyah Simon war am Ende mit vier Treffern beste Torschützin des Turniers.
"Vor unserer Abreise habe ich gesagt, wer auch immer sich in Asien qualifiziert, hat die Chance auf eine Medaille", so der australische Nationaltrainer Alen Stajcic, der das Turnier auch als eine "Mini-WM" bezeichnete. "Diese Woche haben wir gesehen, dass die Mannschaft sich entwickelt hat und reifer geworden ist. Wir hatten schon immer viel Potenzial im Angriff, aber jetzt haben wir unsere Reife, Gelassenheit, Arbeitsmoral, Disziplin und unser Engagement unter Beweis gestellt und ich glaube, dass wir das Zeug zu einem Weltklasseteam haben."
Auch China scheint unter der Führung des charismatischen ehemaligen französischen Nationaltrainers Bruno Bini die notwendige Reife erreicht zu haben. Genau wie Australien ist auch Chinas junge Mannschaft eindeutig auf dem aufsteigenden Ast. Dieses Wachstum wurde offensichtlich durch den neuen Trainer Bini beschleunigt, der das Amt nach der WM 2015 übernommen hat.
China sicherte sich nach einer hart umkämpften Partie ein 1:1 gegen den alten Rivalen DVR Korea, wobei der Ausgleichstreffer erst durch einen Elfmeter in der Nachspielzeit fiel. Anschließend setzte das Team sich jeweils mit 1:0 gegen die Republik Korea und Japan durch. Insbesondere das letzte Ergebnis sowie Siege gegen die USA und England in den letzten Monaten zeugen von Binis positivem Einfluss auf die Auswahl eines Landes, das einst eine feste Größe bei Weltturnieren war. Genau wie bei der WM 2015 in Kanada präsentierte sich China auch hier als kompakte Mannschaft mit eher spärlicher Trefferausbeute. Die Steel Roses erzielten in ihren fünf Spielen gerade einmal sieben Tore, Tabellenführer Australien brachte es im Vergleich dazu auf 17.
"Der chinesische Fussball ist das, was Sie in der Partie gegen Japan gesehen haben", so Bini. "Wir sind taktisch sehr gut, und auch die Technik ist Bestandteil meiner Philosophie. Wir haben fantastische Spielerinnen, und sie leben und arbeiten sehr gut zusammen."
Stärkere Konkurrenz kommt Fussballmächte teuer zu stehen Vietnam, das sich als einziges Team aus der vorherigen Runde des Wettbewerbs qualifizierte, holte zwar keinen einzigen Punkt, die Leistungen des Teams lassen jedoch darauf schließen, dass sich die Kluft zwischen den fünf großen asiatischen Mannschaften und dem Rest weiter verkleinert hat. Gegen Australien mussten die Vietnamesinnen zwar noch eine klare 0:9-Niederlage hinnehmen, gegen China unterlagen sie jedoch nur mit 0:2 und gegen die DVR Korea mussten sie sich erst nach einem Treffer in letzter Minute geschlagen geben. Eine erstaunliche Entwicklung.
Auch das viertplatzierte Team der Republik Korea zeugt von nachhaltiger Entwicklung. Die Taeguk Ladies legten in jedem Spiel den traditionellen koreanischen Kampfgeist an den Tag und hätten sich um ein Haar sogar gegen Japan durchgesetzt, vergaben jedoch einen Elfmeter. Die DVR Korea belegte aufgrund der schlechteren Tordifferenz hinter dem Nachbarn den fünften Platz, blieb jedoch bis zum vorletzten Spieltag noch im Rennen um die Olympia-Qualifikation. Nun besteht die Herausforderung für die runderneuerte Mannschaft darin, das Scheitern schnell abzuhaken und erneut anzugreifen. Schließlich war man schon bei der WM im letzten Jahr nicht dabei gewesen.
Den meisten Gesprächsstoff von den vier Teams, die es nicht geschafft haben, bietet Japan. Nachdem die Japanerinnen bei drei globalen Endrunden in Folge dabei waren und bei der Frauen-WM im letzten Jahr im Finale standen, hätte wohl kaum jemand erwartet, dass sie auf heimischem Boden in fünf Partien nur zwei Siege einfahren würden. Nachdem die legendäre Homare Sawa ihre Fussballschuhe kürzlich an den Nagel gehängt hat, könnte dieses Turnier für einen bedeutenden Umbruch im Kader der Nadeshiko sorgen – insbesondere da die nächste WM erst in drei Jahren stattfindet. An Talenten mangelt es nach dem Erfolg bei den letzten Juniorinnen-Turnieren der FIFA sicherlich nicht. Dafür spricht vor allem der Titelgewinn bei der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft 2014.