Samstag 06 August 2016, 00:40

Mónica Ocampo: Unermüdliche Kämpferin

"Wir haben für die neuen Generationen gekämpft und Steine geklopft." Auf diese Metapher folgt ein offenes Lachen. Die Geschichte von Mónica Ocampo spiegelt in hohem Maße die Entwicklung des mexikanischen Frauenfussballs wider. Die 29-jährige Stürmerin, die mit der A-Nationalmannschaft ihres Landes bereits an zwei Weltmeisterschaften teilgenommen hat und auch bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen mit von der Partie war, hat Hand in Hand mit den Pionierinnen dieser Sportart daran gearbeitet, dem Frauenfussball einen höheren Stellenwert zu verschaffen. Mittlerweile gewinnt er in Mexiko zunehmend an Boden, und ihre Generation bereitet sich darauf vor, den Staffelstab an die nächste zu übergeben.

"Ich habe seinerzeit noch hervorragende Spielerinnen wie Maribel Domínguez, Mónica Vergara, Mónica González erlebt und mit ihnen gemeinsam an zwei oder drei Turnieren teilgenommen", erinnert sie sich auf FIFA.com.

Damals war Ocampo der "Neuling", der versuchte, sich in der A-Nationalmannschaft zu etablieren, nachdem sie zuvor jahrelang darum gekämpft hatte, ihrer Fussball-Leidenschaft nachgehen zu können. Damals hatten es die Mädchen nicht leicht in Mexiko. "Ich habe praktisch von sechs bis 15 Jahren mit Jungen gespielt und wurde von deren Eltern beschimpft. Wie ein Mädchen besser spielen könnte als ihr Sohn … oder ich solle 'in die Küche'… Das war traurig, aber ich glaube, es hat mich auch stärker gemacht."

Die Unterstützung der Familie war fundamental. "Ich sage immer wieder, dass ich nur dank meiner Eltern und Geschwister so weit gekommen bin. Ich habe vier Brüder und bin die Kleinste und das einzige Mädchen. Sie haben immer Fussball gespielt und mich mitgenommen. Und manchmal übertrifft der Schüler eben seinen Lehrmeister, und ich war die Bessere!" Wieder wird Ocampos Bericht von einem Lachen begleitet.

Wendepunkt Mit 19 machte sie schließlich eine Erfahrung, die sie endgültig davon überzeugte, dass der Fussball für sie der richtige Weg war: Sie nahm an der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft 2006 in Russland teil. "Dort habe ich mir den Weg gebahnt, denn danach bin ich in die A-Nationalmannschaft berufen worden. Bei diesem Turnier habe ich mich durchgesetzt und mir gesagt, dass ich mit dem Fussball weitermachen will. Es war eine tolle Erfahrung", versichert sie.

Auf persönlicher Ebene brachte der mit der Russlandreise verbundene Kulturschock mehrere Anekdoten mit sich. "An einem Nachmittag, an dem wir die Erlaubnis hatten, auszugehen, wollte eine Freundin die Moskauer Metro kennenlernen. Wir konnten kein Russisch und konnten das Alphabet nicht lesen. Daher haben wir uns verfahren und sind einige Stunden herumgeirrt. Das hat uns eine kleine Strafe gekostet." In fussballerischer Hinsicht traf sie dort auf Spielerinnen wie Celia Šašić und Nadine Kessler, mit denen sich die Wege später erneut kreuzen sollten, oder auf die U.S.-Amerikanerin Tobin Heath, mit der sie in der amerikanischen Liga beim selben Klub spielte.

Außerdem traf sie dort die Spielerin, die im Laufe der Jahre ihre Hauptangriffspartnerin im Team von El Tri wurde: Charlyn Corral. "Ein Drittel meines Lebens habe ich mit ihr zusammengespielt! Wir haben schon im Trainingslager darüber gesprochen und festgestellt, dass wir praktisch die einzigen Spielerinnen sind, die von der Mannschaft noch übrig sind, die damals in Russland am Start war. Wir haben tolle Momente miteinander erlebt, und ich bewundere sie. Sie ist eine tolle Spielerin."

In Russland erfüllte sich für Ocampo ein Traum, als sie ein WM-Tor erzielte. Damals äußerte die Spielerin gegenüber FIFA.com einen Wunsch: "Hoffentlich bleibt dies nicht unsere einzige WM-Teilnahme!" Dieser Wunsch sollte sich erfüllen, denn die Stürmerin nahm an der jüngsten WM-Auflage in Kanada und auch an der vorherigen Auflage 2011 in Deutschland teil. Dort erzielte sie ein denkwürdiges Tor. Mit einem fulminanten Weitschuss versenkte sie die Kugel im Netz und brachte El Tri damit den ersten Punkt bei einer Weltmeisterschaft für A-Nationalmannschaften . "Das war eines der wichtigsten Tore meiner Karriere, und zwar nicht nur wegen des Treffers an sich, sondern auch wegen seiner Bedeutung für das Team."

Mit gutem Beispiel vorangehen Trotz dieser Errungenschaften wurde es nicht leichter. Ocampo musste weiter für die Verwirklichung ihres Traums kämpfen und sich ihren Platz im Fussball suchen. Nach zwei Jahren beim U.S.-amerikanischen Klub Sky Blue steht sie in dieser Saison bei keinem Profiklub unter Vertrag. Dennoch hat sie keinesfalls die Hände in den Schoß gelegt. Ganz im Gegenteil. "Ich habe eine Sportlehrerausbildung begonnen und möchte Trainerin werden. Außerdem fungiere ich in einer Amateurmannschaft für Mädchen gleichzeitig als Spielerin und Trainerin. Doppeltes Glück!", meint sie mit einem breiten Lächeln.

Sie bringt den Mädchen ihre Arbeitsphilosophie nahe und macht sie darauf aufmerksam, wie einfach sie es heute haben. "Manchmal wollen sie nicht zum Training kommen. Dann sage ich ihnen, wenn du etwas erreichen willst und dich nicht anstrengst, wirst du es nicht schaffen. Und auch, dass sie es inzwischen viel leichter haben als wir früher. Wie gern hätte ich jemanden gehabt, der mit mir trainiert! Ich bin wirklich ein bisschen neidisch. Wenn ich ihnen das sage, spüre ich, dass etwas bei ihnen ankommt und sie sich mehr ins Zeug legen."

Die Stürmerin hält nicht mit dem Wunsch hinter dem Berg, weiter zu spielen. Nun setzt sie darauf, nach der Nominierung des neuen mexikanischen Nationaltrainers, dessen Posten seit dem Weggang von Leonardo Cuéllar vakant ist, wieder für El Tri nominiert zu werden. Außerdem hofft sie auf die Reaktivierung eines Projekts, auf das alle seit langem sehnsüchtig warten: die Schaffung einer mexikanischen Frauenfussball-Liga. "Das ist das Beste, was uns passieren könnte. Wenn wir uns jetzt ohne eine Liga für Weltmeisterschaften und die Panamerikanischen Spiele qualifizieren können, dann würde der mexikanische Fussball mit dieser Liga sicher einen Riesensprung nach vorn machen", versichert sie.

In der Zwischenzeit arbeitet sie unermüdlich weiter für die Gegenwart und Zukunft des mexikanischen Frauenfussballs. Jeder Schritt nach vorn ist hart erkämpft.