Karina LeBlanc bestritt mehr als 100 Länderspiele für Kanada
Heute ist die olympische Bronzemedaillengewinnerin Leiterin der Abteilung Frauenfussball bei der CONCACAF
"Ich denke, das ist die beste Position auf dem Feld"
Der Frauenfussball macht weiterhin enorme Fortschritte, was nicht zuletzt Frauen wie Karina LeBlanc zu verdanken ist. In ihrer aktiven Zeit war sie eine überaus respektierte Torhüterin. Heute verfolgt sie ihren Traum, den Frauenfussball zu fördern, als Funktionärin.
LeBlanc ist Leiterin der Abteilung Frauenfussball bei der CONCACAF und füllt noch weitere Rollen im Entwicklungsbereich aus. Nicht zuletzt gehört sie zu den FIFA-Legenden und wirbt in dieser Rolle als Botschafterin für den Fussball, um noch mehr Mädchen und junge Frauen zu stärken und einzubinden.
Im Rahmen der The Best FIFA Football Awards werden am 23. September in Mailand zwei neue Auszeichnungen speziell für Frauen vergeben, nämlich The Best – FIFA-Welttorhüterin und die FIFA FIFPro World11 der Frauen.
FIFA.com traf sich mit der ehemaligen kanadischen Nationaltorhüterin zu einem Gespräch über die Bedeutung dieser neuen Auszeichnungen für den Frauenfussball sowie über die Position der Torhüterin.
FIFA.com: Welche Bedeutung haben diese Auszeichnungen für den Frauenfussball? Karina LeBlanc: Ich denke, der Einfluss ist sehr groß, denn es ist ein weiterer bedeutender Schritt in der Entwicklung. Die Zusammenstellung der Traumelf wird eine ziemliche Herausforderung, denn ich bin sicher, dass wir bei der WM die besten Spielerinnen der Welt sehen werden. Ganz besonders begeistert bin ich natürlich von der neuen Auszeichnung für die beste Torhüterin. Allerdings bin ich da ja auch ein bisschen voreingenommen. Für mich ist es jedenfalls die beste Position auf dem Feld. Dass die FIFA diese neuen Auszeichnungen vergibt, zeigt jedenfalls, dass wir uns im Frauenfussball in die richtige Richtung bewegen und dass die Wertschätzung enorm wächst. Ich bin sicher, dass die Fans von dieser Ankündigung begeistert sind, ebenso wie die Spielerinnen.
Wie sehr hätten solche Auszeichnungen für Frauen sie als Kind motiviert? Als ich aufwuchs, waren alle meine Idole Männer. Jetzt hingegen bekommen endlich auch die Frauen die hart erarbeitete und längst verdiente Aufmerksamkeit. Kleine Mädchen überall auf der Welt werden davon träumen, Torhüterin zu werden und diese Auszeichnung zu bekommen. Das ist absolut großartig. Es kommt sehr darauf an, was wir tun, um die nachfolgenden Generationen zu inspirieren. Ich denke, Auszeichnungen wie diese machen vieles klar. Zudem ist es natürlich auch eine überfällige Auszeichnung für aktuelle Spielerinnen.
Was benötigt eine Torhüterin, um zur besten Vertreterin ihrer Zunft zu werden? Früher ging es im Tor in erster Linie darum, Bälle zu halten. Wenn man sich den modernen Fussball von heute ansieht, zeigen Torhüterinnen und Torhüter manchmal vielleicht nur drei oder vier Paraden in einem Spiel. Es geht sehr viel mehr um die Führungsarbeit. Es geht darum, das Spiel zu kontrollieren. Man ist nicht nur die letzte Verteidigungslinie sondern auch die erste Angriffslinie. Die Position ist viel komplexer als früher. Es geht um vielseitige Sportler, die verschiedene Aufgaben erfüllen können. Es geht längst nicht mehr nur um den Einsatz der Hände sondern auch der Füße. Am wichtigsten ist jedoch die Präsenz auf dem Feld. Die besten Torhüterinnen und Torhüter haben eine beeindruckende Präsenz.
Wie wichtig wird die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ für die Vergabe der neuen Auszeichnungen und auch für die Weltfussballerin und die Welttrainerin des Jahres? Sehen Sie die WM als eine Art Endspurt für die Vergabe? Ich denke, dadurch werden die Namen der Spielerinnen weithin bekannt, nicht nur im jeweiligen Land, sondern rund um die Welt, schließlich ist es ja eine Weltmeisterschaft. Ich denke, dass wir einige ganz neue Gesichter sehen werden, von denen wir bisher kaum etwas gehört haben. Gleichzeitig werden natürlich auch altbekannte Gesichter wieder glänzen. Wir sprechen von der größten Fussballbühne der Welt. Wir werden die besten Spielerinnen sehen und eine der tollsten Sportveranstaltungen aller Zeiten erleben. Die WM bietet den Spielerinnen die perfekte Gelegenheit, sich und ihr Können zu zeigen. Natürlich gibt es dabei auch großen Druck. Diejenigen, die dem Druck standhalten und in den Spielen für die Entscheidung sorgen, werden auf dieser perfekten Bühne den Lohn einfahren.
Frankreich 2019 rückt schnell näher. Auf welche Torhüterinnen und welche Spielerinnen freuen Sie sich am meisten? Ich freue mich sehr auf das Team aus Jamaika, das vor seinem WM-Debüt steht und für viel Spektakel sorgen kann.
Ich glaube, dass die beste Torhüterin nicht diejenige sein wird, die die meisten erwarten. Das sage ich, weil sich der Frauenfussball derart enorm entwickelt hat. Oft ist es so, dass Torhüterinnen mit herausragenden Leistungen ihr ganzes Team mitreißen und tragen. Bei großen Turnieren konnte man schon oft sehen, dass die Torhüterposition viel über die Zukunft aussagt. Was die Auszeichnung für die Welttorhüterin angeht, bin ich noch nicht sicher. Ich denke, dass wir beim Turnier den Durchbruch einer neuen Torhüterin erleben werden. Im Finale werden wir jedenfalls zwei echte Weltklassetorhüterinnen sehen, das ist sicher.