Fran Kirby brennt nach einem Jahr Zwangspause auf die UEFA EURO der Frauen
Die Stürmerin war 2015 in Kanada die Entdeckung des Turniers
England startet gegen Schottland ins Turnier
"Es war mir egal, ob ich Tore schieße, es war mir egal, wie der Ball den Weg ins Netz fand. Ich war einfach nur glücklich, nach diesem schweren Jahr wieder Fussball spielen zu können."
Lange verletzungsbedingte Auszeiten sind wohl die schwersten Abschnitte in der Karriere von Fussballern. Sie können nicht tun, was sie am liebsten tun und müssen trotz der scheinbar endlosen Schinderei in Reha und Krafttraining versuchen, die positiven Aspekte im Blick zu behalten, bis sie endlich wieder einen Ball am Fuß haben.
Diesen langen Weg voller Zweifel und Enttäuschung hat auch die 24-jährige Engländerin Fran Kirby hinter sich gebracht. In den vergangenen zwölf Monaten wurde sie von einer Knie- und Knöchelverletzung geplagt, doch nun fiebert sie mit neuem Selbstvertrauen der Teilnahme an der UEFA EURO der Frauen entgegen.
"Das war für mich ein sehr schweres Jahr", sagte sie aus dem Trainingslager im spanischen Valencia in einem Gespräch mit FIFA.com. "Es war schon ziemlich hart. Ich habe während der Verletzungspause einige echte Tiefpunkte durchlebt. Ich wusste nicht, wann ich zurückkommen würde, ich wusste nicht einmal, wann ich wieder trainieren würde, und es gab einige Dinge, die ich gar nicht machen durfte. Und als ich dann endlich wieder zurückkam, gab es noch einmal einen leichten Rückschlag. Das war wirklich schwer zu verkraften."
Kirby sprach in der Vergangenheit mutig über ihre Depression nd konnte nun dank einer optimalen Betreuung sogar ihrer Verletzungspause etwas Positives abgewinnen. "Ich hatte großartige Leute um mich herum", erzählt sie. Nach den ermüdenden Einheiten im Kraftraum war es wichtig für sie, in einen normalen Tagesablauf mit gemeinsamen Mahlzeiten und gelegentlichen Kinobesuchen und anderen Aktivitäten eingebunden zu sein. Auch die Familie hat ihr in dieser schweren Zeit geholfen.
"Das Ganze war in gewisser Weise auch ein Segen, denn durch diese Dinge konnte ich an mir selbst arbeiten, an den Aspekten, die ich abseits des Platzes brauche", so Kirby. "Ich denke, das hat mich als Spielerin und auch als Person weiter gebracht. Ich musste etwas aus meinem Schneckenhaus heraus kommen, denn mir fehlte die Möglichkeit, mich auf dem Platz auszudrücken, also musste ich es abseits davon tun."
Als sie dann endlich wieder auf dem Platz stand, ging sie mit neuer Begeisterung an die Sache heran. In fünf Einsätzen in der Frühlingsrunde der FA Women's Super League erzielte sie sechs Tore und war damit die erfolgreichste Torjägerin. Mit einem weiteren Treffer im Länderspiel gegen die Schweiz bewies sie dann endgültig, dass sie kaum Rost angesetzt hatte.
"Natürlich hatte ich stets die Sorge im Hinterkopf, vielleicht nicht mehr so stark zurück zu kommen wie vor der Verletzung", so die trickreiche Angreiferin. "Doch jetzt gehe ich mit dem Wissen in die Europameisterschaft, dass ich immer noch Tore schießen und Chancen vorbereiten kann.
"Dass ich in der Frühlingsrunde Torschützenkönigin wurde, verleiht mir sehr viel Selbstvertrauen. Ohne Torerfolge hätte ich bestimmt angefangen, an mir zu zweifeln."
Bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015, wo Kirby erstmals auf der internationalen Bühne glänzte, war England das erfolgreichste europäische Team. Nun peilen die Engländerinnen in den Niederlanden nicht weniger als den Titelgewinn an. Gleich zum Auftakt können sie ihre "leidenschaftliche" Rivalität im Nachbarschaftsduell gegen Schottland erneuern.
Am 19. Juli geht es um den Sieg in diesem Prestigeduell, doch das ist für die Lionesses nur der erste Schritt. Dank der Erfahrungen aus Kanada sieht sich das Team in einer besseren Ausgangslage als je zuvor.
"Wir kennen den Druck und wir wissen, damit umzugehen", so Kirby voller Überzeugung. "Selbst im Spiel um Platz drei gegen die Deutschen haben wir uns unter Erfolgsdruck gesetzt, denn uns war klar, ohne Sieg hätten wir ohne Medaille nach Hause fahren müssen. Leider sind wir im Halbfinale ausgeschieden und wissen, wie weh das tut. Genau das wollen wir nicht noch einmal erleben."