Mittwoch 10 Mai 2017, 17:31

Kinder mit Down-Syndrom lernen im Team

  • Downside Upbringt Kindern mit Down-Syndrom in Russland das Fussballspielen bei

  • Das Projekt wurde ins FIFA-Programm Football for Hope aufgenommen

  • Football-for-Hope-Forum vom 26. bis 28. Juni in Kasan

Fussball zu spielen, macht Kindern nicht nur viel Spaß und ist gesund, sondern vermittelt ihnen auch eine sehr wichtige Kompetenz, die in nahezu jedem Beruf benötigt wird. Im Fussball bezeichnet man diese Kompetenz als "Teamgeist", was nichts anderes bedeutet als die Fähigkeit, in einer Gruppe auf ein bestimmtes Ziel hinzuarbeiten.

Und vielleicht ist der Fussball sogar auch in der Lage, diese Eigenschaft bei Kindern zu entwickeln, für die Kommunikation und Teamwork sogar noch wichtiger sind als für andere.

Tatyana Olshanskayas zehnjähriger Sohn Stepan, der das Down-Syndrom hat, spielt bereits im zweiten Jahr Fussball. Sie ist überzeugt, dass die Trainingseinheiten ihrem Sohn beim Erwerb neuer Fähigkeiten helfen.

"Beim Fussball lernen die Kinder, sich untereinander abzustimmen, und sie müssen den Anweisungen des Trainers genau folgen", so Tatyana. "Sie müssen sehr präzise und klar sein. Die Kinder lernen, dass sie als Team zum Erfolg kommen können, wenn sie sich nicht gegenseitig behindern, sondern sich helfen."

Russland hat damit begonnen, mehr Kinder mit Down-Syndrom am Fussball teilhaben zu lassen. Die Hilfsorganisation Downside Up hat sich mit der Russischen Staatlichen Sozialen Universität zusammengetan, um auch diesen jungen Menschen den Sport näher zu bringen und geeignete Trainingsmethoden zu erarbeiten. Das Projekt wurde 2017 in das FIFA-Programm Football for Hope aufgenommen – im Jahr des FIFA Konföderationen-Pokals und ein Jahr vor der Ausrichtung der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ in Russland.

"Nur wenige Kinder mit Down-Syndrom treiben Sport, denn oft stimmen die Voraussetzungen für sie nicht", erläutert Irina Menshenina, die Leiterin der Entwicklungsabteilung von Downside Up. "Viele Eltern wissen außerdem gar nicht, welche Möglichkeiten es gibt. Einige konnten sich für unser Konzept, den Kindern das Fussballspielen beizubringen, nicht unbedingt von Anfang an erwärmen. Wir mussten sie erst mit Beispielen aus dem Ausland überzeugen, dass es tatsächlich funktioniert.

Doch sobald die Kinder die ersten Erfolge erlebten, wurde auch den Eltern klar, wie erfolgreich diese Trainingseinheiten sind."

"Pavel ist geselliger geworden", bestätigt beispielsweise Ruslan Khalikov, der Vater eines jungen Teilnehmers. "Er hat neue Freundschaften geschlossen. Der Fussball hat ihn gelehrt, dass er nicht die ganze Zeit in seiner Blase bleiben kann. Er muss heraus, unter die Leute kommen und sich in die Gesellschaft um ihn herum integrieren."

"Im Fussball ändert sich die Spielsituation ständig", so Menshenina weiter. "Die Kinder müssen sich fortwährend an die verschiedenen Situationen anpassen und neue Umstände berücksichtigen. Die Eltern haben verstanden, dass das auch auf das Leben an sich zutrifft. Einige von ihnen sind nun bereit, ihren Kindern mehr Unabhängigkeit zu gewähren, worauf sie bisher nicht vorbereitet waren.

Als Folge davon bekommt das Selbstbewusstsein der gesamten Familie einen enormen Schub. Wir können schon jetzt beobachten, dass unsere Fussballer stets als erste dabei sind, wenn neue Aktivitäten eingeführt werden."

Neue TrainingsmethodenFussballtraining speziell für Kinder mit Down-Syndrom ist für Russland etwas Neues. Den Trainern wurde schnell klar, dass ihnen entsprechende Erfahrungen für diese Aufgabe fehlten. Downside Up bietet daher entsprechende Unterstützung für eine angepasste Sportausbildung an und hat zudem begonnen, unter Einbeziehung von Praktiken aus dem Ausland neue Trainingsmethoden zu entwickeln.

"Die Auffassung, dass Menschen mit Down-Syndrom nicht für Mannschaftssportarten geeignet sind, ist weit verbreitet", so Alexander Makhov, der Dekan für Sport an der Russischen Staatlichen Sozialen Universität, der die Entwicklung der neue Methodik leitet. "Dass sie in Einzelsportarten erfolgreich sein können, ist durchaus bekannt. Wir wollen das Klischee durchbrechen.

Die typische Herangehensweise für nicht-behinderte Kinder funktioniert hier nicht. Man muss sich besonders viel Zeit für Erklärungen nehmen und ihnen die meisten Fussball-Grundlagen sehr ausführlich zeigen. Man muss ihnen beispielsweise solch grundlegende Begriffe wie 'Ballbesitz' erklären. Ein wichtiger Aspekt besteht daher darin, überhaupt eine geeignete Sprache zu finden."

Kürzlich nahm ein Team aus Teenagern mit Down-Syndrom an einem Wohltätigkeitsturnier unter dem Motto Sport vo Blago ("Sport for Good") teil, wo sie ein Freundschaftsspiel gegen ein Team aus Spielführern anderer Mannschaften bestritten.

Die anderen drei russischen Organisationen, die vom FIFA-Programm Football for Hope unterstützt werden, sind die regionale öffentliche Behindertenorganisation "Perspektive", NO Fond Podelis Teplom und die Regionalabteilung Pskov der "Russischen Kinderstiftung."

Rund um den Globus gibt es Hunderte Organisationen, die gesellschaftliche Projekte unter Nutzung des Fussballs umsetzen. Die FIFA setzt ihre Unterstützung für derartige Projekte in allen Regionen der Welt auch 2017 im Rahmen der Initiative Football for Hope fort. Zudem wird die FIFA eine dritte Auflage ihres Football-for-Hope-Forums veranstalten. Nach den beiden bisherigen Veranstaltungen in Südafrika und in Brasilien findet das dritte Forum vom 26. bis 28. Juni in der russischen Stadt Kasan statt. Dort kommen zahlreiche Vertreter der unterstützten Nichtregierungsorganisationen sowie internationaler und nationaler Fussballorganisationen zusammen, um über den Beitrag des Fussballs beim Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zu diskutieren.