Der Fussball spielt auf der entlegenen schottischen Insel Eriskay eine enorme Rolle
Das Spielfeld der Insel wurde dank des FIFA Museums bekannt
Der Spielertrainer des FC Eriskay erzählt uns von den Schwierigkeiten, das Team fortzuführen
Makellosigkeit sei gleichbedeutend mit Schönheit, heißt es oft. Wissenschaftler erklären uns, dass symmetrische Gesichter die attraktivsten sind. Und auch die perfekt gepflegten, modernen Fussballfelder haben ihre ganz eigene Schönheit.
Doch auch Unvollkommenheit kann schön sein – und der beste Beweis dafür ist ein alles andere als vollkommener Platz auf einer winzigen schottischen Insel mit nicht einmal 150 Bewohnern.
Noch vor wenigen Jahren kannte man Eriskay bestenfalls aus einem Film aus den späten 1940er Jahren. Whisky Galore (deutscher Titel: Freut euch des Lebens) erzählt die wahre Geschichte, wie die Inselbewohner mehrere Tausend Kisten Whisky von einem auf Grund gelaufenen Frachtschiff bargen und danach die zuständigen Zollbehörden an der Nase herumführten.
Der einzige Pub der Insel ist nach dem Unglücksschiff SS Politician benannt und dessen Name prangt auch auf den Trikots des Fussballklubs der Insel. Dieses Team und der Platz, auf dem gespielt wird, wurden in den vergangenen Jahren zu einem zweiten Aushängeschild Eriskays. Der Platz ist zwar überaus pittoresk gelegen, doch ein Musterbeispiel für Perfektion ist er ganz gewiss nicht, wie auch der Spielertrainer des FC Eriskay gern zugibt.
"Alle gegnerischen Teams beschweren sich über den Platz", so Shaun MacKinnon gegenüber FIFA.com. "Und es stimmt ja auch – wie ein Green auf dem Golfplatz sieht er ganz gewiss nicht aus. Er ist holprig und in einer Ecke gibt es eine kleine Erhebung und eine Hälfte liegt etwas höher als die andere. Außerdem laufen immer wieder Schafe, Pferde und Kühe darüber, die den Platz gelegentlich auch als Toilette nutzen. Daher muss hier immer eine ganze Menge bereinigt werden. Sie wollen bestimmt nicht sehen, in welchem Zustand sich der Platz jetzt gerade befindet…"
"Außerdem liegt er direkt am Meer und ist den Elementen schutzlos ausgesetzt. Es kann sehr windig werden und dann ist es kaum möglich, vernünftigen Fussball zu spielen. Man muss seine Spielweise anpassen. Ein Tiki-Taka kann man hier jedenfalls definitiv nicht aufziehen!
"Unsere Saison hier geht von Ende März bis September. In diesem Jahr ist sie wegen der COVID-Beschränkungen vollständig ausgefallen. Und im Winter kann man auf unserem Platz überhaupt nicht spielen. Die tiefer gelegene Hälfte ist dann völlig durchnässt und die Sonne scheint an den kurzen Tagen nicht lang genug, um das Spielfeld zu trocknen."
"Aber mittlerweile ist er eine kleine Touristenattraktion geworden. Immer wieder kommen Leute und fotografieren oder filmen den Platz. Wir waren auch schon im Fernsehen und in ein paar Zeitungen. Das ist für eine so kleine Insel wie die unsere eine wirklich positive Publicity."
Die FIFA – genau genommen das FIFA Welt Fussball Museum – spielte die Hauptrolle dabei, den FC Eriskay bekannt zu machen. Der Anruf aus Zürich kam 2015. Damals wählte das Museum die Insel für die Sonderausstellung 'Planet Football' aus und zeigte Aufnahmen des Teams und des holprigen Platzes neben Fussball an anderen, völlig gegensätzlichen Orten – beispielsweise in der marokkanischen Wüste oder an einem brasilianischen Strand.
"Das hat unsere Insel natürlich sehr viel bekannter gemacht", so MacKinnon. Ist dadurch auf der Insel Stolz auf das Team entstanden? Nein, denn diesen Stolz gab es schon immer. Das empfinden alle, die gegen einen Ball treten können."
"An Orten wie diesen ist der Fussball noch wichtiger als auf dem Festland. Ich habe ein paar Jahre in Glasgow gelebt und dort Amateurfussball gespielt. Aber das war nur ein Hobby. Hier hingegen repräsentierst du deine Insel. Das Team ist ein sehr wichtiger Teil der Gemeinde."
Der FC Eriskay existiert seit Ende der 1950er Jahre, aber trotz seiner Bedeutung im Leben der Inselbewohner ist seine Zukunft alles andere als gesichert.
Die Schwierigkeiten angesichts der überaus geringen Bevölkerung und der Überalterung des Kaders bedeuten schon seit Längerem einen deutlichen Nachteil gegenüber den Teams der umliegenden, größeren Inseln. MacKinnon sieht daher die größte Herausforderung darin, überhaupt genügend Spieler zu finden um den Fussball auf Eriskay weiter fortzuführen.
"Manchmal ist es schon schwer genug, überhaupt elf Spieler zusammenzubekommen", berichtet er. "Wenn ich 13 Spieler für ein Spiel habe, bin ich mehr als zufrieden.
Wenn ich hier irgendwann als Trainer aufhöre, wird man mich nicht danach beurteilen, wie erfolgreich das Team war, sondern wie viele Jahre ich es noch weiter geführt habe. Denn das ist hier die große Herausforderung, und es wird immer schwieriger, weil leider nur so wenige Youngster nachkommen."
Wenn sich daran nichts ändert, fürchte ich, dass sich das Team in den nächsten Jahren auflösen muss. Und das wäre wirklich ein sehr großer Verlust für die Insel. Wir werden alles tun, um das zu verhindern."
Jeder, der den Fussball liebt oder die Schönheit des Unvollkommenen bewundert, wird MacKinnon Erfolg wünschen. Es wäre wirklich jammerschade, wenn der Fussball, der erst zur bescheidenen Bekanntheit von Eriskay beigetragen hat, nun aus dem Blickfeld verschwinden würde – von dem aufsehenerregenden Spielfeld ganz zu schweigen.