Abiha Haider wurde 2020 in die Liste der 30 Most Powerful Muslim Women In Sports aufgenommen
Geehrt werden muslimische Frauen, die die Sportbranche auf verschiedenen Ebenen positiv beeinflussen
Seit 2010 vertritt Haider ihr Heimatland Pakistan in der Nationalmannschaft
Um es ins Guinness Buch der Rekorde zu schaffen, muss man mit herausragenden Leistungen, den verrücktesten Einfällen oder auch kühnsten Stunts aufwarten. Definitiv kein leichtes Unterfangen...
Abiha Haider kann hingegen bereits auf zwei Einträge zurückblicken. Und zwar für die Teilnahme an einem Fussballspiel am Rande der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Frankreich 2019™, das 69 Stunden andauerte. Equal Playing Field, eine gemeinnützige Organisation, die sich der Stärkung von Frauen im Sport widmet, hatte das Spiel in Lyon, an dem 807 Spieler teilnahmen, organisiert.
Doch dies ist nur eine der vielen beeindruckenden Leistungen der 24-Jährigen, die 2010 im Alter von gerade einmal 13,5 Jahren ihr Debüt in der pakistanischen Frauen-Nationalmannschaft gab. Zehn Jahre später schaffte es Haider auf die Liste der "30 Most Powerful Muslim Women In Sports". Geehrt werden dort die inspirierendsten muslimischen Frauen, die die Sportbranche auf verschiedenen Ebenen positiv beeinflussen.
"Das war ein erstaunliches Gefühl, als ich den Artikel gelesen habe", beschreibt Haider im Interview mit FIFA.com den Moment, als sie erfuhr, dass sie es auf die Power-List, die eine Plattform für die globale Gemeinschaft muslimischer Frauen im Sport bietet, geschafft hat.
"Ich komme aus Pakistan, und als ich mit dem Fussball aufgewachsen bin, hatte ich nicht viele Vorbilder - eigentlich kein Vorbild aus dem Bereich Fussball. Als ich 2009 anfing zu spielen, befand sich dieser noch im Entwicklungsstadium. Also habe mir versprochen, dass ich mich selbst weiter entwickeln und meine eigene Persönlichkeit aufbauen werde. Mir war wichtig, dass Jugendliche, Eltern und Familien zu mir aufschauen können und dass sie sicher sein können, dass Fussball für Mädchen sicher ist. Ich wollte immer diese Botschaft - basierend auf meiner eigenen Erfahrung, meinem Charakter, meiner Fähigkeit - weitergeben, dass Fussball sicher ist, wenn ich ihn spiele."
Doch der Weg auf die Liste der 30 einflussreichsten muslimischen Frauen im Sport war für Haider ein steiniger. Jeden Tag musste sie für ihren Traum kämpfen, Stereotypen durchbrechen.
"In Pakistan leben wir in einer von Männern dominierten Gesellschaft, und Fussball für Mädchen ist ein großes No-Go. Meine Familie hat mich sehr unterstützt, was ein Segen war. Aber meine Großfamilie zeigte viele Vorbehalte, als sie erfuhren, dass ich das Fussballfeld betrete und ich offensichtlich Shorts oder Hosen tragen werde. Sie konnten es sich nicht vorstellen und brachten zum Beispiel Argumente hervor, dass ich meine Ausbildung vernachlässigen, in die falschen Hände geraten und meine Familie verlassen würde", beschreibt die Mittelfeldakteurin.
Argumente, die sie entkräften konnte, als es ihr 2010 gelang, einen ihrer drei größten Träume wahr werden zu lassen. "Als ich 2010 für die pakistanische Nationalmannschaft spielte - ich war mit nur 13,5 Jahren die jüngste Spielerin aller Zeiten - war es ein großer Durchbruch. Als ich nach Pakistan zurückkam, begannen all diese Leute, die mich für das Fussballspielen kritisierten, stolz auf mich zu sein und mich als ihr Familienmitglied vorzustellen."
Haider ist es wichtig, ihrer Rolle als Vorbild gerecht zu werden und der Gesellschaft und ihrer Nation, die ihr so viel Liebe, Ehre und Würde geschenkt haben, etwas zurück zu geben. Der Sport hat ihr Leben in vielerlei Hinsicht verändert, ihr Selbstvertrauen geschenkt und sie gelehrt, mit jeder negativen oder positiven Situation umgehen zu können.
"Bevor ich zum Fussball kam, war ich sehr schüchtern, konnte keine Rede halten. Aber nach dem Einstieg in den Fussball konnte ich all dieses Selbstvertrauen gewinnen und habe vor 40.000 bis 50.000 Menschen Reden gehalten. Sport gibt uns das Vertrauen NEIN zu sagen und die Menschen zu konfrontieren, die versuchen, einen zu benutzen oder in eine schreckliche Position zu bringen."
Jetzt steht die pakistanische Nationalspielerin kurz davor ihren zweiten Traum zu verwirklichen. Erst kürzlich hat sie ihre juristischen Abschlussprüfungen an der University of London abgelegt und wartet nun auf ihre Ergebnisse.
"Und mein dritter und größter Traum ist es, eine Fussballakademie für benachteiligte Mädchen zu gründen. Ich möchte ihnen all die Ressourcen und Möglichkeiten geben, die mir in meiner Kindheit gegeben wurden, um Sport zu treiben, den ich sehr geliebt habe. Leider hat Corona einige Rückschläge verursacht. Ich habe im Februar/März mit der Umsetzung angefangen und alle nötigen Papiere ausgefüllt. Aber aufgrund von Corona wurden viele meiner Pläne durcheinandergebracht. Jetzt warte ich darauf, dass sich die Dinge wieder normalisieren und ich meinen dritten und größten Traum umsetzen kann."
Dieser Artikel gehört zu unserer Serie 'Frauen im Fussball'. Darin zeigen wir einige Hauptfiguren des Frauenfussballs aus einem anderen Blickwinkel und blicken auch hinter die Kulissen. In der kommenden Woche beschäftigen wir uns mit Edina Alves.