Das globale Spiel in Gibraltar
Seit 2016 FIFA-Mitglied
GFA ist einer der ältesten Fussballverbände weltweit
Über 150 Jahre umfasst die moderne Geschichte des Fussballsports. Sie begann 1863, in dem sich in England die Wege des Rugby Football und des Association Football voneinander trennten und der älteste Fussball Verband der Welt, die Football Association, gegründet wurde. In Deutschland zog man 1900 nach, Japan folgte 1921, in Brasilien war man sogar erst 1923 soweit. Argentinien gründete 1893 die Asociación del Fútbol Argentino (AFA), die zu den ältesten Verbänden der Erde gehört.
Nur zwei Jahre nach der AFA wurde in Europa ein Verband aus der Taufe gehoben, den zweifelsohne nur die Wenigsten auf der Rechnung haben dürften: die Gibraltar Civilian Football Association, später Gibraltar Football Association (GFA).
An der Südspitze der Iberischen Halbinsel gelegen, ist das Land mit rund sieben Quadratkilometern nach dem Vatikan und Monaco das drittkleinste Land der Welt, gerade einmal 35.000 Menschen leben dort. Nichtsdestotrotz ist Fussball die populärste Sportart des britischen Überseegebietes.
"Wir sind verrückt nach Fussball. Dass wir jetzt Mitglied von UEFA und FIFA sind, steigert das Interesse noch weiter. Es kommen Leute aus dem Ausland hierher, um hier zu spielen", erzählt Kapitän Roy Chipolina. Gespielt wird im Victoria Stadium, das direkt zwischen dem berühmten "Affenfelsen", der von über 200 Exemplaren dieser Spezies bewohnt wird, und dem Flughafen liegt. Es ist das einzige Stadion von Gibraltar, so dass hier alle Liga- und Länderspiele ausgetragen werden.
Nachwuchs und Profis fehlen
Wie praktisch jeder der rund 3.000 lizenzierten Fussballerinnen und Fussballer des Landes, lebt Chipolina für den Fussball, nicht von ihm. Er arbeitet hundert Prozent bei der Zollverwaltung. "Seit dem Tag als Gibraltar das erste offizielle Länderspiel bestreiten durfte, lebe ich meinen Traum. Jeden Tag. Wir dürfen gegen die besten Spieler der Welt spielen und Erfahrungen sammeln."
Als Amateure bekommen die Spieler lediglich eine Aufwandsentschädigung. Mittlerweile steht etwas mehr Geld zur Verfügung, so dass die Akteure wenigstens nicht mehr ihre eigenen Reise- und Hotelkosten zahlen müssen Ganz auf den Fussball konzentrieren kann sich hier jedoch niemand bzw. nur die wenigsten. Das wirkt sich unweigerlich auf die Leistung aus.
"Bin ich mit der Arbeit fertig, fahre ich jeden Abend über die Grenze nach Spanien ins Training", sagt er. Alle zwölf Klubs trainieren in Spanien. "Ich bin es nicht anders gewohnt. Für den Fussball ist mir kein Aufwand zu groß. Ich liebe es zu spielen."
"Manchmal kommt man schon ziemlich erschöpft zum Training, denn die Arbeit hat schließlich Vorrang", gesteht auch Lee Casciaro, der mit seinem Bruder Kyle im Nationalteam spielt. "Der Fussball ist dann so etwas wie ein zusätzlicher Zweitjob." Kyle ist als Schiffsspediteur tätig. Oft macht er früher Schluss und kommt trotzdem zu spät zum Training, und manchmal lässt es sich nicht vermeiden, sogar während des Trainings noch zu arbeiten. "Das ist schon verrückt. Wenn wir Lauftraining machen, habe ich oft das Mobiltelefon bei mir. Wenn dann ein Anruf kommt, muss ich ihn annehmen, wenn es eines meiner Schiffe ist, die in Gibraltar einlaufen."
Trotz ihres Alters von 37 bzw. 39 sind Chipolina und Casciaro nicht aus der Nationalmannschaft wegzudenken. "Wir spielen, solange uns die Beine tragen." Und genau dort steckt ein weiteres Problem: Es fehlt an Nachwuchskräften bzw. an Einsatzmöglichkeiten für die jungen Einheimischen. Die GFA hat das Problem erkannt und seit der neuen Saison eine Regeländerung eingeführt. Nun müssen pro Team nicht mehr vier, sondern fünf Gibraltarer auf dem Kunstrasen stehen, um die eigene Jugend zu fördern.
Ein Blick in die Geschichte
Britische Streitkräfte führten den Fussball im 19. Jahrhundert ein und etablierten Ligen und Pokalwettbewerbe
Im Oktober 1907 folgte mit der Gibraltar Football League die erste zivile Fussballliga mit acht Teams
Erster Meister: Prince of Wales FC
Zwischen 1949 bis 1955 kamen Klubs wie Real Madrid, Atlético Madrid, Real Valladolid und Admira Wacker nach Gibraltar, um gegen das Nationalteam zu spielen
Mai 2013: Aufnahme in die UEFA
September 2016: Aufnahme als 211. Mitglied in die FIFA
Nur wenige Monate später durfte das Land schon in der Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ teilnehmen. In einer Gruppe mit Belgien, Griechenland, Bosnien-Herzegowina, Estland und Zypern blieb man allerdings punktlos.
Bereits in der EM-Qualifikation zuvor war man weitgehend chancenlos, aber nach vier Niederlagen ohne eigenes Tor gelang Lee Casciaro am 29. März 2015 beim 1:6 gegen Schottland das erste Pflichtspieltor für Gibraltar zum zwischenzeitlichen 1:1. Rund anderthalb Jahre schrieb sich das Land endgültig in die Annalen des Fussballs ein: Im WM-Qualifikationsspiel gegen Griechenland am 6. September 2016 war es Liam Walker, der mit seinem Tor zum 1:1-Ausgleich in der 26. Minute den ersten Treffer seines Landes in einem FIFA-Pflichtspiel erzielte.
Im Rahmen der UEFA Nations League 2018/19 gelang Gibraltar im Oktober 2018 mit einem 1:0-Auswärtssieg gegen Armenien schlussendlich der erste Sieg in einem Pflichtspiel sowie in einem Auswärtsspiel.
Die letzten Ergebnisse
In der jüngsten Vergangenheit stand eine Negativserie von elf Niederlagen, ehe vor vier Wochen Graeme Torrilla im Heimspiel gegen San Marino nach einem Freistoß per Kopf für den Siegtreffer für die Nummer 195 der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste sorgte. Im letzten Länderspiel (7. Oktober 2020) zog Gibraltar allerdings gegen Malta mit 2:0 wieder den Kürzeren.