Freitag 25 September 2020, 09:32

"Football Talks with FIFA Legends": Chapman & Lilly

  • Katie Chapman und Kristine Lilly sprachen über verschiedenste Frauenfussballthemen

  • Die zwei FIFA-Legenden wagen einen Ausblick auf den Rest der WSL-Saison und auf die NWSL-Herbstserie

  • Auch über Vlatko Andonovski und Sarina Wiegman wurde gesprochen

Zum dritten Gespräch in der Serie "Football Talks with FIFA Legends" lud die FIFA die Medien zu einem virtuellen Interview, dieses Mal mit Katie Chapman und Kristine Lilly.

Wie in der vergangenen Woche bei der Diskussion zwischen Steve McManaman und Michel Salgado nahmen sich die beiden Protagonisten auch dieses Mal rund 45 Minuten Zeit für ein fesselndes Gespräch über die jüngsten Entwicklungen im internationalen Frauenfussball und bei den Klubs. Die beiden Stars wagten einen Ausblick auf den Rest der WSL-Saison und sprachen auch über den Zustrom von U.S.-Nationalspielerinnen und Weltmeisterinnen, die zu Klubs in der englischen Liga wechselten.

FIFA.com präsentiert die Highlights des interessanten Gesprächs über die künftige Entwicklung des Frauenfussballs und anderer aktueller Themen.

seiylf0gkhntvslt3s0a.jpg

Aus der englischen WSL wurden in den letzten Monaten zahlreiche Wechsel von U.S.-Nationalspielerinnen vermeldet. Welche Auswirkungen erwarten Sie auf die Liga?

Katie Chapman: Die englische Liga kann dadurch nur noch stärker werden. Sie bekommt dadurch den globalen Touch, den wir brauchen. Und auch die Spielerinnen, die schon dort waren, können nur davon profitieren, mit solchen Topstars zusammen zu trainieren. Besonders hilfreich wird dies für unsere jüngere Generation sein, wenn die Youngster sehen, dass Weltklassespielerinnen hierher kommen, um in dieser Liga zu spielen. Es wird in dieser Saison noch intensiver als bisher schon. Das finde ich als ehemalige Spielerin natürlich ganz besonders aufregend.

Wir sehen, dass viele echte Topstars aus den USA über den Großen Teich kommen. Was sagen Sie zu diesen Wechseln und wie wirkt sich das auf die WSL aus?

Kristine Lilly: Ich finde es einfach toll, dass wir über diese Entwicklung überhaupt reden können. Wir kommen aus einer Zeit, als wir schon froh waren, Anfang der 2000er Jahre überhaupt eine Profiliga zu haben. Dass wir nun über solch hochrangige Transfers sprechen, ist unglaublich. Natürlich wird es der englischen Liga sehr zugute kommen, dass so viele Spitzenspielerinnen hierher kommen. Sowohl auf dem Spielfeld wie auch in den Medien und bei der Aufmerksamkeit. All das trägt zur weiteren Entwicklung des Frauenfussballs bei. Auch in den USA lieben wir es, wenn Spitzenspielerinnen herkommen, denn das hilft dem Spiel und hebt es auf ein neues Niveau. Es gewinnen also beide Seiten, wenn solche Möglichkeiten genutzt werden. Die NWSL hat im Sommer ein kleines Turnier veranstaltet und jetzt auch eins im Herbst. Damit werden der Liga neue Chancen eröffnet. Das ist auch sehr wichtig, denn die Spielerinnen müssen ja spielen können. Wir vermissen natürlich die Spielerinnen, die nicht mehr hier sind, doch dadurch bekommen Spielerinnen der nächsten Generation, die es als Profis schaffen wollen, die Möglichkeit, ebenfalls zu zeigen, was sie drauf haben. Es ist schon sehr aufregend, dass sich im Profibereich bei den Frauen derzeit so viel tut. Hoffentlich kommt dies letztlich allen Spielerinnen zugute, die sich steigern und den Frauenfussball voranbringen können.

Sprechen wir über den internationalen Fussball und die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™. Das U.S.-Team hat einen neuen Trainer. Wie ist die Stimmung dort? Welche Aussichten bestehen für das U.S.-Frauen-Nationalteam?

Lilly: Ich denke, dass der Übergang ziemlich problemlos abläuft, schließlich kennt Vlatko Andonovski die Spielerinnen ja aus der NWSL schon sehr gut. Auch das englische Nationalteam bekommt eine neue Trainerin. Es wird also sehr interessant werden. Leider mangelt es allen Spielerinnen an internationaler Spielpraxis, weil ja keine Länderspiele stattfinden. Ich weiß, dass die Spielerinnen sehr intensiv allein trainieren, wenn sie nicht beim Team sind. Trainer sind immer auf der Suche nach Akteuren, die auf höchstem Niveau Eindruck machen können. Wenn man sich den Erfolg der USA im letzten Sommer anschaut und bedenkt, wie viele junge Spielerinnen dabei auf dem Feld waren, dann sieht alles sehr gut aus. Die WM findet am anderen Ende der Welt statt. Ich denke die Spielerinnen freuen sich schon sehr darauf, in Australien und Neuseeland zu spielen.

Welche Länder haben in den jüngsten UEFA-Qualifikationsspielen den meisten Eindruck auf Sie gemacht? Und was wird Sarina Wiegman letztlich bei den Lionesses erreichen können?

Chapman: England hat im Trainingslager zwei Teams aus dem Kader gebildet und ein Spiel ausgetragen. Es war großartig, diesen großen Kader mal in Aktion zu sehen. Viele der jüngeren Spielerinnen bekamen so endlich mal die Gelegenheit, ein volles Spiel auszutragen. Aus Sicht von Chelsea, wo ich ja zuletzt gespielt habe, gab es auf internationalem Parkett tolle Leistungen einiger Schlüsselspielerinnen. Pernille Harder (Dänemark) und Sam Kerr (Australien) konnten sehr beeindrucken. Die Klasse des englischen Frauenfussballs hilft unseren Youngsters, immer besser zu werden und sich zu entwickeln. Das wird sich hoffentlich auch auf die Stärke des englischen Nationalteams auswirken. Wenn ein neuer Trainer oder eine neue Trainerin kommt, bedeutet das immer frischen Wind, neue Ansichten, neue Erfahrungen und eine neue Kultur. Manchmal ist das gut, manchmal nicht. Für mich jedenfalls ist es großartig, dass Wiegman kommt. Wir werden erleben, wie sie unsere Entwicklung vorantreibt und das Team besser macht. England war bisher zwar immer weit vorn dabei, doch letztlich noch nicht gut genug. Ich hoffe daher, dass Wiegman uns das noch fehlende bisschen Qualität und Entschlossenheit vermitteln kann.

Was würden Sie gern sehen, damit Ex-Spielerinnen dem Fussball stärker verbunden bleiben können?

Lilly: Bislang waren die Unterstützung und auch die Finanzkraft hinter dem Frauenfussball noch nicht sonderlich hoch. Nach der aktiven Karriere gibt es für viele Spielerinnen zu wenige Möglichkeiten, beispielsweise als Trainerin zu arbeiten und davon zu leben. Daher müssen sie sich oftmals andere Wege suchen. Wir haben hier in den USA viele Diskussionen darüber, dass wir dadurch viele potenzielle Trainerinnen verlieren. Es sind nicht mehr so viele wie früher. Ich bin als Trainerin an der Basis und im Nachwuchsbereich tätig. Immer, wenn ich ein Trainingslager oder eine andere Aktion organisiere, versuche ich, Frauen zu finden, die sich vor die Kinder stellen, die dabei sind, Jungen wie Mädchen. Es ist eine sehr gute Sache, wenn eine Frau vor den Teilnehmern steht. Für die Mädchen ebenso wie für die Jungen. Sie können dann den angemessenen Respekt zeigen und sehen, dass Frauen genau so gut trainieren und spielen können. Ich habe mit vielen Leuten darüber diskutiert, reine Trainerinnenkurse anzubieten, damit die Frauen auch kommen. Denn es ist durchaus eine einschüchternde Situation, wenn bei einem Trainerkurs 100 Teilnehmer sind, aber davon nur zwei Frauen. Diese Situation wirkt oft nicht besonders einladend und trägt auch nicht eben zu mehr Selbstvertrauen bei. Reine Trainerinnenkurse wären somit ein Schritt in die richtige Richtung. Frauen müssen mehr Möglichkeiten bekommen, im Fussball zu bleiben. Auch der Verband US Soccer bietet Trainerinnenkurse für noch aktive Profispielerinnen an.

Chapman: Auch in England fördern wir diese Entwicklung immer mehr. Wir haben jetzt auch mehr Trainerinnen in der Liga. Emma Hayes ist eine der treibenden Kräfte dahinter. Sie steht dabei in vorderster Front als eine der erfahrensten Trainerinnen. Wir sind in England auf einem guten Weg, Trainerinnen zu unterstützen und weiterzubringen. Ich habe Jungs und nehme sie ab und zu zum Fussball mit, damit sie Trainerinnen oder gemischte Trainingseinheiten sehen. Meine Jungs spielen auch mit Mädchen, die sie für unglaublich halten. Sie sprechen darüber und es ist für sie völlig normal. Das ist für mich als Mutter und frühere Sportlerin wirklich im Wandel begriffen und das finde ich großartig.