Montag 05 September 2022, 14:00

FIFA-Talentförderprogramm in Costa Rica im Scheinwerferlicht

  • Viertägiges Seminar in San José zum Wissensaustausch mit Teilnehmern aus der Concacaf und acht FIFA-Mitgliedsverbänden

  • Arsène Wenger, Jills Ellis und andere Fussballlegenden vor Ort

  • Initiative Teil des bahnbrechenden technischen Programms der FIFA

In San José (Costa Rica) wurde das erste Seminar des Talentförderprogramms abgehalten, das den Wissensaustausch fördern und so dazu beitragen soll, das sportliche Gefälle zwischen den verschiedenen Regionen der Welt zu mindern. Acht Verbände der Concacaf-Region (Costa Rica, Dominikanische Republik, Guatemala, Honduras, Jamaika, Kanada, Mexiko und Panama) nahmen am viertägigen Seminar teil, das einen vertieften Einblick in die wichtigsten Entwicklungsbereiche bot, die Arsène Wenger, FIFA-Direktor für globale Fussballförderung, in seiner Vision skizziert hat. Themen des Seminars waren u. a. die Eliteförderung, die Entwicklung einer nationalen Spielphilosophie, die Bedeutung von Talentsichtungsstrukturen und der innovative Ansatz der FIFA bei der Leistungsanalyse. Das Seminar, das im Rahmen der von Spanien gewonnenen FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft™ stattfand, beleuchtete auch die enge technische Zusammenarbeit der FIFA mit der Concacaf.

"Wir haben 41 verschiedene Länder und Realitäten", sagte Jonathan Martínez, der bei der Concacaf den Profifussball leitet. "Mit solchen Seminaren können wir Musterlösungen austauschen und erfahren, was die Bedürfnisse der einzelnen Verbände sind. Es gibt viele Programme, die auf FIFA- und Konföderationsebene entwickelt werden und von denen wir alle etwas herausnehmen, anpassen und in die Programme jedes einzelnen Verbands integrieren können." Am Seminar nahmen auch einige bekannte Namen teil, allen voran die beiden costa-ricanischen Legenden Paulo Wanchope und Shirley Cruz sowie Jill Ellis, die als Trainerin schon zweimal die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ gewonnen hat.

Das Seminar aus Sicht von Legenden

Paulo Wanchope, der nun in Costa Rica als Botschafter für Spielerförderung tätig ist, betonte: "Wir brauchen mehr Hebel in Costa Rica, um die Eliteförderung zu stärken. Das Talent ist vorhanden, aber unsere Spieler haben nicht die gleichen Möglichkeiten wie etwa Spieler in Europa. Wir müssen unbedingt Wissen austauschen und uns gemeinsam weiterentwickeln, damit die ganze Concacaf-Region stärker wird." "Wir wissen um die Bedeutung der Talentsichtung und den Nutzen einer eigenen nationalen Philosophie. Wenn wir für die Spieler aus unserem System den Weg in den Elitefussball ebnen können, werden unsere Nationalteams auf allen Stufen profitieren. So wird auch die Lücke zu den größeren und erfolgreicheren Nationen kleiner", fügte er an. In seiner Einführung betonte FIFA-Hochleistungsspezialist Ged Roddy, der das Seminar zusammen mit Diogo Matos leitete, wie wichtig es sei, offen zu sein. "Jedes der 211 Länder, die den Weg zur FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022 in Angriff genommen haben, ist einzigartig", machte Ged Roddy deutlich. "2022 konnten sich nur 32 dieser 211 Nationen qualifizieren, 2026 werden es schon 48 sein, was neuen Nationen viel größere Qualifikationschancen eröffnet. Positiv ist auch, dass sechs der 32 für Katar qualifizierten Nationen weniger als fünf Millionen Einwohner haben und ihre Qualifikation dennoch alles andere als Zufall ist." "Wenn man die Daten weiter analysiert und mit den Verbänden redet, wird deutlich, dass die Teams, die sich für die Endrunde qualifiziert haben, eine Vision haben", so Ged Roddy weiter. "Sie haben eine Identität und kompetente Personen in der Talentsichtung. Sie verfügen ebenfalls über gute Trainer, die die Spieler fördern können, und haben ein klares Fördersystem bis in den Elitefussball. Sie sorgen dafür, dass die besten Spieler gegeneinander spielen, und haben immer im Blick, wie sich der Fussball entwickelt."

Die ehemalige costa-ricanische Nationalspielerin Shirley Cruz, die in Frankreich mit Lyon zweimal die UEFA Women’s Champions League sowie mehrere Meistertitel gewann, ehe sie zu Paris Saint-Germain wechselte, pflichtete Ged Roddy bei. "In Costa Rica haben wir viele Talente. Was uns fehlt, sind Wissen, Erfahrung und Struktur", bedauerte Shirley Cruz, die für ihr Land 92 Länderspiele bestritten hat. "Als ich nach Frankreich wechselte, kam ich in ein großartiges Trainingsumfeld, das mich jeden Tag gefordert und zu einer besseren Spielerin gemacht hat. Wir müssen für alle unsere Talente in Costa Rica solche Möglichkeiten schaffen und nicht nur für die wenigen, die nach Europa gehen." Im Rahmen des Seminars konnten die Teilnehmer auch die Halbfinalspiele, das Spiel um Platz drei und das Finale der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft™ besuchen. Es war eine Erfahrung, die Dave Nutt, Entwicklungs- und Betriebsleiter beim kanadischen Fussballverband, nicht so schnell vergessen wird. "Sowohl die Spiele bei der U-20-Frauen-WM als auch die Diskussionen beim Seminar waren eine fantastische Erfahrung", schwärmte Dave Nutt. 2Geografisch liegen unsere Kollegen in der Concacaf weit weg. Dies ist deshalb eine tolle Gelegenheit, voneinander zu lernen, sich zu vernetzen sowie unser Wissen und unsere Fussballbegeisterung zu teilen. Wir haben uns über alle Projekte und Strategien, die andere im Fussball ausprobiert haben, informiert und können definitiv von allen lernen. Ich hoffe, das ist auch umgekehrt der Fall."

Weitere Seminare geplant

Lucía Mijares präsentierte als Entwicklungsdirektorin des mexikanischen Fussballverbands die Elitenachwuchsförderung im mexikanischen Männer- und Frauenfussball und erklärte danach: "Dank den Informationen zu all den Projekten, die in den Ländern um uns herum realisiert werden, können wir unsere Nationalteams noch besser fördern. Unsere Länder sind alle unterschiedlich groß und kulturell verschieden, aber Ideen können so angepasst werden, dass sie überall funktionieren." Im Rahmen des FIFA-Talentförderprogramms sind in naher Zukunft weitere Seminare für Verbände anderer Regionen geplant.