Der SV Kleinwalsertal liegt in Österreich, spielt aber im deutschen Ligenbetrieb
Der Rasenplatz ist nur rund fünf Monate im Jahr nutzbar
Kooperationen mit anderen Vereinen
Während in Deutschland diese Woche vielerorts die 20-Grad-Marke durchbrochen wurden, hofft man in im österreichischen Kleinwalsertal, dass der Schnee endlich verschwindet und das Fussballspielen auf dem malerisch gelegenen Rasenplatz zwischen Wäldern und Alpengipfeln wieder ermöglicht.
"Bei uns liegt immer noch ein Schneerest. Wir hatten im Winter zwei Meter Schnee auf dem Feld, der Platz liegt schon eher im Schatten, zwischen Böschungen und Hängen. Wir haben ihn bis auf 20 Zentimeter abgeschoben, aber für die letzten fünf bis zehn Zentimeter müssen wir jetzt auf die Sonne warten", erzählt Thomas Podgorschek gegenüber FIFA.com.
Der 33-Jährige ist Fussballabteilungsleiter und gleichzeitig auch Trainer der F-Junioren im rund 1.200 Meter hoch gelegenen Kleinwalsertal, das einen ganz besonderen Status hat: Die alpine Region gehört zur Republik Österreich, ist aber aufgrund der Tallage so von Bergen eingegrenzt, dass man nur über Deutschland in das Tal hineinfahren kann. Skifahren ist der dominante Sport vor Ort, fast jeder seiner Fussballtrainer ist auch gleichzeitig Skilehrer. Die polyvalente Ausbildung ist ein echtes Plus für die Kinder, findet er: "Es tut den Kids ja nur gut, wenn sie vielfältige Bewegungserfahrungen machen."
Die Lage hat sich besonders in der COVID-19-Pandemie schon des Öfteren als echtes Problem erwiesen, als z.B. die deutschen Grenzen geschlossen wurden. In normalen Zeiten hat die Geografie aber vor allem dazu geführt, dass der Fussball wieder einmal grenzüberschreitend seine Kraft entfalten konnte: Da Fahrten zu Spielen in Österreich für die Kleinwalsertaler sehr umständlich wären – man müsste erst einmal das Gebirge umfahren – ist man nicht nur Mitglied im Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB), sondern auch im DFB und wurde im Allgäu in den deutschen Spielbetrieb eingegliedert.
"Wenn wir ein Kindermatch haben, ist es eigentlich immer ein Länderspiel Österreich gegen Deutschland", lacht der Mann, den sie alle nur "Poki" nennen. "Wir kündigen das dann gerne über das Mikro an, die Kinder finden das toll, alle lachen und wir machen den Spaß mit. Viele gehen auch im Allgäu auf die weiterführende Schule, kennen ihre 'Länderspielgegner' aus dem Unterricht oder vom Pausenhof."
Das führt zu heißer Rivalität zwischen Fans der Österreicher und Deutschen, die es im Tal auch jede Menge gibt. "Beim Fussball gibt es schon mehr Deutschland-Fans hier", stellt der Abteilungsleiter fest, dessen Herz aber, "ganz klar nur Rot-Weiß-Rot" schlägt.
"In den Farben getrennt, in der Sache vereint", sagt man im Amateurfussball oft, und dass das mehr als nur ein Motto ist, zeigt sich wieder einmal in der deutsch-österreichischen Grenzregion. Da der Naturrasen im Kleinwalsertal eine Nutzung nur von Ende April bis Ende September erlaubt, kooperieren die Österreicher mit den Deutschen aus Sonthofen, etwa 30 Autominuten entfernt. Dort können die Fussballer aus dem Gebirge im Winter auf dem Kunstrasen spielen und "Heimspiele" abhalten.
Sonthofen seinerseits kooperiert mit dem Viertligisten Memmingen und dem Bundesligisten FC Augsburg und weil die Kleinwalsertaler nicht nur auf Skiern eine gute Figur abgeben, haben einige talentierte Jugendspieler über diese Kooperation schon den Weg in die Mannschaften von Memmingen und Augsburg gefunden.
"Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder gute Fussballer bei uns im Boot gehabt, die talentiert und ehrgeizig waren. Aber es geht nicht nur um die Besten, wir wollen alle fördern", so "Poki". "Wir haben nach wie vor eine tolle Unterstützung durch unsere Sponsoren und Eltern, die sich mit den Vereinsbussen so organisieren, dass immer wieder auch die Kinder zu den anderen Sportplätzen gefahren werden können." Schließlich kann man bei den älteren Jugendenden keine eigenen Mannschaften mehr stellen und ist auf Spielgemeinschaften mit den bayrischen Vereinen angewiesen.
Mittlerweile kennt und schätzt man die Qualitäten des österreichischen Rasens auch anderswo: der FC Augsburg kommt seit zwei Jahren gerne zur Saisonvorbereitung auf die Jugend-Bundesliga mit der U-19 und U-17 sowie der U-15-Mannschaft für eine Woche ins Kleinwalsertal. Natürlich im Hochsommer – denn dann findet sich auf "Deutschlands" höchstem Sportplatz bestimmt kein Schnee.