Der Vorsitzende der FIFA-Schiedsrichterkommission erklärt, warum die Nachspielzeit der Partien länger geworden ist
Schiedsrichter müssen unterschiedliche Ereignisse während eines Fussballspiels berücksichtigen
Durchschnittliche effektive Spielzeit hat sich auf fast 59 Minuten pro Spiel verlängert
Bei der Medienkonferenz vor Beginn der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ hatte Pierluigi Collina, der Vorsitzende der FIFA-Schiedsrichterkommission, bereits angekündigt, dass die Zeit, die aufgrund bestimmter Ereignisse während eines Spiels verloren geht, nachgespielt werden soll. Ziel war es, die effektive Spielzeit zu verlängern, und die bisher analysierten Partien zeigen, dass die Maßnahmen in die richtige Richtung gehen. "Das Problem, dass die reale Spielzeit recht kurz ist und manchmal sogar weniger als 50 Minuten beträgt, besteht schon seit langem. Die Leute wollen Fussball sehen, sie wollen mehr Fussball sehen. Wir, als FIFA, und der IFAB werden schon seit Jahren aufgefordert, etwas zu unternehmen", betont Collina.
Dieses Anliegen ist nicht Neues für den Vorsitzenden der FIFA-Schiedsrichterkommission, der bereits seit der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018™ mit Hochdruck darauf hinarbeitet, dass sich hier etwas ändert. "In Russland haben wir bereits etwas in dieser Richtung unternommen. Wir haben die Schiedsrichter gebeten, die Nachspielzeit nach jeder Halbzeit genauer zu berechnen", so Collina.
Daher hat auch das sogenannte FIFA TEAM ONE, dem die 129 Spieloffiziellen der WM 2022 in Katar angehören, eine klare Prämisse. "Wir haben unseren Schiedsrichtern bestimmte Ereignisse vorgegeben, die bei der Berechnung der Nachspielzeit genau berücksichtigt werden sollen, insbesondere die Zeit, die verstreicht, wenn sich Spieler verletzen. Diese wurde schon vorher berücksichtigt, aber standardmäßig mit einer Minute, und wir haben gesehen, dass die Behandlung vieler Verletzungen mehr als eine Minute dauert", erklärt Collina und nutzt die Gelegenheit, den Sinn und Zweck dieser neuen Norm etwas näher auszuführen. Auswechslungen, von denen es mittlerweile bis zu zehn anstelle der vorherigen sechs geben kann, Verletzungen, VAR-Überprüfungen oder die Zeit, die der Torjubel in Anspruch nimmt, sind weitere Zeitverluste, die zur Verlängerung der effektiven Spielzeit kompensiert werden sollen.
Ein gutes allgemeines Beispiel für all diese Ereignisse ist die Partie des ersten Spieltags der Gruppe B zwischen England und der IR Iran, bei der die Nachspielzeit nach beiden Halbzeiten insgesamt 23 Minuten betrug. "Der Torhüter der IR Iran hat sich verletzt und wurde insgesamt elf Minuten lang behandelt. Dann gab es eine weitere Verletzung eines englischen Spielers, die drei Minuten in Anspruch nahm. 14 der insgesamt 23 Minuten wurden also allein aufgrund dieser beiden Verletzungen nachgespielt. Hinzu kommt, dass acht Tore gefallen sind und gefeiert wurden, und dann gab es noch eine verzögerte Fortsetzung des Spiels aufgrund einer Videosichtung des VAR und eine Schiedsrichter-Videoüberprüfung. Da kamen viele Ereignisse zusammen, die zu einer so langen Nachspielzeit führten", berichtet er. Die Umsetzung dieser neuen Empfehlungen hat dazu geführt, dass sich die effektive Spielzeit an den bisherigen Spieltagen auf fast eine Stunde erhöht hat. Das ist eine beträchtliche Steigerung. Den Spitzenwert erreicht die Partie zwischen Frankreich und Australien mit 67,5 Minuten effektiver Spielzeit. Grund für die Steigerung ist, dass die durchschnittliche Nachspielzeit pro Partie auf zehn Minuten angestiegen ist.
"In Russland lag der Durchschnitt bei 6,5 Minuten. Dort gab es allerdings nur sechs Auswechslungen im Vergleich zu zehn bei der WM 2022 in Katar. Wenn wir das mit den vier zusätzlichen Auswechslung berücksichtigen, können wir von einer Minute mehr ausgehen. Wir wären dann also bei einer Steigerung von 7,5 Minuten in Russland auf 10 Minuten hier in Katar. Das ist sicherlich keine wirklich drastische Veränderung, aber sie führt dazu, dass wir bis jetzt im Schnitt auf fast 59 Minuten effektive Spielzeit kommen. Mit diesem Ergebnis sind wir ziemlich zufrieden", betont Collina. "Ich würde das positiv bewerten, insbesondere mit Blick auf das Publikum, auf die Zuschauer im Stadion. Bei den Leuten, die ich getroffen habe, gab es keinerlei negative Reaktion. Ich finde es wichtig, den Zuschauern im Stadion und an den Fernsehgeräten attraktive und unterhaltsame Partien zu bieten", meint er abschließend.