Am 1. September ist es genau sechs Jahre her, dass erstmals bei einem Länderspiel der Video-Schiedsrichterassistent VSA zum Einsatz kam
Die VSA-Technologie wurde bei der FIFA Fussball-WM Russland 2018™ eingesetzt
In Katar kommt zusätzlich zum VSA die halbautomatische Abseits-Technologie zum Einsatz
Ich erinnere mich noch sehr gut an jenen Tag. Es war ein historischer Tag. Ich arbeitete zu der Zeit nicht offiziell für die FIFA, aber ich mit einigen Kollegen zusammen in Bari. Wir schauten das Spiel zwischen Italien und Frankreich und erlebten den erstmaligen Einsatz von Video-Schiedsrichterassistenten bei einem Länderspiel mit. Wir waren alle sehr gespannt auf den Ausgang und ich muss zugeben, dass ich auch ein wenig nervös war. Schließlich war es das allererste Mal! Ich erinnere mich, dass ich mit dem neu gewählten FIFA-Präsidenten Gianni Infantino in einem Kastenwagen vor dem Stadion in Bari saß. Hier war die Technologie eingebaut und ich zeigte Gianni, wie der VSA arbeitet.
Wie viel weiter sind wir seitdem gekommen! Das war am 1. September 2016. Sechs Jahre sind seitdem vergangen, und der VSA hat nicht das "Ende des Fussballs" eingeläutet, wie damals zum Teil berichtet wurde. Stattdessen ist die Technologie mittlerweile tief mit unserem Sport verwoben und es fällt schwer, sich den Fussball noch ohne VSA vorzustellen. Ich erinnere mich noch, wie wir erstmals über eine solche Technologie diskutierten, die dazu dienen sollte, spielentscheidende Fehlentscheidungen auf dem Feld zu verhindern. Es war bei einer IFAB-Sitzung 2014 in Belfast, wo diese Idee erstmals aufkam. Damals schien das noch wie ein weit entfernter Traum, doch es dauerte nur zwei Jahre von der Idee bis zur Umsetzung auf höchstem Fussballniveau an jenem Abend in Bari. In Bari lief alles glatt. Ich erinnere mich noch an eine frühe Entscheidung, bei der Schiedsrichter Bjorn Kuipers die VSA-Unterstützung in Anspruch nahm. Es war allerdings eine große Herausforderung, danach alles in weniger als zwei Jahren bis zur FIFA Fussball-WM 2018™ vorzubereiten.
VSA wurde nur in einigen wenigen Ländern eingesetzt und es gab nur sehr wenige Spieloffizielle mit genügend Erfahrung mit dieser Technologie. Doch die FIFA-Abteilungen für Schiedsrichterwesen und für Technologie und Innovation haben sehr hart gearbeitet und die VSA-Technologie bei der FIFA Fussball-WM 2018™ war ein großer Erfolg. Dies war die bestmögliche Antwort für alle, die auf ein Scheitern gewartet hatten. Sie wurden enttäuscht. Gianni und waren stets zuversichtlich, dass die VSA-Technologie ein Erfolg werden und für mehr Fairness in Fussballspielen sorgen würde. In dieser Hinsicht hatten wir Recht. Trotzdem haben wir uns seit 2018 natürlich nicht auf unseren Lorbeeren ausgeruht.
Die VSA-Technologie ist eine der größten Veränderungen in der Geschichte des Fussballs. Es ist daher verständlich, dass die Menschen Zeit brauchen, um sie zu verstehen und schätzen zu lernen. Ein wichtiges Ziel der letzten Jahre war es daher auch, Spielern, Trainern, Fans und Medien ein noch besseres Verständnis für die Technologie und ihre Anwendung zu vermitteln. Inzwischen ist das Bewusstsein für die VSA-Technologie weltweit gestiegen, und die Akzeptanz hat sich deutlich verbessert. Doch natürlich ist immer Raum für weitere Verbesserungen. Das ist uns klar. Wir wissen, dass es manchmal zu lange dauert, bis eine endgültige Entscheidung getroffen wird, und wir müssen diesen Prozess beschleunigen. Daher wird in Katar neben den Schiedsrichtern und der VSA-Technologie auch die halbautomatische Abseitstechnologie eingesetzt werden.
Die neue Technologie beschleunigt die Entscheidungsfindung und verkürzt somit die Zeit für die Überprüfung, ob ein Tor regelkonform erzielt wurde. Die Video-Spieloffiziellen bekommen automatisch Bildmaterial zu allen Abseitssituationen. Zudem wird im TV und in den Stadien eine neue grafische Visualisierung gezeigt, um den Fans ein besseres Verständnis der getroffenen Entscheidungen zu ermöglichen. Diese Technologie macht zudem die VSA-Technologie noch präziser, dank des "vernetzten Balls", der exakt den Moment der Ballabgabe registriert, und des Erfassungssystems, das die genaue Position der Spieler kennt. Die FIFA nutzt gemäß der Vision 2020-23 des FIFA-Präsidenten die Technologie zur Unterstützung des Schiedsrichters, um das Spiel, das wir lieben, noch fairer und transparenter zu machen.
Verbesserungen und Entwicklungen sind für uns zwei wichtige Aspekte. Deshalb arbeiten wir auch auf neuem Terrain. So wird die künftige Implementierung von VSA-Light – ein System, das mit weniger Kameras auskommt und damit für Ligen und Wettbewerbe mit kleinerem Budget geeignet ist – in den kommenden Monaten die Verbreitung der VSA-Technologie rund um die Welt weiter erhöhen. Zurzeit laufen zahlreiche Versuche; die Tests laufen gut. Und wir denken über etwas nach, das noch einfacher zu bedienen und noch kostengünstiger ist – stets mit dem Ziel vor Augen, die Nutzung der Technologie in einer größeren Anzahl von FIFA-Mitgliedsverbänden zu ermöglichen. Derzeit nutzen rund 100 FIFA-Mitgliedsverbände und Wettbewerbsorganisatoren die VSA-Technologie oder stehen kurz vor der Einführung. Damit wird die Technologie zunehmend global. Seit dem Kastenwagen in Bari haben wir einen langen Weg zurückgelegt und sind sehr stolz auf die Arbeit der FIFA im Zusammenhang mit der Umsetzung der VSA-Technologie.