Indien steht vor Teilnahme am AFC Asien-Pokal 2019
Kapitän Sunil Chhetri sieht dort große Herausforderungen
Indiens Rekordnationalspieler über die Folgen der FIFA U-17-WM im eigenen Land
"Unser Ziel liegt derzeit noch in weiter Ferne."
Mit dieser Äußerung meint Indiens Kapitän Sunil Chhetri keineswegs nur die Endrunde des AFC Asien-Pokals im Januar in den Vereinigten Arabischen Emiraten, bei der Indien nach achtjähriger Abwesenheit wieder dabei ist. Vielmehr zielt er damit auf die ihm vorschwebenden fussballerischen Ambitionen seines Landes ab.
Ehrlichkeit und Perspektive sind zwei Aspekte, die bei einem Gespräch mit dem Rekord-Nationalspieler und –Torschützen der Blue Tigers nicht zu kurz kommen.
Chhetri ist der einzige noch verbliebene Akteur aus dem indischen Team, das 2011 bei der Asienmeisterschaft spielte und damit nach einem Vierteljahrhundert Indiens Dornröschenschlaf beendete. Er hätte sich auch in hochgestochene Platitüden ergehen können. Doch nichts liegt dem mittlerweile 34-Jährigen ferner, als sich über sensationelle Außenseitersiege gegen die traditionellen Fussballmächte des Kontinents und andere hypothetische Überraschungen auszulassen. Sein Ausblick geht weit über das bevorstehende Turnier hinaus und umfasst das große Ganze.
"Ich war wirklich sehr deprimiert, als wir die vorherige Turnierauflage verpasst haben", sagte er gegenüber FIFA.com. "Ich denke, es ist sehr wichtig, dass ein Land wie das unsere sich regelmäßig für dieses große Turnier qualifiziert. Das zeigt, wo man steht und ob man auf dem richtigen Weg ist. Außerdem gibt uns das Turnier die Chance, uns mit den besten Teams Asiens zu messen. Wenn man dort gut abschneidet, lässt das die anderen Teams aufhorchen."
Zurück ins Scheinwerferlicht Angesichts seiner Bevölkerung von 1,3 Millionen Menschen wird immer wieder das enorme Potenzial Indiens zitiert. Die Nationalmannschaft war zwar in den vergangenen acht Monaten stets in den Top 100 der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste zu finden, doch die bevorstehende Möglichkeit, sich mit den besten Teams Asiens zu messen, ist für Indien ebenso selten wie wertvoll.
Seit der letzten Teilnahme am AFC Asien-Pokal ist Indien lediglich auf einen einzigen Gegner aus den Top 6 Asiens getroffen, nämlich die IR Iran, in Hin- und Rückspiel im Rahmen der Qualifikation für die FIFA Fussball-WM Russland 2018™. "Es ist sehr, sehr wichtig für uns, dass wir auch weiterhin gegen die starken asiatischen Teams antreten, die VAE, Australien, die Republik Korea.
Es ist eine Sache, gegen unsere Nachbarn gut auszusehen. Aber bei allem Respekt für sie ist es etwas ganz anderes, wenn es gegen die Spitzenteams aus Asien geht."
Im Januar warten in der Gruppenphase Gastgeber VAE, Thailand und Bahrain. Chhetri bezeichnet diese Gegner als große Herausforderungen. "Ohne unsere eigenen Leistungen schmälern zu wollen: Für ein Land wie Indien ist beim Asienpokal jeder Gegner ein schwerer Gegner. Mit den VAE und Thailand haben wir zwei Gegner, die technisch sehr, sehr stark sind. Und ich denke, dass Bahrain uns auch physisch vieles abverlangen wird.
"Ich blicke dabei allerdings immer nur auf die jeweils nächste Partie. Ich denke, irgendwelche Rechenspielchen brauchen wir in dieser Gruppe nicht anzustellen, wenn es losgeht."
Mit seinen 13 Jahren in der Nationalmannschaft ist Chhetri dort bereits seit geraumer Zeit eine wichtige Führungsfigur. Derzeit weist seine Bilanz 103 Länderspiele und 65 Tore aus. "Nicht einmal in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir ausgemalt, dass ich 100 Mal für mein Land spiele.
Ich empfinde es als großes Glück und Privileg, dass ich es so weit bringen konnte. Das ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Davon träumt vielleicht jedes Kind, aber für mich ist dieser Traum wahr geworden, ich lebe ihn."
Aus seinem Traum wach werden will Chhetri indes noch lange nicht. Er hegt zudem große Hoffnungen für nachrückende Generation. Die U-16-Auswahl Indiens verpasste das Ticket zur nächsten FIFA U-17-WM 2019 in Peru nur knapp mit einer 0:1-Niederlage gegen die Republik Korea im Viertelfinale der AFC U-16-Meisterschaft, die als Qualifikationsturnier fungierte. Doch Chhetri sieht viele Stärken in der Mannschaft und freut sich sehr, dass mit Bibiano Fernandes ein Inder als Coach des Teams tätig ist.
Die erfolgreiche Ausrichtung der FIFA U-17-Weltmeisterschaft durch Indien im vergangenen Jahr dürfte sich ebenfalls positiv auf die fussballerische Zukunft des Landes auswirken. "Wenn der Nachwuchs aus den Städten, den Bundesstaaten und dem Land gut abschneidet, dann wollen die Kinder dem nacheifern. Zudem entsteht dadurch ein vorteilhafter Erfolgsdruck, so dass alle wirklich sehr hart arbeiten, damit es in der Liga gut läuft und damit es in allen Nachwuchsprogrammen gut läuft. Ich denke, dass unser Land diesen Erfolgsdruck in allen Bereichen braucht. Talent jedenfalls haben wir genug."